Die hier vorgestellte Internetseite wird von dem NS-Dokumentationszentrum in Köln veröffentlicht. Dieses wurde 1988 als NS-Dokumentationszentrum zur Erforschung der Geschichte des Nationalsozialismus gegründet und befindet sich seit Juni 1997 mit einer Dauerausstellung zum Thema „Köln im Nationalsozialismus“ im EL-DE-Haus am Appellhofplatz. Neben der Dauerausstellung und wechselnden Sonderausstellungen finden sich im Haus eine Bibliothek mit 12 000 Medien, verschiedene Quellensammlungen und Bildungseinrichtungen sowie Medienräume, die vor allem auf das schulische Umfeld zugeschnitten sind. Auch eine Sammlung mit insgesamt 30 000 Fotos liegt vor. Im Keller des Gebäudes kann eine Gedenkstätte, ein ehemaliges Gestapogefängnis im Originalzustand von 1944/45, besichtigt werden.
Die Internetseite selbst, die Ende 2004 entstanden sein müsste (leider ist keine betreffende Information auf der Seite selbst zu finden), widmet sich denn auch verschiedenen Zielen: der Darstellung des Gebäudes, des Museums und seiner Ausstellung, damit oft überschneidend der generellen Information über den Nationalsozialismus sowie der Vorstellung interaktiver Projekte und Datenbanken, die sich mit den Opfern des Nationalsozialismus befassen. Die Zielgruppe, die mit dieser Seite angesprochen werden soll, ist daher sehr vielschichtig. In erster Linie dürfte sie jene interessierten Laien umfassen, die einen Museumsbesuch planen oder sich nach dem Besuch genauer über Details informieren möchten. Da mehrfach auf die Kompatibilität mit Unterrichtsstoff hingewiesen wird, ist anzunehmen, dass sich eine weitere große Gruppe von Besuchern des Museums sowie der dazugehörigen Seite aus Schülern und Lehrern zusammensetzt. Allerdings ist sowohl das Museum als auch seine Internetseite durch Archive und Datenbanken ebenso für Fachwissenschaftler von Interesse, die diesbezüglichen Recherchen nachgehen können.
Die Seite gestaltet sich, dem bearbeiteten Thema angemessen, in zurückhaltenden Farben und einfacher, aber recht übersichtlicher Gestaltung. Durch verschiedenfarbige Kästchen, die den Verknüpfungen zu den einzelnen Angeboten voranstehen, werden die Themenbereiche der Seite auch optisch voneinander unterschieden. Die Seite hatte bei mehreren Besuchen keine Ladeschwierigkeiten. Die animierten Banner, die die Textlinks ergänzen, motivieren zur genaueren Betrachtung der angebotenen Sonderausstellungen und Projekte.
In der Ausnutzung der Möglichkeiten, die das Internet bietet, bleibt die Seite insgesamt leider hinter dem Machbaren zurück. So fehlt bei der Hilfefunktion, die sich auf eine Navigationshilfe beschränkt, ein Ansprechpartner für darüber hinausgehende Fragen, ebenso vermisst man eine Suchfunktion. Ferner werden keine Newsletter oder über die Ausstellungspräsentation hinausgehende Text- und Bilddateien als Download angeboten. Die Möglichkeit, die Seite in einer anderen Sprache als deutsch aufzurufen, gibt es nicht. Das Forum entpuppt sich als Archiv von aktuellen und veralteten Veranstaltungshinweisen, nicht als Möglichkeit, sich als Besucher der Seite mit Mitarbeitern oder anderen Besuchern auszutauschen oder Fragen zu stellen. Die Ansprechpartner des Museums sind erst nach kurzer Suche zu finden, wer sich für die Seite insgesamt verantwortlich zeichnet, ist nicht auffindbar. Es fehlen ein Pressespiegel und auch eine Liste mit Internetlinks zu weiterführenden Informationen. Sogar ein Gästebuch sucht man vergebens. Natürlich kann ich die Bedenken verstehen, mit einem solchen Angebot rassistischen oder anderen neonazistischen Äußerungen eine Plattform zu geben; doch dies könnte durch ein moderiertes Gästebuch, bei dem die Einträge vor dem Erscheinen gesichtet und freigeschaltet werden, leicht gelöst werden.
Es besteht, will man sich dem aktuellen Stand von Internetpublikationen anpassen, daher in diesen Punkten Nachholbedarf.
Den größten Raum in diesem Internetangebot nimmt ein virtueller Rundgang durch das Museum ein, der, thematisch gegliedert, zahlreiche mit kurzen Erläuterungen versehene Aufnahmen aus der Ausstellung zeigt, die angeklickt und vergrößert betrachtet werden können. In den Texten, die die Bilder begleiten, vermischen sich allgemeine Informationen zum Nationalsozialismus mit solchen, die speziell Köln und die Ausstellung betreffen. Angesichts der Kürze – meist nur wenige Sätze – die jedem angesprochenen Bereich des Nationalsozialismus von A wie „Aufstieg und Machtergreifung“ bis Z wie „Zwangsarbeit“ zugemessen wurden, sind die Informationen gut auf den Punkt gebracht. Aus wissenschaftlicher Sicht sind diese Angaben kaum zu bemängeln. Allerdings zeigt sich hier auch wieder das Manko einer Seite, die vom Schüler bis zum Historiker auseinanderstrebende Bedürfnisse zu befriedigen sucht; für absolute Laien dürften die Informationen trotz des reichen Bildmaterials zu abstrakt und trocken sein, Fachleute dagegen lesen auf diesen Seiten wenig Neues und vermissen genauere Angaben. So wird beispielsweise in der Rubrik „Vergessene Opfer“ lediglich erwähnt, dass diese Gruppen auch nach 1945 weiterhin diskriminiert wurden. Auf welche Gruppen – Homosexuelle, psychisch Kranke, „Asoziale“? – hier Bezug genommen wird, ist allerdings unklar. Bei einigen Bildern wäre es meiner Ansicht nach sinnvoller gewesen, eine Abbildung aus der Ausstellung direkt statt einen Blick in einen Ausstellungsraum anzuzeigen; die Bilder, die so noch gesehen werden können, sind oft auch in der Vergrößerung zu klein, um Details zu erkennen oder Texte lesen zu können, auch wenn sie einen guten Eindruck des Museumsinneren vermitteln. Besonders für die Gruppe der Jugendlichen wäre eine altersgemäßere Aufmachung und Möglichkeit zur Interaktion wünschenswert. Bisher findet sich speziell für dieses Publikum lediglich eine Rubrik mit Literaturempfehlungen, die sich eher an Lehrer richtet.
Lobenswert dagegen empfinde ich die Möglichkeit, in Datenbanken nach jüdischen Opfern aus Köln oder Zwangsarbeitern, die in Köln eingesetzt waren, zu recherchieren. Versuche, diese Datenbanken zu nutzen, waren sofort erfolgreich, da sie leicht bedienbar und zuverlässig funktionieren. Besonders interessant ist ebenso die leider noch recht leere Rubrik „Bibliothek der Überlebenden“, die es Opfern des Dritten Reiches ermöglicht, ihre Erinnerungen in diesem Rahmen zu publizieren. Ein Ausbau dieses Angebotes wäre sehr begrüßenswert.
Macht der virtuelle und reich bebilderte Rundgang durch das Museum sowie die Datenbanken einen guten Eindruck, so fällt die Bewertung des auf der Seite befindlichen Videos schwer. Positiv anzumerken ist die Verlinkung der Programme, die für solch ein Video benötigt werden; auch der Inhalt verdient ein Lob und ist eine gelungene Darstellung sowohl des Gebäudes, seiner Geschichte, als auch der Ausstellung und der Gedenkstätte. Geschickt werden allgemeine Informationen über das Dritte Reich mit den Exponaten der Ausstellung verbunden. Der Zuschauer gewinnt zudem einen guten Eindruck über die Gestaltung des Museums. Dieses Video ist für den interessierten Laien zugeschnitten, die sachliche, zurückhaltende Vertonung ist dem Thema angemessen. Man kann sagen, dass dieses Video durchaus als guter Bildungsfilm für den Schulunterricht einsetzbar wäre.
An diesem Punkt muss allerdings auch die Kritik einsetzen. Das Video ist mit über 14 Minuten für eine Internetpublikation unverhältnismäßig lang, dafür ist die Grundeinstellung der angezeigten Größe, die man mit einer Handfläche bedecken kann, viel zu klein, um Details erkennen zu können. Die beachtliche Datenmenge des Videos – bei der von mir genutzten DSL-Verbindung waren es ca. 70 MB – wird dem Benutzer nicht vor Starten des Programms angezeigt. So sehenswert ich den Film als Fachfrau empfand, so sehr dürfte er doch einen fachfremden Besucher der Seite nach wenigen Minuten zum Abschalten bewegen; leider wird der für mein Empfinden interessanteste Teil, der die Gedenkstätte und die Zeichnungen von Gefangenen an den Wänden des Gefängnisses behandelt, erst in den letzten Minuten gezeigt. Hier ist den Verantwortlichen der Seite sehr ans Herz zu legen, den Film in mehrere kürzere Sequenzen zu unterteilen, die separat aufzurufen sind.
Insgesamt ist das Urteil über die Seite zwiespältig. Es wird sowohl die in meinen Augen wichtigste Zielgruppe eines Dokumentationszentrums über den Nationalsozialismus, die Jugend und die jungen Erwachsenen, durch Aufmachung und mangelnde Interaktivität zu wenig bewogen, sich hier längere Zeit aufzuhalten. Hierbei stellt allerdings der letzte Punkt bei Museumsseiten häufig ein Manko dar, das sich wahrscheinlich aus mangelnden Personalressourcen für die Erstellung und Betreuung solcher Angebote erklären lässt. Als Besucher bekommt man leider dennoch den Eindruck, dass ein Feedback über das Medium Internet nicht erwünscht ist. Das ist schade, denn sowohl das Video als auch das, was man online von den Ausstellungen zu sehen bekommt, lassen auf hochambitionierte und wissenschaftlich fundierte Forschung und Präsentation schließen, die auch künstlerische Aspekte einschließt und Lust macht, das Museum zu besuchen – und dies kann man, neben den erwähnten lobenswerten inhaltlichen Aspekten, ohne Einschränkung als großen Erfolg der Internetseite des NS-Dokumentationszentrums verbuchen.