Einmal Zeitzeugin sein. Der Brexit-Vote aus der Sicht einer staunenden Zeithistorikerin

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Annette Schuhmann, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Das Radio läuft in der Küche, BBC sendet ununterbrochen neue Nachrichten zum Fortgang der Diskussionen; im Wohnzimmer neben dem obligatorischen englischen Kamin läuft der Fernseher. Gebannt, nicht etwa mit Gurkensandwich, sondern mit Ciabatta in der Hand (ob ich das ab April noch in meiner Ladenstraße bekomme, oder wird es zusammen mit Wein, Schnaps, Autoteilen und USB-Sticks im Tunnel stecken bleiben?) beobachte ich die Debatte. Gewohnt temperamentvoll, eine Bundestagsdebatte ist dagegen ein echtes Schlafmittel, ringen die Abgeordneten im Unterhaus um eine Position in einer gelinde gesagt recht verfahrenen Situation.
Allenthalben ist die Rede vom historischen Tag den Großbritannien heute durchlebt. Mit dem heutigen „Brexit Vote“ ist der Brexit allerdings nun endlich überall angekommen, konnte man in den letzten Monaten doch den Eindruck gewinnen, der geplante Austritt der Brit*innen aus der EU sei quasi vergessen worden.
Besonders bei meinen akademischen Kolleginnen – ob Britinnen oder nicht – breitete sich eine Agonie und die Überzeugung aus, dass selbst oder gerade mit Argumenten in der Brexit-Sache nichts zu holen ist. Eine Beobachtung die mittlerweile in vielen politischen Debatten in Europa verbreitet zu sein scheint. Auch ich, im Januar 2018 für ein dreijähriges Forschungsprojekt nach Nottingham gekommen, hatte es aufgegeben zu argumentieren. Weder dem Taxifahrer, noch dem Elektriker oder der Verkäuferin im Supermarkt war der Leave-Vote und die Überzeugung auszureden, slave of Germany und der EU zu sein, was man im Falle eines Brexit dann nun nicht mehr sein würde.

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Das Radio läuft in der Küche, BBC sendet ununterbrochen neue Nachrichten zum Fortgang der Diskussionen; im Wohnzimmer neben dem obligatorischen englischen Kamin läuft der Fernseher. Gebannt, nicht etwa mit Gurkensandwich, sondern mit Ciabatta in der Hand (ob ich das ab April noch in meiner Ladenstraße bekomme, oder wird es zusammen mit Wein, Schnaps, Autoteilen und USB-Sticks im Tunnel stecken bleiben?) beobachte ich die Debatte. Gewohnt temperamentvoll, eine Bundestagsdebatte ist dagegen ein echtes Schlafmittel, ringen die Abgeordneten im Unterhaus um eine Position in einer gelinde gesagt recht verfahrenen Situation.
Allenthalben ist die Rede vom historischen Tag den Großbritannien heute durchlebt. Mit dem heutigen „Brexit Vote“ ist der Brexit allerdings nun endlich überall angekommen, konnte man in den letzten Monaten doch den Eindruck gewinnen, der geplante Austritt der Brit*innen aus der EU sei quasi vergessen worden.
Besonders bei meinen akademischen Kolleginnen – ob Britinnen oder nicht – breitete sich eine Agonie und die Überzeugung aus, dass selbst oder gerade mit Argumenten in der Brexit-Sache nichts zu holen ist. Eine Beobachtung die mittlerweile in vielen politischen Debatten in Europa verbreitet zu sein scheint. Auch ich, im Januar 2018 für ein dreijähriges Forschungsprojekt nach Nottingham gekommen, hatte es aufgegeben zu argumentieren. Weder dem Taxifahrer, noch dem Elektriker oder der Verkäuferin im Supermarkt war der Leave-Vote und die Überzeugung auszureden, slave of Germany und der EU zu sein, was man im Falle eines Brexit dann nun nicht mehr sein würde.

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