Bildung und "Aufklärung(en)". Ideale und Realitäten - Epochen und Kulturen

Bildung und "Aufklärung(en)". Ideale und Realitäten - Epochen und Kulturen

Veranstalter
Anne Conrad / Alexander Maier / Christoph Nebgen / Jean-Marie Weber, Universität des Saarlandes, Saarbrücken; Universität Luxemburg
Veranstaltungsort
Campus C 7.4, 66123 Saarbrücken
Ort
Saarbrücken
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.03.2019 - 21.03.2019
Website
Von
Anne Conrad, Philosophische Fakultät, Institut für Katholische Theologie, Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Erziehung und Bildung spielten in allen Epochen, Kontexten und Kulturen eine zentrale Rolle. Sie dienten dazu, die Menschen in ihre jeweiligen sozialen und religiösen Kontexte einzuführen, den Status quo zwischen den Ständen und Gruppen zu erhalten, das menschliche Zusammenleben zu gestalten und die Ideale und Ziele von Gesellschaften und Religionen auch für die Zukunft zu sichern. Gängig ist dabei die Vorstellung, dass sich bis zum Beginn der Neuzeit Erziehung und Bildung vorrangig als Tradierung zeigten. So wurden der nachfolgenden Generation etwa handwerkliche Fertigkeiten durch Zeigen weitergegeben, geistige Werte, wie sie in wichtigen Texten, v.a. in ‚heiligen Schriften‘ fixiert waren, durch Memorisieren. Demgegenüber geht die Tagung zum einen der Frage nach, inwiefern sich parallel oder konkurrierend zu solch einer tendenziell tradierend-versichernden Erziehung auch Vorläufer ‚aufgeklärter‘ Bildung finden lassen, die dem Einzelnen nicht nur einen größeren Handlungsspielraum zubilligten, sondern auch mehr Eigenverantwortung abverlangten und persönlichen wie kulturellen Fortschritt propagierten: Wie weit sind hier Erziehungsideale und Prozesse zu finden, wie man sie gemeinhin der ‚Aufklärung‘ des europäischen 18. Jahrhunderts – dem ‚pädagogischen Jahrhundert‘ zuschreibt? Zum anderen wird danach gefragt, inwiefern die Bildungskonzepte seit dem 19. Jahrhundert als (kritische?) Rezeption des ‚aufgeklärten‘ Jahrhunderts zu verstehen sind. Hier wie dort wird nach Motiven, handlungsleitenden Werten und Orientierungspunkten, nach Akteurinnen und Akteuren gefragt sowie danach, welche Rolle Vernunft, Mensch, Welt oder Zukunft als ‚aufklärerischen‘ Kategorien zukommt.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachdisziplinen gehen dieser Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven nach, wobei die europäische ‚Aufklärung‘ des 18. Jahrhunderts als Ausgangspunkt und Maßstab zwar präsent ist, insbesondere aber vergleichbare Entwicklungen in früheren undspäteren Epochen und auch in außereuropäischen Kulturen in den Blick genommen werden, um mögliche Konvergenzen oder Divergenzen aufzuzeigen.

Die Tagung wird veranstaltet von der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg, dem Institut für Historische Anthropologie e.V. und dem Arbeitskreis Vormoderne Erziehungsgeschichte (AVE) der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, dem Zentrum für Bildungsgeschichte am Historischen Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften (Historický ústav Akademie věd České republiky) und dem Kulturamt der Stadt Saarbrücken.

Programm

Dienstag, 19.3.19

9:00-9:30 Prof. Dr. Anne Conrad, Dr. Alexander Maier, Prof. Dr. Christoph Nebgen,
Dr. Jean-Marie Weber: Begrüßung und Einführung
9:30-10:10 Keynote: Prof. Dr. Wolfgang Sander (Gießen)
Aufklärung und Bildung in der Weltgesellschaft. Transkulturelle Traditionen und Perspektiven
Kaffeepause

Teil 1: Ausgangspunkte: Aufklärung, Bildung und Religion im 18. Jahrhundert

Sektion A
Moderation: Dr. Justus Nipperdey (Saarbrücken)
10:30-11:10 Katarzyna Pieper-Brandstädter (Bremen)
Die geistliche Adelselite als treibende Kraft der polnischen Aufklärung
11:10-11.50 Prof. Dr. Mariano Delgado (Fribourg)
Die „Philosophia Christi“ von Grégoire Girard (1765-1850) oder: Die Schwierigkeiten der katholischen Aufklärung in der Romandie
11:50-12:30 Prof. Dr. Christoph Nebgen (Saarbrücken)
Mit den Zöglingen auf Reisen – Der Blick auf konfessionelle Differenz in aufklärerischen Reiseberichten für die Jugend aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
Mittagspause
14:00-14:40 Dr. Julia Kurig (Hamburg)
Was weiß und kann das gebildete Subjekt? Delegitimierung und Rekonstruktion gelehrten Wissens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
14:40-15:20 Dr. Tomáš Kasper (Liberec/Berlin)
Philanthropismus und die Pädagogik in Böhmen im 18. Jahrhundert

Sektion B
Moderation: Dr. Andrea Hofmeister (Göttingen)
10:30-11:10 Dr. Annette Meyer (München)
Die Bildung des Menschengeschlechts. Der Bildungsbegriff in Konzepten der Menschheitsgeschichte im 18. Jh.
11:10-11:50 Dr. Sebastian Engelmann (Tübingen)
Der aufgeklärte Pietismus August Hermann Niemeyers. Ein verlorener Klassiker der Pädagogik
11:50-12:30 Dr. Alexander Tsygankov (Moskau)
Die „aufklärerische“ Frauenbildung in Russland in der Zeit von Katharina II.: Was muss man machen, um den aufgeklärten Menschen zu bilden?
Mittagspause
14:00-14:40 Michel Rocher M.A. (Halle)
Aufgeklärte Praxis? Die Umsetzung von Bildungskonzeptionen am Philanthropin in Dessau im Vergleich mit dem Pädagogium Regium des Halleschen Waisenhauses
14:40-15:20 Dr. Stefan Brüdermann (Bückeburg)
Pädagogische Reformen im Kleinstaat: Fürstin Juliane zu Schaumburg-Lippe (1787-1799) und die Philanthropie
Kaffeepause

Teil 2: Blickwechsel: Neue Perspektiven?
Moderation: Dr. Alexander Maier (Saarbrücken)

15:40-16:20 Prof. Dr. Johanna Eichner (Tübingen)
Kontinuität und Diversifizierung von Wissenschaftstraditionen im Islam
16:20-17:00 Prof. Dr. Anne Conrad (Saarbrücken)
Aufklärung, Bildung, Religion – und Gender?
19:00-20:00 Öffentlicher Abendvortrag im Rathaussaal der Stadt Saarbrücken
Prof. em. Dr. Wolfgang Reinhard (Freiburg)
Religion nach der Aufklärung
Moderation: Prof. Dr. Peter Burschel (Göttingen/Wolfenbüttel)

Mittwoch, 20.3.19

Teil 3: Bildung und „Aufklärung“ vor der Aufklärung? Kontinuitäten und Differenzen seit der Spätantike
Moderation: Prof. Dr. Christoph Nebgen (Saarbrücken)

9:00-9:40 Prof. Dr. Ines Weber (Linz)
Selbstveredelung und Perfektibilität. Das Bildungskonzept des Origenes und seine Rezeption in der Christentumsgeschichte
9:40-10:20 Dr. des. Marcel Bubert (Münster)
Die „Aufklärung“ des 13. Jahrhunderts. Alteuropäische Voraussetzungen für soziale Differenzierung, Säkularisierung und Autoritätskritik im Spätmittelalter
10:20-11:00 Prof. Dr. Stephanie Hellekamps (Münster)
Lehrerbildung am Gymnasium Paulinum in Münster. Professionalisierung und Rationalisierung einer Jesuitenschule im Zeitalter der Aufklärung.
Kaffeepause
11:20-12:00 Dr. Martin Holý (Prag)
Lux in tenebris? Aufklärerische Elemente des frühneuzeitlichen Bildungsmäzenatentums in den Ländern der Böhmischen Krone
12:00-12:40 Dr. Bénédicte de Maumigny-Garban (Angers)
Madame de Maintenon (1635-1719) et Saint-Cyr: Une pédagogie fondée sur la raison ou les prémices des Lumières
Mittagspause

Teil 4: Bildung und „Aufklärung“ nach der Aufklärung? Kontinuitäten und Differenzen im 19. und 20. Jahrhundert
Moderation: Dr. Peter Voss (Luxemburg)

14:00-14:40 Dr. Serge Tomamichel (Lyon/Chambéry)
La question de la modernisation de l’enseignement secondaire français au XIXe siècle. L’idéal des Lumières à l’assaut de l’empire du latin
14:40-15:20 Prof. Dr. Michael Hüttenhoff (Saarbrücken)
Der allseitig gebildete und sich bildende Mensch. Bildungstheoretische Elemente im Denken Wilhelm Traugott Krugs (1770-1842).
Kaffeepause
15:40-16:20 Dr. Anna Harbig (Bialystok), Dr. Wendelin Sroka (Essen)
Lernen im Zeichen von „Aufklärung“? Schulischer Anfangsunterricht in Österreich und in Preußen nach 1848
16:20-17:00 Dr. Alexander Maier (Saarbrücken)
Die Emanzipation des religiösen Subjekts – Religionsunterricht nach der Aufklärung
17:00-17:40 Dr. Jean-Marie Weber (Luxemburg)
Unterschiedliche Blicke auf die Lehrer-Schüler-Beziehung bei Rousseau. Die psychoanalytische Rezeption

Donnerstag, 21.3.19

Teil 5: „Aufklärung“ im Kulturtransfer?
Moderation: Dr. Elija Horn (Braunschweig)

9:00-9:40 Prof. Dr. Klaus Vollmer (München)
Was kann „Aufklärung“ durch Bildung im Japan der Frühen Neuzeit bedeuten?
9:40-10:20 Dr. phil. Marion Lerner (Reykjavík)
Konzepte von Bildung und Aufklärung im Reisebuch des Isländers Tómas Saemundsson
(1807-1841)
10:20-11:00 Zilola Khalilova (Taschkent/Usbekistan)
The path to modernization: Concepts of education and intellectual diversity in Turkestan
(19th – early 20th century)
Kaffeepause
11:20-12:00 Prof. Dr. Karénina Kollmar-Paulenz (Bern)
Religion - Aufklärung - Säkularisierung. Tibet und die mongolischen Regionen vom 18. bis zum frühen 20. Jh.
12:00-12:40 Dr. Dorothea Heuschert-Laage (Bern)
Bildung als nationale Erweckung: Neuverortung mongolischer Erziehung im frühen 20. Jahrhundert
Mittagspause
14:00-14:40 Prof. Dr. Annette Ullrich (Stuttgart)
Transcending European contexts: Lessons on Education, Migration, and Islam from South-East Asia

Schlussrunde

14:40-15:20 Aufklärung – eine anthropologisch-pädagogische Konstante?
Prof. Dr. Stephanie Hellekamps, Dr. Alexander Maier, Dr. Serge Tomamichel,
Prof. Dr. Ines Weber

Kontakt

Alexander Maier
Universität des Saarlandes, Philosophische Fakultät, Campus A 4.2
66123 Saarbrücken

amaier@mx.uni-saarland.de


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