Täter/innen und Opfer im Nationalsozialismus und die Bedeutung von Geschlecht

Täter/innen und Opfer im Nationalsozialismus und die Bedeutung von Geschlecht

Veranstalter
Sandra Franz, Historikerin, Leiterin der Gedenkstätte Villa Merländer; Mareen Heying, Historikerin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltungsort
NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld in der Villa Merländer, Friedrich-Ebert-Strasse 42, 47799 Krefeld und Fabrik Heeder, Virchowstr. 130, 47805 Krefeld
Ort
Krefeld
Land
Deutschland
Vom - Bis
22.02.2019 - 23.02.2019
Deadline
20.02.2019
Website
Von
Sandra Franz

Richard Merländer, geboren 1874 in Mühlheim an der Ruhr, wurde als Jude und Homosexueller durch die Nationalsozialist/innen aus der Gesellschaft ausgeschlossen, 1942 wurde er in Treblinka ermordet. Das einstige Wohnhaus des Seidenfabrikanten Merländer ist seit 1991 Sitz der NS-Dokumentationsstelle Krefeld, seit März 2018 wird diese von der Historikerin Sandra Franz geleitet.
Traditionell stehen in der deutschen Erinnerungs- und Forschungsarbeit die Opfer der Nationalsozialist/innen im Zentrum. Täter/innenforschung fokussiert sich gegebenenfalls auf Einzelpersonen und verfolgt damit eine Linie, die seit mehreren Jahrzehnten überholt sein sollte. Strukturelle, genderbasierte Forschung findet verschwindend wenig statt und ist in Gedenk- und Dokumentationsstellen selten zu finden. Im Schulunterricht findet sie gar keinen Einsatz. Mit der Villa Merländer als Tagungsort sollen Täter/innen stärker in den Fokus von Gedenkstättenarbeit gerückt werden. Zudem soll zu neuen Forschungsansätzen in und außerhalb Krefelds angeregt werden. In einem speziellen Panel wird der Fokus auf den Einsatz von Täter/innenforschung im Schulunterricht gelegt werden.
Nicht nur die Villa Merländer als Ort und Richard Merländer als Person werfen viele Fragen auf, denen in verschiedenen Vorträgen nachgegangen wird:
Wie wuchsen Täter/innen und Opfer des NS in der Weimarer Republik auf?
Was bedeutete es, im NS-System aufzuwachsen und dieses zu hinterfragen? Welche Rollen spielen hierbei Bildung und Arbeit?
Woher nahmen Täter/innen ihre Motivation, dem System zu dienen?
Wie reagierten Täter/innen, Opfer und sich passiv zum System verhaltende Deutsche im Alltag des NS auf sexuelle Orientierungen, die nicht der nationalsozialistischen Norm entsprachen? Wie groß waren die Unterschiede zwischen der Weimarer Republik und der NS-Zeit tatsächlich?
Welche Opfer oder potentielle Täter/innen, die keine werden wollten, gingen ins Exil und wer blieb bewusst in Deutschland?
Wie gehen Historiker/innen mit Überlieferung und Erinnerung an die Zeit des NS um, was bedeutet erinnern, welche Orte sind geeignete Erinnerungsorte?
Und wie gehen Opfer und Täter/innen mit ihrer eigenen Geschichte nach 1945 um?
Wie kann Täter/innenforschung gezielt im Schulunterricht eingesetzt werden? Und wie kann der Blick auf die Täter/innen das Geschichtsbewusstsein von Schüler/innen verändern?
Vor allem Fragen zur Bedeutung und zur Rolle des Geschlechtes von Opfer und Täter/innen werden diskutiert und erörtert.

Wir laden ausdrücklich etablierte Historiker/innen, als auch Promovierende und Studierende der Geschichtswissenschaften und Genderstudies, sowie Lehrkräfte ein, an der Konferenz teilzunehmen. Um vorherige verbindliche Anmeldung unter ns-doku@krefeld.de wird gebeten. Es wird kein Teilnahmebetrag erhoben. Anmeldungen werden bis zum 20.2.2019 entgegen genommen. Bitte teilen Sie uns auch mit, ob Sie an dem Conference Dinner teilnehmen möchten.

Programm

Freitag, 22. Februar 2019
Villa Merländer, Friedrich-Ebert-Strasse 42, 40233 Krefeld

14:30 – 15:00 Ankommen

15:00 – 15:30 Willkommen und Einführung: Mareen Heying (HHU Düsseldorf / Ruhr-Universität Bochum) und Sandra Franz (Krefeld)
15:30 – 17:00 Keynote: Susanne Raidt (Universität Marburg): „Geschlechter(Un)Ordnungen – NS-Verbrecherinnen vor westdeutschen Gerichten (1945-1952)“

17:00 – 17:20 Pause

17:20 – 18:00 Sabine Reimann (Düsseldorf): Der Einsatz von Täter_innen Forschung im Schulunterricht
18:00 – 19:00 Führung durch die Villa Merländer: Sandra Franz (Krefeld)

19:30 Conference Dinner

Samstag, 23. Februar 2019
Fabrik Herder, Kleine Studiobühne, Virchowstr. 130 · 47805 Krefeld

ab 09:05 Ankommen

Panel 1 09:30 – 11:00
Alexander Liemen (FSU Jena): Interdisziplinäre Perspektiven einer integrierten NS-Täterforschung
Robert Parzer (JLU Gießen): Sekretärinnen am Erschießungsgraben. Frauen in den Einsatzgruppen im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 11:00 – 11:30

Pause 11:00-11:30

Panel 2 11:30 – 13:00
Anja K. Peters (Neubrandenburg): „Was ist wichtiger, das Geldverdienen der Frauen, das ihnen oft große Freude macht, die persönliche Befriedigung im Beruf oder – die Mutterschaft?“ - Nanna Conti (1881-1951) und Margarethe Lungershausen (1892-1973) und ihr Einfluss auf Hebammenwesen und Krankenpflege im NS und in der BRD
Jamila A. Roth (Universität Kassel): Die Pflegerinnen der hessischen Landesheilanstalten in der Zeit des Nationalsozialismus

Pause: 13:00 – 14:00

Panel 3 14:00-15:30
Yves Müller (Universität Hamburg): „Menschenmaterial für die SA“. Zur Bedeutung der Kategorie Geschlecht für die nationalsozialistische Besatzungspolitik 1939-1945
Vanessa Eisenhardt (Ruhr-Universität Bochum): Das Sonderkommando R[ussland] in Transnistrien, 1941-44

15:30 – 16:00 Abschlussdiskussion
16:00 Tagungsende

Kontakt

Sandra Franz
NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld, Friedrich-Ebert-Strasse 42
47799 Krefeld

sandra.franz@krefeld.de