Vergangenheitspolitik in globaler Perspektive

Vergangenheitspolitik in globaler Perspektive

Veranstalter
Dr. Jürgen Zimmerer
Veranstaltungsort
Ort
Coimbra
Land
Portugal
Vom - Bis
15.12.2003 -
Deadline
15.12.2003
Website
Von
Dr. Jürgen Zimmerer

Dr. Jürgen Zimmerer
Coimbra
Deadline: 15.12.2003

Publikation: "Schweigen-Erinnern-Bewältigen. Vergangenheitspolitik seit dem Zweiten Weltkrieg in globaler Perspektive"

Vergangenheitsbewältigung und Geschichtspolitik gehört zu den intensiv diskutierten Fragen sowohl der Geschichtswissenschaft als auch der politischen und historischen Transformationsforschung. Vor allem Regimewechsel werfen die Frage nach dem Umgang mit den alten Eliten auf: Opfer erhalten Wiedergutmachung, und Verbrechen der früheren Regierung werden gesühnt. Neben der zivil- und strafrechtlichen Aufarbeitung hat der Umgang mit der Vergangenheit auch Konsequenzen für die kollektive Erinnerung. Geschichtspolitik trägt zu einem veränderten Selbstverständnis des Staates und seines Staatsvolkes bei und ermöglicht durch veränderte Identifikationsangebote die Aussöhnung zwischen ehedem Privilegierten und Benachteiligten bzw. Verfolgten.
Zumindest könnte so oder ähnlich ein an der deutschen Entwicklung orientierter idealtypischer Ablauf aussehen; einem Beispiel, das für viele ein Paradefall für den geglückten Umgang mit der eigenen Vergangenheit ist. Unabhängig davon, ob man die deutsche Vergangenheitsbewältigung nach 1945 als vorbildlich empfindet, stellt sich auf jeden Fall die Frage, ob sie ein internationales Muster widerspiegelt. Denn, und das ist ebenso bemerkenswert wie banal und meist ignoriert, Umgang mit verbrecherischer und/oder massenmörderischer Vergangenheit ist ein globales Phänomen. So versuchte man etwa in Südafrika mit einer "Truth and Reconciliation Commission" das Leid der Vergangenheit aufzuklären und die Grundlage für die Versöhnung der Zukunft zu schaffen, während man in Argentinien den Militärs zunächst Immunität zusicherte, um diese erst vor einigen Wochen wieder aufzuheben; Beispiele, die, aus welchen Gründen auch immer, Schlagzeilen in den Medien verursachten. Zu nennen wäre aber auch das Kriegsverbrechertribunal in Arusha, wo bereits seit Jahren über den Völkermord in Ruanda verhandelt wird, oder Phnom Penh, wo demnächst ein solches eingerichtet werden soll.
Obwohl manche einen europäischen Trend der kritischen Bewältigung diktatorialer Vergangenheit (Michael Jeismann) sehen oder sogar von einer globalen Politik der Entschuldigung und Wiedergutmachung (E. Barkan) sprechen, wird der Problemkomplex "Transformation und Geschichte" wissenschaftlich überwiegend immer noch in nationaler Perspektive erörtert. Um die Vielfalt der vergangenheitspolitischen Antworten auf das Problem Regimewechsel angemessen zu erfassen, ist jedoch eine globale Betrachtung notwendig. Deshalb möchte ich Interessierte, die zu Erinnerungs- und Wiedergutmachungsstrategien in nationaler, internationaler oder komparatistischer Perspektive forschen, herzlich zur Mitarbeit an einer Publikation zur globalen Erinnerung einladen.
Der hier projektierte Sammelband, vorgesehen ist eine Veröffentlichung als Themenheft der Zeitschrift "Comparativ", wird der Frage nach Regimewechsel und Vergangenheitspolitik, nach staatlichem Verbrechen und Bewältigung in globaler Perspektive nachgehen. Dabei sollen sowohl verschiedene historische Umstände (Niederlage im totalen Krieg, Revolution), die unterschiedliche Natur der abgelösten Regime (totalitäre, autoritäre, kommunistische, rassistische Diktatur) und Antworten auf das Problem des Regimewechsels (Prozesse, 'Säuberungen', 'Entnazifizierung', Immunität der vormaligen Eliten) Berücksichtigung finden. Es sollen Vorbilder identifiziert und Lernprozesse skizziert werden. Vergangenheitspolitik wird dabei nicht als punktuelles Ereignis verstanden, sondern als kontinuierlicher Prozeß, der sich über Jahrzehnte erstreckt. Deshalb interessieren gerade auch Wandlungsprozesse in der Betrachtung der jeweiligen Vergangenheit (von Verdammung zur Verklärung, oder umgekehrt?) und die Folgen der jeweiligen Politik für eine nationale Aussöhnung oder Identität. Der zeitliche Abstand zum Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa und zum Ende der Apartheid in Südafrika lässt hier den Blick auf längerfristige Entwicklungen zu und ermöglicht vielleicht sogar eine vorläufige Bilanz des jeweils eingeschlagenen Wege. Insgesamt soll die Bandbreite historisch realisierter Lösungsvorschläge für das gleiche Problem, den Regimewechsel, gezeigt und Muster und Abläufe rekonstruiert werden. Dazu sollen sieben oder acht Fallbeispielen dienen. Einige der möglichen Länder sind nachfolgend aufgeführt.

Deutschland
Japan
Portugal/Spanien
Argentinien/Chile
Südafrika/Namibia
Russland/Polen
Kambodscha/Ruanda
Thailand

Diese Liste versteht sich als unverbindlicher Vorschlag, Beiträge zu anderen Ländern sind ebenfalls willkommen. Ausdrücklich erwünscht wären auch Beiträge, die vergangenheitspolitische Prozesse länderübergreifend analysieren. Die Länge der Aufsätze wird ca. 15 Seiten à 2900 Zeichen umfassen. Verbindlicher Abgabetermin der ausgewählten Beiträge ist der 30.5.2004. Die Veröffentlichung wird Ende 2004 erfolgen.
Interessenten werden gebeten, mir bis spätestens 15.12.2003 eine Skizze ihres Beitrages (max. 3 Seiten) sowie ein kurzes C.V. zu schicken:
juergenzimmerer@freenet.de

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