"Archivalia ist ein Weblog, das Einträge rund um das Archivwesen aufnehmen soll. Off topic ist alles, was nichts - bei grosszügiger Auslegung - zu tun hat mit der Berufspraxis von Archivarinnen und Archivaren (Staatsarchive, Stadtarchive usw.) sowie den Informationswünschen von Archivbenutzern und an Fachfragen des Archivwesens Interessierten." 1 Damit umriß der Freiburger Historiker Klaus Graf bei Start seines Weblogs ARCHIVALIA kurz und prägnant Ziele und Aufgaben dieser Einrichtung. Dabei handelt es sich, um es genau zu sagen, um ein Gemeinschaftsweblog, das nicht von einer Redaktion zentral gesteuert wird, sondern um eine für alle Nutzerinnen und Nutzer offene Plattform, für die er/sie beitragen kann, was er/sie für richtig hält. Man müsste meinen, dass eine solche Einrichtung immer nur so gut ist, wie die Anzahl der Teilnehmer, die sie hat. Das trifft bei ARCHIVALIA nur bedingt zu, denn einerseits stammen fast alle Beiträge und Kommentare vom Betreiber der Website, Klaus Graf, selbst, andererseits sind diese aber dermaßen umfangreich, dass trotzdem eine ansehnliche Menge an Information geboten wird. Das hat wiederum zur Folge, dass kaum eine breit gestreute Meinung, sondern vorrangig die subjektive Meinung und damit auch die Interessen des Betreibers zum Tragen kommen. Dieser ist natürlich nicht verantwortlich für die "lahme" Diskussionsfreudigkeit der Kolleginnen und Kollegen, umso mehr ist es zu bewundern, mit welchem Engagement Klaus Graf sein Weblog ständig "füttert". Es wäre daher umso interessanter, zu erfahren, wer denn nun dieser Klaus Graf ist. Nur über Umwege 2 kommt man zu einem Eintrag mit Adresse, Telefonnummer und Homepagelink, der jedoch wiederum nichts über Graf selbst berichtet, sondern dessen Forschungsprojekt "Stadt Adel Region" gewidmet ist.
Das tut dem äußerst positiven Eindruck jedoch keinen Abbruch, denn ARCHIVALIA ist sowohl für passive (nur lesende), als auch für aktive Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr einfach gestaltet und daher dementsprechend leicht zu bedienen. Die sehr umfangreichen Beiträge können zum Teil sowohl auf der Startseite, als auch in einer der 37 (!) Rubriken eingesehen werden. Die hohe Zahl an Rubriken liegt wohl auch darin begründet, dass registrierte Nutzer nicht nur nach Lust und Laune Beiträge liefern können, sondern auch neue Rubriken, denen diese Beiträge dann zuordnet werden, anlegen kann. Auf diese Weise kann ARCHIVALIA auch als Kommunikationsmedium verschiedener Interessensgruppen benützt werden, wie das Beispiel der Rubrik "Archive von unten" 3 zeigt. Unter diesem Begriff werden zwar grundsätzlich Archive und Dokumentationsstellen verstanden, die vornehmlich Material aus dem Bereich der neuen sozialen Bewegungen sammeln, und doch enthält diese Rubrik auch einen Beitrag über Geschichtswerkstätten in Hamburg 4. Das zeigt deutlich, wie schwierig - auch bei 37 Rubriken - die Einordnung sein kann, denn wie definiert man "Archive von unten", abgesehen vom angesprochenen Terminus technicus? Heißt das nun im Fall der Geschichtswerkstätten, dass deren meist ehrenamtliche Mitarbeiter "unten" anzusiedeln sind im Gegensatz zu den hoch akademischen Archivaren "oben"? Ebenso wäre eine Einordnung m. E. auch in der Rubrik "Kommunalarchive" möglich gewesen, aber das ist eben aufgrund der Offenheit des Systems nicht erfolgt. Gerade diese Offenheit verleiht dem Weblog eine ausgesprochene Buntheit, sodass die dadurch entstehende Liste mit zahlreichen Rubriken auf den ersten Blick zwar etwas unübersichtlich und zu lang geraten wirkt, auf den zweiten Blick man jedoch überrascht ist, wie viele Themenbereiche es rund um das Archivwesen geben kann. Zusätzlich bietet die Website eine rubrikenübergreifende Volltextsuche. Die Seite ist sehr übersichtlich aufgebaut: in der breiten linken Spalte werden jeweils die Beiträge angezeigt und in der schmalen rechten Spalte die einzelnen Menüs: zuerst die Hinweise auf die Benutzer-Registrierung, darunter die einzelnen Rubriken, dann das Suchfeld, Verweise auf die zuletzt eingetragenen Beiträge und noch vor der Anzeige des Web-Status das nach Monaten geordnete Archiv aller Beiträge. Will man nun Kommentare, eigene Beiträge, Dateien oder Bilder beitragen, ja sogar Umfragen veranstalten, muss man sich vorher einer Online-Registrierung unterziehen, die schnell und unkompliziert innerhalb einer Minute durchgeführt werden kann. Mit Benutzername und Passwort kann man sich dann einloggen und die verschiedenen, bereits angesprochenen Möglichkeiten des Weblogs nutzen.
ARCHIVALIA ist ein typisches Beispiel dafür, wie schnell die Entwicklung der Technik voranschreitet, wie langsam aber das Umdenken im Menschen erfolgt. Das Prinzip des Gemeinschaftsweblogs wird sicherlich eine breit und damit auch sehr willkürlich gestreute Informationsvermittlung ermöglichen, andererseits auch ähnlich den schon zahlreich bestehenden Mailinglisten zahlreiche fruchtbringende Diskussionen ermöglichen. Es wird im Fall von ARCHIVALIA aber noch Zeit brauchen, bis sich die entsprechende Anzahl an aktiven Teilnehmern gefunden hat, die ein relativ breites Spektrum an Meinungen und Informations- bzw. Diskussionsbeiträgen einbringen können. Das tut der Sache jedoch keinen Abbruch, solange Klaus Graf weiterhin mit einem solchen Engagement hinter der Sache steht und die Community mit Informationen versorgt und damit jene Zeit erfolgreich überbrückt, bis mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses äußerst empfehlenswerte und für die Welt der Archive segensreiche Weblog auch aktiv mit eigenen Beiträgen benützen. Ad multa nuntia!
Anmerkungen
1 Vgl. http://archiv.twoday.net/topics/Allgemeines/?start=6
2 im "Archiv" im Monat Februar 2003, http://archiv.twoday.net/20030205/
3 Vgl. http://archiv.twoday.net/topics/Archive+von+unten/
4 Vgl. http://archiv.twoday.net/stories/108238/