In der wissenschaftlichen Forschung wie in der akademischen Lehre haben ökonomische Ressourcen seit jeher eine signifikante Rolle gespielt, sowohl in materialer Hinsicht (Rohstoffe, Gerätschaften, Lokalitäten) als auch mit Blick auf personale, soziale und mentale Konditionen (Herkunft, Ausbildung, sozialer Status). Gleichwohl kennt die Wissenschaftsgeschichte zahlreiche Beispiele von Forschenden, die ungeachtet ihrer Marginalisierung und trotz finanziell eingeschränkter Lebensweise zu bedeutenden Entdeckungen gelangt sind, und es hat im 19. Jahrhundert nicht an Versuchen gefehlt, daraus einen der Kunstmythologie analogen heroischen Idealtypus zu konzipieren, der in seinem Erkenntnisdrang die eigenen Existenzbedingungen selbstlos und aufopferungsvoll hintanstellt. Dieses Modell ist seit längerem aus der Mode gekommen und von einem unter wirtschaftlichen Kriterien und in der Logik eines gewinnorientierten Unternehmens konzipierten Wissenschaftsmanagement abgelöst worden, das in Gestalt medial eloquenter Wissenschaftler:innen bestimmte Forschungsvorhaben vertritt und die dafür notwendigen Mittel einwirbt und verteilt. Dabei scheint unstrittig, dass ökonomische Interessen, die auf praktische Anwendung und produktiven Nutzen abzielen, noch zu keiner Zeit ihren Anspruch auf Forschung und Lehre (nicht nur in den Bereichen der Natur- und Lebens-, sondern auch in den Sozial- und Geisteswissenschaften) so dominant wie in der Gegenwart erhoben und erfolgreich geltend gemacht haben. Betroffen davon sind sowohl das traditionelle Projekt eines umfassenden universitären Bildungsauftrags als auch die unmittelbare Einbindung von Lernenden und Lehrenden in aktuelle Forschungspraktiken. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit die zeittypischen Parameter des Geldmangels und der Geldvermehrung das heutige wissenschaftliche Denken auch strukturell geprägt haben.
Im Anschluss an die im Vorjahr diskutierten "Ethiken des Forschens und Lehrens" wird sich die 12. Jahrestagung des InterDisziplinären Kolloquiums im Rahmen eines möglichst breiten und dabei alle wissenschaftlichen Disziplinen einschließenden Fragespektrums den ökonomischen Voraussetzungen, Modalitäten und Folgeerscheinungen in Forschung und Lehre widmen. Dabei sollten auch wissenschafts- und sozialhistorische Aspekte, namentlich die Wechselwirkungen von wissenschaftlichen Dispositiven und zeitgenössischen Formen des ökonomischen Denkens zur Sprache kommen. Erwartet wird von den Teilnehmer:innen eine aktive Diskussionsbeteiligung, ggf. ein themenrelevanter Vortrag von 30 resp. ein Kurzreferat von 15 Minuten. Bewerbungen mit Kurzvita und ggf. einseitigem Vortragsexposé sind erbeten bis zum 14.9.2024 an held@unipv.it.