Krieg, Besatzung und sozialer Umbruch im „langen Jahrzehnt“ der 1940er

Krieg, Besatzung und sozialer Umbruch im „langen Jahrzehnt“ der 1940er

Veranstalter
Universität Luxemburg
Veranstaltungsort
Centre National de l'Audiovisuel
Ort
Dudelange
Land
Luxembourg
Vom - Bis
23.10.2015 - 24.10.2015
Deadline
01.06.2015
Website
Von
Sonja Kmec

1945 wird oft als tiefer Einschnitt gesehen. Während die bedingungslose Kapitulation des Dritten Reichs als „Stunde Null“ für Deutschland gilt, wird die Befreiung der besetzten Gebiete ebenso als Neubeginn unter anderen Voraussetzungen gewertet. Diese Deutung blendet jedoch gewisse Kontinuitäten, Traumata und Vergeltungsmaßnahmen der Nachkriegszeit aus, die man nur verstehen kann, wenn man das gesamte Jahrzehnt in Betracht zieht. Außerdem ermöglicht es diese Herangehensweise, den tiefgreifenden sozialen Wandel zu erfassen, der die Zeit zwischen dem Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs und dem Beginn des Kalten Krieges prägt.

Ausgangspunkt der Tagung ist der Kinostart eines luxemburgischen Films mit dem Titel Eng nei Zäit (dt.: Eine neue Zeit). Dieser von Samsa Film produzierte Spielfilm geht von einer realer Begebenheit der Nachkriegszeit aus: der Ermordung einer Bauernfamilie deutscher Herkunft, deren Mitglieder von ihren luxemburgischen Nachbarn als Kollaborateure angesehen waren. Der Film folgt der überhasteten polizeilichen Ermittlung und zeigt auf, wie die gesellschaftliche Struktur durch den Krieg aus den Fugen geriet und zerrüttet bleibt, auch nach der Wiederherstellung der alten Ordnung und der vermeintlichen Normalisierung in Friedenszeiten.

Bis vor kurzem wurde der Zweite Weltkrieg in Luxemburg wie eine schmerzhafte Klammer dargestellt, in der die Nation, geeint in ihrem Widerstand gegen den Besatzer, ihre Vollendung findet. Neuere Forschungen beschäftigen sich auf der einen Seite mit einer Differenzierung der unterschiedlichen Phasen der Besatzung, den Brüchen innerhalb der Luxemburger Gesellschaft und bisher weniger behandelten Aspekten, wie Kollaboration oder Judenverfolgung. Auf der anderen Seite, bildet die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg (in Monumenten und Gedenkzeremonien, Museen, Filmen und Literatur, sowie im Familiengedächtnis) auch ein breites Forschungsfeld.

Diese Tagung möchte Besatzungs- und Erinnerungsforschung in Verbindung bringen, um dabei die Zäsur der Befreiung kritisch zu hinterfragen und Kontinuitäten auf politischer, ideologischer, kultureller und wirtschaftlicher Ebene zu beleuchten. Welche Umbrüche fanden ihren Anfang in den Kriegsjahren, prägten die europäischen Gesellschaften aber nachhaltig während der Zeit des Wiederaufbaus?

Folgende Schwerpunkte sollen auf der Tagung erörtert werden, sowohl aus historischer Sicht wie auch mit Bezug auf mediale Darstellungen:

- Gesellschaftliche, rechtliche und politische Ausschlussprozesse im Nationalsozialismus und danach (épuration)
- Projekte nationaler Erneuerung : die politische Rolle der Resistenzbewegungen in den 1940er.
- Exilregierungen : auf der Suche nach internationaler Anerkennung und nationaler Legitimierung.
- Kriegswirtschaft : Zerstörungen, Wiederaufbau, Kriegsgewinnler.
- Gesellschaftlicher Wandel: ein Emanzipationsschub für Jugend und Frauen?

Die Tagung nimmt zwar die Situation Luxemburgs als Ausgangspunkt, möchte diese aber im internationalen Kontext und Vergleich untersuchen und sucht nach Beiträgen, die ähnliche Situationen in anderen europäischen Gegenden behandeln.
Die Vorträge können auf Deutsch oder Französisch gehalten werden. Wir bitten interessierte Personen einen Abstract von 3.000 bis 5.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) sowie ihr Curriculum Vitae bis zum 1. Juni 2015 an folgende Adresse zu schicken: sonja.kmec@uni.lu.

Die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird Mitte Juni festgelegt. Abgabetermin der Vortragstexte ist der 25.9.2015. Die Veranstalter übernehmen die Hälfte der Transport- und Übernachtungskosten.

Organisation : Dr. Vincent ARTUSO, Prof. Dr. Sonja KMEC

Programm

Kontakt

Sonja Kmec

Universität Luxemburg Historisches Institut
L-7220 Walferdange
00352 466644 6745

sonja.kmec@uni.lu


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