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PROKLA 123
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Preis
Jahresabonnement (vier Hefte) DM 64.-

 

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Institution
PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
Land
Deutschland
Von
Schmidt, Dorothea

Inhaltsverzeichnis

Marx, Keynes und der globalisierte Kapitalismus

Inhaltsverzeichnis

PROKLA-Redaktion: Editorial

Michael Heinrich: Monetaere Werttheorie. Geld und Krise bei Marx

Klaus Draeger: Baustelle Neomarxismus. Die Regulationsschule und Robert Brenner zu den Turbulenzen in der Weltwirtschaft

Hansjoerg Herr: Keynes und seine Interpreten

Victoria Chick: Ueber Geld und Geldtheorien

Bernhard Emunds: Der Finanzkeynesianismus in der Tradition Hyman Minskys

Arne Heise: Postkeynesianische Finanzpolitik zwischen Gestaltungsoptionen und Steuerungsgrenzen

Elke Muchlinski: Paradigmenwechsel in der monetaeren Koordination von Zentralbanken?

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Christof Parnreiter: Globalisierung, Transformation und Neoliberalismus in Lateinamerika. Neue Literatur zum Thema

Summaries

Zu den AutorInnen

PROKLA-Redaktion

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Marx und Keynes

Die meisten Oekonomen, ebenso wie die meisten Politiker, glauben sowohl Marx als auch Keynes so gut zu kennen, dass eine Auseinandersetzung nicht mehr notwendig sei. Dabei wird aber im wesentlichen ein Schatz von Vorurteilen gepflegt: Marx gilt als Vertreter einer laengst ueberholten und widerlegten Arbeitswerttheorie, die zur Analyse des modernen Kapitalismus unbrauchbar sei, Keynes wird auf eine Wirtschaftspolitik des "Deficit-Spending" reduziert, von der man wisse, dass sie gescheitert ist. An derart verkuerzten Auffassungen sind allerdings die historisch dominierenden Vertreter des "Marxismus" wie des "Keynesianimus" nicht unbeteiligt sind. Sowohl der traditionelle Marxismus der Arbeiterbewegung (der im "Marxismus-Leninismus" seinen dogmatischsten Ausdruck fand) als auch die Vertreter der "keynesianischen" Wirtschaftspolitik der 60er und 70er Jahre lieferten nur ein hoechst verzerrtes Bild der theoretischen Ansaetze von Marx und Keynes. Dass beide die herrschenden oekonomischen Theorien nicht nur in ihren Ergebnissen, sondern bereits in ihrer Grundlagen kritisierten, ging in den popularisierten Auffassungen weitgehend verloren: im traditionellen Marxismus erscheint Marx lediglich als der bessere Vertreter der klassischen politischen Oekonomie, der die Arbeitswerttheorie endlich zum Nachweis der Ausbeutung benutzt; und im Rahmen des sog. IS-LM Modells, das auch heute noch in den meisten Lehrbuechern als "der Keynesianismus" gilt, schrumpft die Keynessche Theorie auf eine untergeordnete Ergaenzung zum nach wie vor gueltigen Grundmodell der Neoklassik zusammen.

Parallel zu den immer groesseren Problemen, mit denen sowohl linke, einem traditionellen Marxismus verhaftete Parteien als auch die verschiedenen Versuche keynesianischer Reformpolitik zu kaempfen hatten, wurden jedoch seit den 60er und 70er Jahren sowohl das Marxsche wie auch des Keynessche Werk neu diskutiert. Auf einer viel grundlegenderen Ebene wurde nun an die kritischen Intensionen von Marx und Keynes angeknuepft. Dabei wurde auch deutlich, dass Marx wie Keynes - wenn auch in jeweils ganz anderen theoretischen Kontexten - der herrschenden Lehre vorwarfen, in ihren kategorialen Grundbestimmungen vom Geld zu abstrahieren, in dem es lediglich auf seine Funktion als Recheneinheit und Tauschmittel reduziert wird. Durch diese Verkuerzung kann es sich Klassik wie Neoklassik erlauben allein "reale" (also nicht-monetaere Groessen) als die fuer die Oekonomie entscheidenden zu betrachten. Und erst diese Fiktion einer nicht-monetaeren Oekonomie macht es dann moeglich, den "Beweis" anzutreten, dass kapitalistische Wirtschaften prinzipiell krisenfrei seien. Dagegen hatte Marx bereits geltend gemacht, dass in der Vermittlung der Warenzirkulation durch das Geld die allgemeine Moeglichkeit der Krise begruendet liege.

In den Debatten der 70er und 80er Jahre wurde einerseits der "monetaere" Charakter der Marxschen Werttheorie herausgearbeitet, andererseits entstanden verschiedene Zweige einer "monetaeren" Interpretation der Keynesschen Theorie. Gerade angesichts der Internationalisierung des Finanzsystems in den 70er und 80er Jahren sowie der zunehmenden Finanzkrisen in den 90er Jahren erhalten diese monetaeren Ansaetze eine besondere Relevanz zur Analyse des gegenwaertigen Kapitalismus. Die PROKLA widmete diesen Debatten schon mehrere Hefte (vgl. Nr. 63 Geld, Juni 1986; Nr. 72 Marxismus ohne Marx, September 1988, Nr. 103 Vom Gelde, Juni 1996). Mit dem vorliegenden Heft werden diese Diskussionen fortgesetzt.

Michael Heinrich und Hansjoerg Herr unternehmen es in ihren Beitraegen Marx bzw. Keynes gegen die noch immer stark dominierenden traditionellen Interpretationslinien abzugrenzen und das urspruenglich vorhandene kritische Potential herauszuarbeiten. Klaus Draeger diskutiert zwei verschiedene marxistische Analysen der kapitalistischen Nachkriegsentwicklung: er konfrontiert Robert Brenners viel beachtete Studie zu den "Turbulenzen der Weltoekonomie" mit dem Ansatz der Regulationsschule. Victoria Chick untersucht von einer postkeynesianischen Position aus verschiedene Zugaenge zur Geldtheorie und begruendet ihr Konzept einer historisch vermittelten Theoriebildung, das den universalistischen Ansaetzen der Neoklassik wie auch eines neoklassisch gepraegten Keynesianismus diametral entgegen steht. Bernhard Emunds fuehrt in den "finanzkeynesianischen" Ansatz von Hyman P. Minsky und dessen Weiterentwicklung ein. Welche Konsequenzen der Postkeynesianismus fuer die Finanzpolitik, insbesondere das Problem der Staatsverschuldung hat, wird von Arne Heise diskutiert. Schliesslich beschaeftigt sich Elke Muchlinski mit einem zentralen Problem der internationalen Waehrungsbeziehungen, der monetaeren Koordination der Zentralbanken im tripolaren System von Dollar, Yen und D-Mark/Euro. Ausserhalb des Schwerpunkts erscheint von Christof Parnreiter ein Reviewartikel zu neuerer Literatur, die sich mit der neoliberalen Transformation in Lateinamerika auseinandersetzt.

SUMMARIES PROKLA 123, Vol. 31 (2001), No. 2

Michael Heinrich: Monetary Value Theory. Money and Crisis in Marxian Theory. In contrast to the traditional labor embodied theory of value a monetary approach to Marxian value theory is presented, stressing the ideas of value form analysis. Its implications for the theories of credit and crisis are discussed. It is shown, that Marx' "law of the tendency of the rate of profit to fall" cannot be held, but that this does no harm to a theory of crisis, developed on the basis of monetary value theory

Klaus Draeger: Neomarxism - a Construction Site. The Regulation School and Robert Brenner on Turbulences in the World Economy. The current slowdown of the US- and European economies alike and the persistent stagnation of the Japanese economy revitalized the debates on crisis theory. Explanations of "stages of capitalism" offered by the Paris Regulation School on the one hand and of the neomarxist debate inspired by the work of Robert Brenner on the other hand are reviewed. The notion of the viability of a new finance led accumulation regime (shareholder capitalism), put forward by Aglietta and Boyer, is strongly contested. The author criticizes as well the neomarxist debate as offering no alternative perspectives to exit the long downswing of the global economy. Neomarxism is portrayed as a construction site, with a strong need of input from politcal ecology and feminism to provide a proper analysis of contemporary capitalism as well as perspectives for alternative solutions.

Hansjoerg Herr: Keynes and his interpretations. Keynes started to develop a new economic paradigm that is different form the classical and neoclassical school. He stressed the role of effective demand, money, uncertainty and subjective expectations. Only the postkeynesian interpretation of Keynes follows the original ideas of Keynes. The IS-LM-model together with the neoclassical syntheses, the neokeynesian and the newkeynesian models reduce Keynes to short-run disturbances of the long-run neoclassical equilibrium.

Victoria Chick: Money and Theories on Money. Different ways of studying monetary theory are discussed. Chick compares the roles and functions, money acquires in the neoclassical general equilibrium model, in Keynesian as well as in circular flow theories. She argues in favour of an economic theory, which is open to historical time and the evolution of institutions. Otherwise economic theory will be depleted of social relevance.

Bernhard Edmunds Financial Keynesianism in the tradition of Hyman Minsky. Financial Keynesian with his emphasis on a broad definition of liquidity preference is presented. In addition, this article discusses financial influences on the business cycle. According to Hyman P. Minsky (1919-1996), the U.S. financial system amplifies economic upturns and downturns and widespread financial difficulties cause or accelerate the upper turning point. However, in countries with extensive stock and real estate markets, another financial influence seems to be possible today: intensive speculation slows down the upturn because the enormous amounts of money that are used to speculate worsen the lending conditions of investing firms.

Arne Heise: Post-Keynesian politics of public finance. The public budget has always been a much debated object at the political level as well as in academia. This is not surprising as it mirrors the political intentions and ideologies of those running the government on the one hand and taking into account that economics is a multiparadigmatic science on the other hand. Against this backcloth, the current unambiguity of budgetary restriction in recent political and scientific debates seems curious. The paper aims at explaining this development and questions its validity by framing a concept of budgetary sustainability on the grounds of a heterodox, post Keynesian model.

Elke Muchlinski: Monetary Coordination - Considering Historical Aspects This paper introduces a theoretical outline defining the old and new configuration of tripolarity of currencies as an important framework to monetary coordination. The theoretical outline encompasses three dimensions: (i) the designation of unequal, but dominant currencies, which (ii) is itself determined by the international functions of money, and (iii) monetary coordination addressed to central bank policy and exchange rate management. The paper is limited to special remarks regarding these dimensions against certain historical backgrounds. It reviews literature emphasizing that economic interdependencies are no longer identified merely as restrictions on domestic macropolicy as it were throughout the past decades.

Christof Parnreiter: Globalization, Transformation and Neoliberalism in Latin America. With the debt crisis of 1982 fundamental transformations began in Latin America. State centered forms of development were abandoned in favour of liberal strategies, oriented to the world market. New literature discussing this transformation process and its outcomings is reviewed

Zu den AutorInnen

Victoria Chick lehrt Oekonomie am University College London, v.chick@ucl.ac.uk Bernhard Emunds kath. Theologe und Oekonom, ist Studienleiter der Katholischen Akademie Rabanus Maurus in Frankfurt/M., emunds@KARM.de

Klaus Draeger ist Sozialwissenschaftler und wiss. Mitarbeiter der Fraktion der Vereinten Europaeischen Linken/Nordische Gruene Linke Europaeischen Parlament, kdrager@europarl.eu.int

Michael Heinrich ist Mathematiker und Politologe, Mitglied der PROKLA- Redaktion, m.heinrich@prokla.de

Hansjoerg Herr lehrt Volkswirtschaft an der Fachhochschule fuer Wirtschaft Berlin, hansherr@fhw-berlin.de

Arne Heise lehrt Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversitaet Wien, Arne.Heise@wu-wien.ac.at

Elke Muchlinski arbeitet am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der FU Berlin, Elke.Muchlinski@wiwiss.fu-berlin.de

Christof Parnreiter ist Wirtschaftshistoriker, arbeitet am Institut fuer Stadt- und Regionalforschung an der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften, Christof.Parnreiter@oeaw.ac.at

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