„Wären wir sprachlos, so hätten wir kein Mittel zur metasprachlichen Reflexion dessen, was Geschichte ist – wir hätten nicht einmal einen Begriff von Geschichte.“ (Vgl. Hartung 2013, 335)
Im Fokus des 5. Internationalen Symposiums der GDÖ (Gesellschaft für Geschichtsdidaktik Österreich) steht das Verhältnis von Sprache und historisch- politischem Lernen. Dieses Verhältnis ist nicht nur wegen des konstitutiven Charakters von Sprache für Lehr- und Lernprozesse fundamental, sondern auch wegen der sprachlichen Prägung des Gegenstandes, auf den sich historisch-politisches Lehren und Lernen bezieht: Ohne Sprache könnte es Geschichtsschreibung gar nicht geben.
Es bedarf der Sprache, um Erinnerungen, Erzählungen, historische Dokumente und historisches Wissen zu dokumentieren und weiterzugeben. Sprache ist aber nicht nur ein Medium der Archivierung und Tradierung historisch bedeutsamer Informationen, sie ist auch ein Mittel der historischen Begriffsbildung und des Verstehens, das historisches Lernen vielfach erst ermöglicht. Schließlich ist auch die Auseinandersetzung mit Sprache selbst in ihrer historisch determinierten und sich wandelnden Verfasstheit unverzichtbarer Bestandteil des historischen Lernens.
Historisch-politisches Lernen ist immer auch soziale und kommunikative Praxis. Geschichtsverständnis und geschichtliches Wissen entsteht wesentlich als „Geschichte“, die Vergangenheit in Form einer Erzählung vergegenwärtigt. Es handelt sich dabei um eine anthropologisch universale Kulturpraxis der Zeitdeutung, die der Logik des Erzählens folgt. So ist es auch naheliegend, sich in der Geschichtsdidaktik mit der Narration und der damit verbundenen Sprache zu beschäftigen – etwa mit der Sprache der Gegenwart (des Erzählers) oder der Sprache der historischen Quelle in ihrem jeweiligen zeitlich-chronologischen Kontext.
Für den Unterricht ist Sprache ein wichtiges Werkzeug des Lehrens und Lernens. Es braucht Sprache und Sprachkompetenz, um historisch-politische Gegenstände erschließen, verstehen und im Rahmen der jeweiligen sozialen und kommunikativen Praxis reflektieren zu können. Die kulturelle Verfasstheit von Sprache und Inhalten stellt SchülerInnen wie auch Lehrkräfte insbesondere in multikulturellen Klassen vor besondere Herausforderungen.
Wieweit werden Studierende des Unterrichtsfaches Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung für die vielfältigen Dimensionen und Funktionen der Sprache im Vermittlungsprozess sensibilisiert und darauf vorbereitet? Welche Anforderungen stellt die Auseinandersetzung mit Sprache und historisch-politischem Lernen an die fachdidaktischen Kompetenzen der (angehenden) Lehrer/innen? Wie kann ein „sprachaufmerksamer“ Geschichtsunterricht aussehen?
Diese und eine Reihe weiterführender Fragestellungen werden im Symposium „Geschichte(n) erzählen. Dimensionen der Sprache im historisch-politischen Lernen“ mit dem Ziel behandelt, die vielfältigen Dimensionen und Funktionen der Sprache in Prozessen des historisch-politischen Lehrens und Lernens aufzuzeigen.