Handbuch Einsichten, völkische Wissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert

Handbuch Einsichten, völkische Wissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert

Veranstalter
Dr. Michael Fahlbusch (Bern), Dr. Ingo Haar (Xiamen), PD Dr. Alexander Pinwinkler (Salzburg) in Verbindung mit Prof. Dr. Uwe Puschner, Friedrich Meinecke-Institut (Berlin)
Veranstaltungsort
Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin, Fabeckstraße 23-25 (Holzlaube), 14195 Berlin, Raum: -1.2009
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
21.09.2017 - 22.09.2017
Von
Michael Fahlbusch, Basel

Die zentralen neuen Erkenntnisse des am Vormittag im Literaturhaus zu Berlin vorgestellten Handbuchs der Völkischen Wissenschaften werden auf der begleitenden Tagung zur Diskussion gestellt. Sie dient der Herausarbeitung einzelner Aspekte völkischer wissenschaftlicher Forschungskonzepte, Akteure und Institutionen im 19. und 20. Jahrhundert.

Um 1800 entsteht jener Korpus von ethnopolitischen Paradigmen und Stereotypen, die mit Johann Gottfried Herder und Heinrich Moritz Gottlieb Grellmann in den 1780er-Jahren über die imaginierte deutsche Ethnizität begonnen hatten. Sie liefern schließlich in der politischen Romantik mit den „Germanomanen“ – wie der Zeitgenosse Saul Ascher kritisch Fichte und dessen Weggefährten bezeichnete – die Grundlage für nationalistische (Wieder-)Geburtsphantasien. Gäbe es eine Tradition der Kritik völkischer Stereotypen der sogenannten Germanomanen, dann wäre sie um 1810 entstanden. Saul Aschers Bücher wurden auf dem Wartburgfest 1817 verbrannt.
Die 1. Sektion geht der Frage nach, welche Forschungskonzepte und Muster die völkischen Stereotype dominierten. Die Referenten haben sich einschlägig mit rassenbiologischen, demographischen und kulturhistorischen Arbeiten befasst. „Deutsche Ostsiedlung“ und „demographischer Untergang“ stellen eine – wenn auch fragwürdige – völkische Antwort auf (vermeintliche) Bedrohungsszenarien in Europa dar. Es werden weitere zeittypische Beispiele diverser patriotischer und nationalistischer Konzepte präsentiert, die von der völkischen Bewegung vereinnahmt und stilisiert worden sind.
In der 2. Sektion wird der Frage von biographischen Mustern nachgegangen, welche Bedingungen für die Bildung dieser Stereotype bestanden und welche politische Relevanz sie erzielten. Die Sektion beleuchtet nicht nur einzelne Akteure der Völkischen im frühen 19. Jahrhundert, sondern auch im Kaiserreich. Die Kontinuität und Diskontinuität völkischer Stereotype werden anhand von neueren biographischen Forschungen, etwa zu Otto Brunner, exemplarisch dargelegt. So war bis vor kurzem unbekannt, dass der Volkstumsforscher und renommierte Sozialhistoriker Otto Brunner, der damalige Leiter der Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft in Wien, 1944 noch ein „Durchhaltebuch“ im Nationalsozialismus publiziert hatte. In der Nachkriegszeit konnte er ohne größere Schwierigkeiten reüssieren.
Die 3. Sektion widmet sich explizit neuen Institutionen, in denen sich wichtige Akteursnetzwerke der Völkischen gebildet haben.

Programm

Donnerstag, 21.9.

14.00 Uhr Begrüßung (Prof. Uwe Puschner)

Sektion 1: Forschungskonzepte völkische Stereotypenbildung
Wider den Rassenbegriff in seiner Anwendung auf den Menschen – Ein Überblick (Prof. Uwe Hoßfeld, Jena)
Niederdeutsche Bewegung (Dr. Ulf-Thomas Lesle, Bremen)
Zwischen völkischem Regionalismus und germanischem Großreich: Burgenforschung als völkische Wissenschaftspraxis (Dr. Fabian Link, Frankfurt a.M.)
„Volk“. Ideologische Klammer und Hochwert der radikalen Rechten (Dr. Jörn Retterath, München)

17.00 Uhr Sektion 2: Akteure, die „Germanomanen“
Herder, Fichte, Fries und Hundt-Radowsky (Prof. Christian Jansen, Trier)
Julius Langbehn (Prof. Anja Lobenstein-Reichmann, Göttingen)
Otto Brunner, Prototyp des Volkstumswissenschaftlers (Prof. Hans-Henning Kortüm, Regensburg)
Im Anschluss Apero für angemeldete Gäste

Freitag 22.9.
09.30 Uhr Fortsetzung Sektion 1: Forschungskonzepte
„Volksordnung“ gegen die drohende „Entdeutschung“? Historiographische Konstruktionen von „Ordnung“ und „Differenz“ in der Zwischenkriegszeit (PD Dr. Alexander Pinwinkler, Salzburg)
Deutsche Ostsiedlung (Prof. Jörg Hackmann angefragt, Stettin)

11.15 Uhr Sektion 3: Neue völkische Institutionen
Institut für Grenz- und Auslandstudien, Berlin (Dr. Alexander Korb, Leicester, angefragt)
Das Statistische Reichsamt, Friedrich Burgdörfer und die Ermordung der europäischen Juden Forschungskontroverse und Folgen (Dr. Ingo Haar, Xiamen, China)
Rasseforschung und Medizinverbrechen – das SS-Ahnenerbe (Dr. Julien Reitzenstein, Düsseldorf)

12.15 Uhr Schlussvortrag: „Völkische Geschichtswissenschaft – aber welche?“ (Dr. Matthias Berg, Berlin)

Die Tagung wird dankenswerterweise durch die Stiftung Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts in Bremen, die Aparion-Gruppe und weitere Unterstützer gefördert.

Kontakt

michael.fahlbusch@hist.unibe.ch; uwe.puschner@fu-berlin.de

http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/fmi/institut/arbeitsbereiche/puschner/news/BUCHPRAeSENTATION-und-TAGUNG.html
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