Let’s historize it! Jugendmedien im 19. und 20. Jahrhundert

Let’s historize it! Jugendmedien im 19. und 20. Jahrhundert

Veranstalter
Lehrstuhl für Kultur- und Mediengeschichte der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Clemens Zimmermann, Dipl. Kulturwiss. Aline Maldener
Veranstaltungsort
Villa Lessing
Ort
Saarbrücken
Land
Deutschland
Vom - Bis
08.09.2016 - 09.09.2016
Deadline
01.02.2016
Von
Aline Maldener (Dipl.-Kulturwiss.)

Die Historisierung von Jugendmedien steckt noch weitgehend in den Kinderschuhen. Nicht nur in der deutschen, auch in der internationalen Geschichtswissenschaft werden Jugendmedien kaum als eigene Gattung wahrgenommen. Auch in der historischen Publikumsforschung bilden Jugendliche noch einen blinden Fleck, während Frauen oder Arbeiter als spezifische Publiken durchaus bereits fester Bestandteil des akademischen Kanons geworden sind.

Sowohl in einschlägigen Überblicksdarstellungen zur deutschen (Bösch 2011) als auch in Handbüchern zur britischen und US-amerikanischen Mediengeschichte (Fellow 2013, Briggs and Burke 2010, Williams 2010) wurden Jugendmedien als eigenes Forschungsfeld vollkommen ausgespart. Jedoch verfügt zumindest die britische Geschichtswissenschaft (Osgerby 2004) über eine Pionierstudie, die Jugendmedien und ihre Historizität aus kommunikationsgeschichtlicher Perspektive für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts beleuchtet.

Zumeist existieren allerdings nur Studien zu spezifischen Jugendmediengattungen oder konkreten Einzelmedien. So finden sich bereits Abhandlungen zum Jugendradio in der DDR (Heiner Stahl 2010), zum Jugendradioprogramm des NDR und BBC (Hilgert 2015) sowie AFN (Schäfers 2014), weiterhin Studien zur Repräsentation von Gender in Jugendzeitschriften (MacRobbie 1994). Daneben dominieren in der deutschen Geschichtsschreibung Abhandlungen zu sog. „Schmutz- und Schunddebatten“ des 19. und frühen 20. Jahrhunderts (Maase 2012).

Vor diesem Hintergrund möchte der geplante Workshop grundsätzlich das Verhältnis von „Jugend“ und „Medien“ ausleuchten und eine wissenschaftlich operationalisierbare Definition von „Jugendmedien“ finden. Es stellt sich die Frage, ab wann und inwiefern Jugendliche überhaupt als eigene Rezipienten- und Zielgruppe von Medien, als spezifisches Publikum, jenseits ihres familiären Kontextes auftraten und sich jugendspezifische Medienformate und industrielle Teilmärkte entwickelt haben.

In diesem Zusammenhang soll die Spezifität von Jugendmedien thematisiert werden. Inwiefern handelt es sich bei diesen Medien um innovative Produkte, um vollkommen neu entstandene Formate, oder lediglich um Weiterentwicklungen und Ausdifferenzierungen bereits etablierter (Erwachsenen-)Medien, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt auch für jugendliche Rezipienten geöffnet haben? Mit dieser Frage soll das im Rahmen historischer Populärkulturforschung stets geforderte Zusammendenken von Produktions- und Rezeptionsebene populärkultureller Phänomene berücksichtigt und die unterschiedlichen Rollen und Funktionen von Jugendmedien-Machern und -Nutzern nachgezeichnet werden: Waren Jugendmedien emanzipative Produkte von Jugendlichen für Jugendliche? Oder doch eher Produkte mit pädagogisierend-didaktischem Impetus von Erwachsenen für Jugendliche?

Stellen wir uns ferner die Frage nach der Eigenheit von Medien als Jugendmedien, wird eines sehr deutlich: Die Geschichte von Jugendmedien steht nicht im luftleeren Raum. Es soll eine Sozial- und Kulturgeschichte von Jugendmedien verfolgt und erstmals eine Langzeitperspektive für das 19. und 20. Jahrhundert eingenommen werden. Insofern möchte der geplante Workshop auch im Sinne einer integrativen Mediengeschichte die Rolle von Jugendmedien als Indikatoren für soziokulturellen und soziopolitischen Wandel thematisieren und dabei u.a. eruieren, was uns Debatten rund um Jugendmedien über die Stabilität von Demokratien verraten, was sie über soziale Missstände aussagen oder inwiefern sie als Teil einer allgemeinen Krisenwahrnehmung und -rhetorik zu verstehen sind.

Insgesamt sollen Jugendmedien sowohl in ihren Inhalten und ihrer Ästhetik als auch in ihrer Eingebundenheit in soziopolitische wie sozioökonomische Rahmenbedingungen thematisiert werden, um den Status von Jugendmedien als soziokulturelle Akteure deutlich zu machen. Dabei können auch Kontexte, Strategien und Herangehensweise der Mediennutzung eine Rolle spielen.

Erwünscht sind einerseits Beiträge zu sog. „Alternativ- bzw. Underground-Medien“, d.h. nicht- oder lediglich semi-kommerzielle Produkte, die als eine Art „Selbstverständigungsorgan“ spezifischer jugendkultureller Milieus dienen konnten. In Betracht kämen zum Beispiel szenespezifische Fanzines, Comics oder auch politische motivierte, „gegenkulturelle“ Publikationen wie Szenehefte, Plakate o.ä.

Andererseits sollen auch kommerzielle (Massen-)Medien, d.h. industriell gefertigte und geprägte Produkte mit hohen Auflagezahlen und großer Reichweite eine Rolle spielen. Zu denken wäre hier an Mainstream-Medien wie Jugendzeitschriften, Jugendsendungen im Fernsehen oder Radio sowie Jugendfilme im Kino.

Auch Einlassungen zu jugendadressierten Publikationen von kirchlichen Verbänden, pädagogischen Institutionen, Gewerkschaften, Vereinen o.ä. sind denkbar.

Hoch willkommen sind ebenfalls Beiträge, die komparativ oder transferhistorisch arbeiten oder intermediale Wechselwirkungen und unterschiedliche flows herausstellen. In diesem Zusammenhang können insbesondere Möglichkeiten der historischen Analyse von audiovisuellen Jugendmedien diskutiert werden, angefangen bei frühen Jugendfilmen bis hin zur Ende des 20. Jahrhunderts sich entwickelnden video- und computerspiel-basierten Gaming Culture.

Der Workshop richtet sich ausdrücklich an NachwuchswissenschaftlerInnen, vorzugsweise aus der Geschichtswissenschaft, aber auch aus historisch arbeitenden Nachbardisziplinen wie Kultur- und Sozialwissenschaften, Pädagogik u.a.

Programm

Den TeilnehmerInnen stehen insgesamt 45 Minuten für Vortrag (20 Min.) und Diskussion (25 Min.) zur Verfügung.

Ein Exposee, das den geplanten Beitrag auf max. 2 Seiten skizziert, sowie ein Kurz-CV sind bis zum 01. Februar 2016 an folgende Email-Adresse: aline.maldener@uni-saarland.de zu senden.

Der Workshop findet am Donnerstag und Freitag, den 08./09. September 2016, in der Villa Lessing in Saarbrücken statt. Die Kosten für Anreise und Unterkunft werden den TeilnehmerInnen anteilig zurückerstattet. Als Ergebnis des Workshops ist eine zusammenfassende Publikation der Beiträge in Form eines Sammelbandes geplant.

Genaue Informationen zum Programm werden in Kürze unter www.kmg.uni-saarland.de bekannt gegeben.

Kontakt

Aline Maldener

Historisches Institut, Lehrstuhl für Kultur- und Mediengeschichte
Universität des Saarlandes, 66041 Saarbrücken
+49 681 302 6573
+49 681 302 6576
aline.maldener@uni-saarland.de

http://www.kmg.uni-saarland.de/
Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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