Zwischen Verunsicherung und neuen Gestaltungsräumen: Zum Katholizismus in der Schweiz zwischen den beiden Weltkriegen

Zwischen Verunsicherung und neuen Gestaltungsräumen: Zum Katholizismus in der Schweiz zwischen den beiden Weltkriegen

Organizer
Vereinigung für Schweizerische Kirchengeschichte
ZIP
1700
Location
Fribourg
Country
Switzerland
From - Until
15.01.2021 - 30.04.2021
Deadline
30.04.2021
By
David Neuhold

Die eingereichten Beiträge bieten Anschlussmöglichkeiten in verschiedene Richtungen einer Kulturgeschichte des Katholizismus in der Schweiz der 1920er und 1930er Jahre eröffnen, wobei transnationale Perspektiven durchaus erwünscht sind. Ein gebündeltes, von der Redaktion gerahmtes, Dossier der doppelt-anonym begutachteten Beiträge, die einen Umfang von 25.000-40.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen und Fussnoten) nicht überschreiten sollten, ist für die SZRKG/RSHRC 115 (2022) projektiert.

Zwischen Verunsicherung und neuen Gestaltungsräumen: Zum Katholizismus in der Schweiz zwischen den beiden Weltkriegen

Durch das Schock-Erlebnis des Ersten Weltkrieges verstärkten sich Unsicherheiten, Ambivalenzen in der Deutung der eigenen Zeit, Zukunftsängste und kulturelle Transformationen, die in den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende von 1900 ihren Ursprung hatten. Unterschiedliche Zukunftsvorstellungen – zwischen Kulturpessimismus, politischer und gesellschaftlicher Erneuerungshoffnung und gesteigerten Gemeinschaftssemantiken, besonders Nationalismus – prallten in den 1920er und 1930er Jahren aufeinander. Diese waren nicht nur Ausdruck verschiedener gesellschaftlich-politischer Milieus, sondern gerade auch von Neukonzeptualisierungen, neuen Semantiken und kulturellen Äusserungsformen, welche über Milieu-Grenzen hinweg sich artikulierten. Der Blick des Themenschwerpunkts der SZRKG 2022 soll sich verschiedener solcher Bereiche und ihrer Vielschichtigkeit und Vernetztheit mit Fokus auf den Katholizismus in der Schweiz widmen.

(1) Diskurse von Dekadenz, Wertezerfall, «Massenkultur»: Wie wurden kulturpessimistische Diskurse von katholischen Akteuren in der Schweiz aufgegriffen? Wie prägten sie Deutungen der Krise der Nachkriegszeit, insbesondere im kulturellen Bereich, in der Auseinandersetzung mit teilweise rasch populär werdenden – u.a. unter amerikanischem Einfluss – Ausformungen von Tanz, Körperkult(ur), aufkommendem Kino, aber auch Kunst und Literatur der Moderne? Welche Semantiken prägten diese Auseinandersetzung medial? Welche literarischen und künstlerischen Verarbeitungen nahmen sie im Schweizer Katholizismus an? Wie äusserten sich Erneuerungsdiskurse und neue Praktiken, welche daraus hervor gingen zwischen Abwandlung älterer religiös-lebensweltlicher Praktiken und der Aneignung neuer Formen bis hin zu radikalem Rekatholisierungspostulat? Hirtenbriefe und Predigten, Zeitschriften und Illustrierte (wie etwa der «Sonntag») sind für diese Fragen interessante Quellen.

(2) Neue Medien und neue Formen des religiösen Lebens und Feierns: Wie haben technische Erneuerungen, v.a. auch im Bereich der Medien, das religiöse Leben und Feiern beeinflusst, z.B. in der Liturgie (liturgische Bewegung, Cäcilienchöre), im Vereinswesen, in Pilgerreisen? Wie agierten und präsentierten sich religiöse Gemeinschaften in der Öffentlichkeit, so auch im Radio? Diesbezüglich ist ein transnationaler Blick besonders interessant. In diesem Feld sind auch etwa die neuen Möglichkeiten einer erhöhten Reisetätigkeit von Bedeutung – als Beispiel sei der Abt von Muri-Gries erwähnt, dessen lange Reisen durch das Auto «erleichtert» wurden, oder die Präsenz von Bischof Scheiwiler auf den Internationalen Christkönig-Kongressen der 1930er Jahre.

(3) Von «Korporatismus» zu «Geistiger Landesverteidigung» – Gesellschaftspolitische Diskurse mit Wirkkraft: Die 1920er und 1930er Jahre sind für den Schweizer Katholizismus institutionell und gesellschaftspolitisch ein «goldenes Zeitalter». Politisch wurde der Katholizismus stärker eingebunden und kirchliche «Eliten» wie Bischöfe und Klerus fanden in den Gläubigen einen aktiven «Resonanzkörper». Einflussreiche gesellschaftliche Diskurse wurden wesentlich von katholischen Intellektuellen und Politikern geprägt, so besonders der «Korporatismus» (in den verschiedenen Ausformungen, die dieses Konzept nennt) und der Diskurs der «geistigen Landesverteidigung». Diese beiden sollen in einem dritten thematischen Feld besonders Beachtung finden.

(4) Wahrnehmungen des Faschismus und Bilder des Papstes: Ein vierter Schwerpunkt verschränkt einen Blick auf mediale Diskurse im Zusammenhang mit den Lateranverträgen von 1929 und im Verhältnis – unterschiedlicher Teilmilieus – zum italienischen Faschismus (auch vor und nach den Lateranverträgen) mit einem Blick auf die Inszenierung des Papstes. Wie haben die Verträge die ultramontane Frömmigkeit beeinflusst, konnte ja beispielsweise der Papst nicht mehr als «Gefangener im Vatikan» stilisiert werden? Wurde die Figur des Papstes neu inszeniert? Welcher alltagskultureller, besonders auch ikonographischer Widerhall in Kunst, Populärkultur und Medien lässt sich aufzeigen?

Die vier Themenfelder sollen Anschlussmöglichkeiten in verschiedene Richtungen einer Kulturgeschichte des Katholizismus in der Schweiz der 1920er und 1930er Jahre eröffnen, wobei transnationale Perspektiven durchaus erwünscht sind. Ein gebündeltes, von der Redaktion gerahmtes, Dossier der doppelt-anonym begutachteten Beiträge, die einen Umfang von 25.000-40.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen und Fussnoten) nicht überschreiten sollten, ist für die SZRKG/RSHRC 115 (2022) projektiert. Richtlinien zum Verfassen der Beiträge finden sich auf: www.unifr.ch/szrkg.

Die Redaktion bittet darum, Titelvorschläge und Kurzabstracts von maximal 800 Zeichen bis Ende April 2021 in Deutsch, Französisch, Italienisch oder Englisch bei der Schriftleiterin Prof. Dr. Franziska Metzger (franziska.metzger@phlu.ch) und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter PD Dr. David Neuhold (david.neuhold@unifr.ch) einzureichen. Die Beiträge selbst sind bis Ende 2021 einzusenden. Im Herbst 2022 erscheint die SZRKG bei Schwabe in Basel und mit einer einjährigen Moving Wall sind die Beiträge als open-access-Versionen z.B. auf e-periodica.ch verfügbar.

15. Januar 2021, Fribourg
Prof. Franziska Metzger/Luzern
Prof. Franz-Xaver Bischof/München
Prof. Markus Ries/Luzern
PD Dr. David Neuhold/Fribourg

Contact (announcement)

david.neuhold@unifr.ch

https://www3.unifr.ch/szrkg/de/