1982 stellte der ehemalige Bundespostminister Kurt Gscheidle (SPD) in seinem Porträt über die Deutsche Bundespost „In Verbindung bleiben“ fest: „Die Post ist für die meisten Menschen unersetzlich, ja, lebensnotwendig. Dennoch ist sie kein Thema, das Menschen in ihrer Freizeit beschäftigt, wenn wir einmal von einigen Liebhabern und, natürlich, von den Philatelisten absehen, die in der Tat weit über die Briefmarken hinaus an der Post interessiert sind.“
Diese Schilderung Gscheidles ließe sich auch auf das Interesse der Geschichtswissenschaft an der Institution Post, deren internen Kommunikation wie auch auf den Postverkehr mit all seinen Facetten übertragen. So ist es nicht verwunderlich, dass die weitaus häufigsten Analysen zur Postgeschichte – mit Ausnahmen – bis heute vor allem Interessierte aus dem Kreis der außeruniversitären Philatelie stammen. Verschiedene Arbeitsgruppen – unter anderem des Bundes Deutscher Philatelisten e.V. (BDPh) – widmen sich den Fragen der postalischen Kommunikation. Aber auch postgeschichtlich interessierte bürgerwissenschaftliche Kreise nehmen sich diesem Thema an. In der universitären Geschichtswissenschaft hingegen gelten sowohl Philatelie als auch Postgeschichte als eher randständige Themen.
Dies ist umso erstaunlicher, als der Post in der Kommunikationsgeschichte und damit in der Gesellschaftsgeschichte eine besondere Bedeutung zukommt. Denn mit ihr hätten, so Gscheidle in seinem Portrait, fast alle Bürgerinnen und Bürger jeden Tag zu tun. Dieses hochkomplexe Konstrukt würde allerdings nur dann ins Bewusstsein rücken, wenn es oder Teile seiner vielfältigen Wechselbeziehungen nicht funktionierte. Ansonsten bestünde kein allgemeines Interesse an etwas so Alltäglichem und Selbstverständlichem.
Dass dem nicht so ist, zeigt sich an vielen ergiebigen Fragestellungen zum Thema „Philatelie und Postgeschichte als Teil der Geschichtswissenschaft“. Sei es außereuropäisch über die Orte der Erinnerung in Afrika oder über die Briefmarken der baltischen Staaten der Zwischenkriegszeit, sei es zu politischen Weltbildern auf Briefmarken oder in einer historischen Perspektive von Thurn und Taxis (1848-1867) bis zu den Europamarken von 2020.
Die Online-Tagung verspricht spannende und sowohl für Geschichtswissenschaftler wie auch für Philatelisten interessante Einsichten und Diskussionen.