Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern 8 (2004), 1

Titel der Ausgabe 
Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern 8 (2004), 1
Weiterer Titel 
Krieg

Erschienen
Rostock 2004: Ingo Koch Verlag
Erscheint 
zwei Ausgaben pro Jahr, jeweils im Juli und Dezember
ISBN
1434-1794
Anzahl Seiten
140 S.
Preis
6,00 €

 

Kontakt

Institution
Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern
Land
Deutschland
c/o
Geschichtswerkstatt Rostock e.V. Kröpeliner Tor 18055 Rostock Tel.: 0381-1216415 Fax: 0381-3607240
Von
Bispinck, Henrik

Editorial

Es brauchte lange, bis wir Ihnen nun diese Ausgabe von Zeitgeschichte regional – umfänglicher als üblich – vorlegen konnten. Inzwischen ist der Sommer des Jahres 2004 Vergangenheit, in dem an vielen Orten Deutschlands und in unterschiedlichen Formen an die "Männer des 20. Juli" 1944 erinnert wurde.
Keine Frage, der Zweite Weltkrieg und damit im Zusammenhang die nationalsozialistische Herrschaft sind wegen der Folgen und ihrer bis heute spürbaren Präsenz aus dem öffentlichen und privaten Bewußtsein der Deutschen nicht wegzudenken. Gleichwohl ist dadurch eine historische Erfahrungsschicht überlagert, die wahrzunehmen für das Verständnis des vergangenen Jahrhunderts unverzichtbar ist. Vor 90 Jahren, im Sommer des Jahres 1914, nahm mit dem Beginn eines Krieges zwischen den Mächten der Entente um die Republik Frankreich, das Britische Empire und das Russische Zarenreich auf der einen und den sogenannten Mittelmächten um das Deutsche Kaiserreich und die K. u. K.-Monarchie Österreich-Ungarn auf er anderen Seite eine Entwicklung ihren Anfang, die sich zu einem Weltkrieg und in die „Urkatastrophe es 20. Jahrhunderts“ auswachsen sollte. Das Unvermögen, die der Potenz menschlichen Handelns innewohnende Gefährlichkeit in ihrer Wechselwirkung zu erkennen und adäquat zu berücksichtigen, brachte angesichts der quantitativ und qualitativ potenzierten technischen Fähigkeiten und Ziele Millionen und aber Millionen Menschen seit 1914 den Tod.
Krieg wird als Thema in diesem Heft immer wieder auftauchen. Sehr persönliche Sichten darauf treten bei der Lektüre von Feldpostbriefen und anderen „Ego-Dokumenten“ zutage, die von Matthias Manke unter Bezugnahme auf Quellen aus dem Landeshauptarchiv Schwerin behandelt werden. Die Tragweite ihrer Entscheidung für einen Krieg zu überblicken, waren die politisch Verantwortlichen 1914 nicht in der Lage. Damit standen und stehen sie in der Geschichte nicht allein. Diese mit dem Duktus einer Binsenweisheit daherkommende Feststellung birgt bei genauerer Betrachtung einige Brisanz, steht doch dahinter das grundsätzliche Hinterfragen von Machtansprüchen. Im 20. Jahrhundert waren die Beispiele Legion, da – Beleg für die Begrenztheit des menschlichen Horizonts in einer komplexen Welt – die Ergebnisse von Entscheidungen ihren Intentionen entgegenstanden. Wolf Karge geht am Beispiel der Überlieferung der Zentralstelle für Frauenarbeit in Mecklenburg-Schwerin aus den Jahren 1917-1919 der Frage nach, welche Bedeutung die während des Ersten Weltkrieges erzwungene massenhafte Mobilisierung von Frauenarbeitskraft als Ersatz für die in den Millionenheeren verblutenden Männer für die Frauenemanzipation hatte.
Dem Bombenkrieg, der seit den 1930er Jahren die Unterscheidung von Front und Hinterland zunehmend aufhob und die Zivilbevölkerung in neuen Formen und Dimensionen dem Kriegsgeschehen aussetzte, galt in historiographischen Darstellungen der letzten Jahre verschiedentlich besondere Beachtung. An dieser Stelle wird in zwei Beiträgen der Behandlung alliierter Flieger, die in deutsche Gefangenschaft geraten waren, nachgegangen. Gewissermaßen aus erster Hand erhalten wir Informationen über die Geschichte eines Kriegsgefangenenlagers für gefangenes alliiertes Fliegerpersonal bei Barth, dem sogenannten Stalag Luft 1 von Helga Radau und Martin Albrecht. Bernd Kasten hingegen rekonstruiert den Mord an amerikanischen Fliegern, die 1944 über Mecklenburg abgesprungen waren. Das Landesgedenkstättenseminar Mecklenburg-Vorpommern im Mai 2004 war der Auseinandersetzung mit dem Diskurs über die deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges gewidmet. Andreas Wagner zieht eine Bilanz.
Neben dem Themenschwerpunkt erfährt die Entwicklung des evangelisch-kirchlichen Lebens in Pommern eine – gleich mehrfache – Würdigung durch Friedrich Winter, der den ökumenischen Aufbruch der Pommerschen Evangelischen Kirche nach 1945, durch Christoph Wunnicke, der in einem Rückblick auf den Kirchentag vom Juni 1978 in Stralsund die politischen Rahmenbedingungen verdeutlicht, unter denen Kirche in der DDR seit den 1970er Jahren agierte und durch Karin A. Oehlmann, die ein Lebensbild Stephanie Mackensens von Astfeld in der pommerschen bekennenden Kirche skizziert.
Auch Uwe Kiel mit seiner Darstellung der jüngeren Geschichte des Greifswalder Stadtarchivs und Uta Rüchel mit ihrer Längsschnittbetrachtung der Entwicklung des Denkmalschutzes in Stralsund in verschiedenen politischen Systemen von der Weimarer Republik bis zum Ende der DDR bleiben mit ihrem Gegenstand in Vorpommern.
Wie immer wird auch in diesem Heft der Darstellung historischer Projektarbeit Raum gegeben.
Vor allem auf dem Territorium des heutigen Mecklenburg-Vorpommern befanden sich die Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück. Die gegenwärtige Situation des Umgangs mit diesem Teil der Geschichte jener Orte analysiert Alexandra Klein in ihrem Beitrag. Rolf Feige und Andreas Handy referieren jeweils über ihre in Nordvorpommern und im Müritzkreis realisierten historisch-politischen Bildungsprojekte, die aus dem Förderprogramm CIVITAS des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit unterstützt wurden. Auf die Initiative von Politische Memoriale e.V. geht der Runde Tisch „historisch-politische Bildungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern“ zurück, der zahlreiche Bildungsträger und –initiativen aus Mecklenburg-Vorpommern zu einer themenbezogenen Zusammenarbeit, etwa zur Erarbeitung eines aktuellen Gedenkstättenführers, versammelt. Michael Thoß und Andreas Wagner stellen die Idee im einzelnen dar.
Neuigkeiten aus der Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns werden aus dem Stadtarchiv Güstrow vermeldet. Aus anderen Bundesländern stellen Andreas Kurschat und Victoria Overlack Projekte vor, die „evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts“ und Hamburger Kirchgemeinden in der NS-Zeit untersuchen werden.
Wie gewohnt, werden Ihnen auch in diesem Heft zahlreiche jüngst erschienene Titel mit Bezug zur Zeitgeschichte unseres Landes per Annotation und Rezension vorgestellt, um die Informationspalette abzurunden.
In der Hoffnung, daß Sie durch die Qualität dieser Ausgabe und der Beiträge für die Wartezeit entschädigt sind, wünschen wir Ihnen eine anregende Lektüre.

Ihre Redaktion.

Inhaltsverzeichnis

Das Thema

- Wolf Karge:
Der Erste Weltkrieg und die Emanzipation der Frau. Die Zentralstelle für Frauenarbeit in Mecklenburg-Schwerin 1917 bis 1919

- Matthias Manke:
Feldpostbriefe im Landeshauptarchiv Schwerin

- Bernd Kasten:
"Auf der Flucht erschossen". Die Ermordung abgesprungener amerikanischer Flieger in Mecklenburg 1944

- Helga Radau / Martin Albrecht:
"Wir wachten eines Morgens auf, und die Wachen waren verschwunden." Aus der Geschichte des Stalag Luft I Barth

Aufsätze

- Uwe Kiel:
"Bezüglich des Greifswalder Stadtarchivs sind wir wieder einmal gründlich überrascht worden." Die Wiedereinrichtung des Stadtarchivs Greifswald vor 50 Jahren

- Uta Rüchel:
Denkmalschutz und Macht. Die Entwicklung des Denkmalschutzes in Stralsund zwischen 1930 und 1990

- Friedrich Winter:
Kirche zwischen den Fronten. Der ökumenische Aufbruch der Pommerschen Evangelischen Kirche nach 1945

Dokumente

- Matthias Manke:
Die Widerspiegelung des Zweiten Weltkrieges in Ego-Dokumenten aus mecklenburgischen Verwaltungsakten

- Christoph Wunnicke:
"Auf der Suche nach Leben." Das MfS, die Westmedien, die CDU und auch ein wenig Friedensbewegung. Der Kirchentag in Stralsund vom 16. bis 18. Juni 1978

Biographische Skizze

- Karin A. Oehlmann:
"Der einzige Mann der pommerschen Bekennenden Kirche". Stephanie Mackensen von Astfeld (1894-1985) im Kirchenkampf

Regionale Geschichtsarbeit

- Alexandra Kiel:
Gedenkstätten an Orten ehemaliger Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück in Mecklenburg-Vorpommern. Kennzeichnung, Zustand und Wahrnehmung

- Rolf Feige:
Wer das Gestern versteht - kann das Morgen verändern! Projektkoffer für Geschichtswerkstätten

- Andreas Handy:
Denk-mal-Ort im Schatten. Ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern und des Christlichen Jugenddorfwerkes Waren (Müritz)

- Falk Bersch:
"Jehovas Zeugen in der DDR" - eine Wanderausstellung

- Andreas Wagner:
Deutsche Opfer? Bombenopfer, Flüchtlinge und Vertriebene im aktuellen Erinnerungsdiskurs der Bundesrepublik. Landesgedenkstättenseminar am 7./8. Mai in Binz

Historisches Lernen

- Michael Thoß / Andreas Wagner:
Runder Tisch "Historisch-politische Bildungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern"

Archivmitteilungen

- Petra Langkau: Das Stadtarchiv Güstrow

Aus anderen Bundesländern

- Andreas Kurschat:
Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Ein Forschungsprojekt

- Victoria Overlack:
Hamburger Kirchengemeinden in der NS-Zeit. Ein Projekt des Kirchenkreises Alt-Hamburg

Rezensionen / Annotationen

- Martin Guntau (Hg.), Mecklenburger im Ausland. Historische Skizzen zum Leben und Wirken von Mecklenburgern in ihrer Heimat und in der Ferne (Wolf Karge)

- Bürgerstolz. 1841 - 1903 - 2003. Museum in Rostock (Wolf Karge)

- Angelika Schmiegelow Powell (Hg.), Güstrow im 20. Jahrhundert. Geschichte und Geschichten einer mecklenburgischen Kleinstadt - 75 Augenzeugenberichte (Peter Starsy)

- Mechthild Hempe: Ländliche Gesellschaft in der Krise. Mecklenburg in der Weimarer Republik (Bernd Kasten)

- Arnold Wiebel (Hg.), Rudolf Hermann - Erich Seeberg. Briefwechsel 1920-1945 (Reinhold Garbe)

- Sven Reichardt: Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA (Kurt Schilde)

- Bernhard Strebel, Das KZ Ravensbrück. Geschichte eines Lagerkomplexes (Martin Albrecht)

- Jörg Friedrich, Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945 (Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)

- Arnaud Liszka / Reno Stutz (Hg.), B. 304. Französische Geistliche in einem Rostocker Kriegsgefangenenlager - Eine Chronik 1941-1945 (Ulrike Winkler)

- Martin Holz, Evakuierte, Flüchtlinge und Vertriebene auf der Insel Rügen 1943-1961; Ingrid Kliß: Wie ich das salzige Wasser gehaßt (Andreas Wagner)

- Kriegsgräberstätte Golm. Lernort der Geschichte, hg. vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Irmfried Garbe)

- Constantin Goschler / Jürgen Lillteicher (Hg.), "Arisierung" und Restitution. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in Deutschland und Österreich nach 1945 und 1989 (Matthias Manke)

- Ulrich Herbert (Hg.), Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980 (Tobias Sander)

- Heidi Behrens / Andreas Wagner (Hg.), Deutsche Teilung, Repression und Alltagsleben. Erinnerungsorte der DDR-Geschichte (Bert Pampel)

- Rainer Eppelmann / Bernd Faulenbach / Ulrich Mählert (Hg.), Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung (Christoph Wunnicke)

- Helmut Reinke, Weil wir hier zu Hause sind. Die zwei Leben einer Zeitung - 50 Jahre Ostsee-Zeitung (Frank Petzold)

- Hagen Findeis, Das Licht des Evangeliums und das Zwielicht der Politik. Kirchliche Karrieren in der DDR (Christoph Wunnicke)

- Aulikki Mäkinen, Der Mann der Einheit. Bischof Friedrich-Wilhelm Krummacher als kirchliche Persönlichkeit in der DDR in den Jahren 1955-1969 (Johanna Hertzsch)

- Carmen Rohrbach, Solange ich atme. Dramatische Flucht über die Ostsee ans "Ende der Welt". Ein Lebensbericht (Christoph Wunnicke)

- Wolfgang Eichwede (Hg.), Forschungsstelle Osteuropa: Samisdat. Alternative Kultur in Zentral- und Osteuropa: Die 60er bis 80er Jahre (Christoph Wunnicke)

- Ulrich Wiegmann, Machtprobe: die Staatssicherheit und der Kampf um die Schule in M...z (Henrik Bispinck)

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