Dynamiken des Wissens. Historische Perspektiven auf das Verhältnis von Wissen und Migration vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Dynamiken des Wissens. Historische Perspektiven auf das Verhältnis von Wissen und Migration vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Veranstalter
Leibniz-Wettbewerb-Gruppe „Migration und Bildung in Deutschland seit 1945“, Georg-Eckert-Institut – Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichte der TU Dresden und dem German Historical Institute Washington, D.C. – Dr. Stephanie Zloch, Prof. Dr. Dagmar Ellerbrock, Prof. Dr. Simone Lässig, Dr. Swen Steinberg
Veranstaltungsort
Bundeszentrale für politische Bildung, Friedrichstr. 50, 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
02.05.2018 - 03.05.2018
Website
Von
Stephanie Zloch

Migrationsprozesse führen zu gesellschaftlichen Veränderungen. Die Tagung möchte zwei Paradigmen aktueller Gesellschaftsdiagnose – dasjenige einer Einwanderungs- bzw. Migrationsgesellschaft und dasjenige einer Wissensgesellschaft – analytisch aufeinander beziehen und ihnen historische Tiefenschärfe verleihen. Die historischen Dynamiken seit dem 20. Jahrhundert bilden dabei eine besondere Herausforderung, denn die Wirkungen zweier Weltkriege, die Ost-West-Teilung im Kalten Krieg, Dekolonialisierungs- und politische Integrationsprozesse sowie rasante technologische und mediale Entwicklungen haben Migrationsregimes und Wissensordnungen maßgeblich geprägt.

Vor diesem Hintergrund fragt die Tagung: Welche Bedeutung haben Migrationsprozesse und welche Impulse gaben Migrant/innen für die historischen Wandel von Wissensordnungen und die stete Neukonstituierung von Wissen? Zunächst ist unter Wissen nicht allein Expertenwissen oder akademisches Wissen zu verstehen, sondern auch der große Bereich gesellschaftlich bedeutsamen Wissens, der sinnstiftende Fragen von Geschichte, Erinnerungskultur, Politik und Geographie ebenso umfasst wie den Umgang mit sprachlicher oder religiöser Vielfalt. Darüber hinaus steht nicht nur das Wissen über und für Migrant/innen, sondern ausdrücklich auch die agency und Selbstorganisation von Migrant/innen im analytischen Fokus. Migrant/innen reagieren auf Wissensangebote und Bildungsideale der für sie neuen und zunächst unvertrauten Gesellschaft, zugleich bleibt das spezifische Wissen der Herkunftsgesellschaften wichtig und dient den Migrant/innen-communities zur Außenabgrenzung und Binnendifferenzierung. Schließlich ist die Rolle von Emotionen zu beachten. So bringen die emotional communities von Diasporen nicht nur eigene Wissensbestände ein, sondern strukturieren migrantische Erfahrungen ebenso wie Entscheidungen darüber, welches Wissen unter den veränderten Bedingungen der Migration bewahrt, neu angeeignet, und weiterhin vermittelt wird.

Die Verbindung von Migrations-, Wissens- Bildungs- und Emotionsgeschichte gibt die Möglichkeit, nicht-hegemoniales, nonkonformistisches oder subversives Wissen in den Blick zu nehmen, um auf diese Weise die historische Veränderung der Wissensordnungen in Einwanderungsgesellschaften besser zu verstehen.

Gäste sind willkommen. Um Voranmeldung wird gebeten per e-mail an: zloch@gei.de

Programm

Mittwoch, 2. Mai 2018
11.00 Uhr: Stephanie Zloch, Dagmar Ellerbrock, Simone Lässig, Swen Steinberg: Begrüßung und Einführung
Bundeszenrale für politische Bildung: Grußwort

11.30 Uhr – 13.00 Uhr: Panel I: Bildung, Wissen und Selbst-Organisation von Migrant/innen
Moderation und Einführung: Sabine Reh (DIPF-BBF, Berlin)
Amir Theilhaber (Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin): Der iranische Orbit des Berliner Kaviani Verlags. Zirkuläre Migration und Wissensgenerierung zur Zeit der Weimarer Republik
Philipp Eigenmann (Zürich): Zur transnationalen Vermittlung von Weiterbildung. Italienische Emigrationsorganisationen in Zürich, 1960-1980

13.00 Uhr – 14.30 Uhr: Mittagsimbiss

14.30 Uhr – 16.30 Uhr: Panel II: Wissenszirkulation und Differenzkategorien
Moderation und Einführung: Simone Lässig (GHI Washington)
Kijan Espahangizi (Zürich): Von der Ausländerstatistik zur Demografie der Migrationsbevölkerung in der Schweiz, 1970er-2000er Jahre
Tim Epkenhans (Freiburg): Migration, Transnationalität und islamische Normativität in Zentralasien
Maria Alexopoulou (Mannheim): Ignoriertes Wissen. Geschichte des (Nicht-)Einwanderungslandes Deutschland aus rassismuskritischer Perspektive

16.30 – 16.45 Uhr: Pause

16.45 – 18.15 Uhr: Panel III: Wissenspraktiken der postmigrantischen Gesellschaft
Moderation und Einführung: Swen Steinberg (TU Dresden)
Heike Greschke (TU Dresden): Medial vermittelte Fürsorge- und Erziehungspraktiken im Vergleich zwischen Migrationsgenerationen
Erol Yildiz (Innsbruck): Postmigrantische Perspektiven: Kontrapunktische Wissensproduktion

Ab 19.00 Uhr: Gemeinsames Abendessen

Donnerstag, 3. Mai 2018
9.00 Uhr – 11.00 Uhr: Panel IV: Migration und Wissenszirkulation im Gefolge von Zweitem Weltkrieg und europäischer Teilung, Teil 1
Moderation und Einführung: Stephanie Zloch (GEI, Braunschweig)
Matthias Thaden (Berlin): Unzeitgemäße Kontinuitäten? Die politische Emigration aus Kroatien und ihre Rolle für vergangenheitspolitische Debatten in der Bundesrepublik (1950er Jahre)
Kai Willms (München): Area Studies und migrantisches Wissen: Polnische Exilanten in der amerikanischen Osteuropaforschung nach 1945
Jeannette van Laak (Dubnow-Institut, Leipzig): Zum Wissen von DDR-Übersiedlern über die Bundesrepublik in den 1980er Jahren

11.00 – 11.15 Uhr: Pause

11.15 – 12.45 Uhr: Panel V: Migration und Wissenszirkulation im europäischen Transformationsprozess seit 1989
Moderation und Einführung: Jochen Oltmer (IMIS, Osnabrück)
Matthias Springborn (GEI, Braunschweig): „Natürlich nicht in deutscher Sprache". Der durch zugewanderte Kinder und Jugendliche aus der ehemaligen Sowjetunion verursachte Wandel von Wissensvermittlung in jüdischen Ferienlagern in der Bundesrepublik zu Beginn der 1990er Jahre
Halyna Leontiy (Tübingen): „Um die Integration zu erleichtern“: Zur (Neu)Konstituierung von Wissensräumen, Selbstorganisations- und Transformationsprozessen durch den Zuzug der Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland

12.45 Uhr – 14.00 Uhr: Mittagsimbiss

14.00 Uhr – 16.00 Uhr: Panel VI: Wissen, Erinnerungen, Emotionen
Moderation und Einführung: Dagmar Ellerbrock (TU Dresden)
Anna Corsten (Leipzig): Unerbetene Erinnerer. Deutsch-amerikanische Zeithistoriker und die Vermittlung des Wissens um den Holocaust nach (West-)Deutschland, 1945-2017
Hanna Haag (Hamburg): Migration und Gedächtnis. Über das dynamische Verhältnis partikularer und öffentlicher Wissenstradierung in Einwanderungsgesellschaften
Yvonne Albrecht (Kassel): Gefühle im Prozess der Migration

Gegen 16.00 Uhr: Abschlussdiskussion, Schluss der Tagung

Kontakt

Stephanie Zloch

Georg-Eckert-Institut - Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung,

zloch@gei.de


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung