Das Reich und Großbritannien 1650-1850. Ideen- und kommunikationsgeschichtliche Zugänge einer Entangled History

Das Reich und Großbritannien 1650-1850. Ideen- und kommunikationsgeschichtliche Zugänge einer Entangled History

Veranstalter
Stefan Ehrenpreis / Niels Grüne
Veranstaltungsort
Senatssitzungssaal der Universität Innsbruck (Hauptgebäude, Innrain 52)
Ort
Innsbruck
Land
Austria
Vom - Bis
17.02.2016 - 18.02.2016
Website
Von
Niels Grüne

Die Frage nach historischen Beziehungs- und Kreuzungsmomenten zwischen verschiedenen Gesellschaften wird in der Forschung seit Längerem unter dem Programm einer "entangled history" behandelt. Der Ansatz geht von wechselseitigen Einwirkungen aus, die sich weniger im engeren Sinne politisch, sondern vor allem sozialkognitiv und mental manifestierten. In Europa erfuhr die überregional vergleichende Rezeption nach Mitte des 17. Jahrhunderts einen spürbaren Schub, nicht zuletzt da ältere mächtepolitische oder konfessionelle Stereotype an Erklärungskraft einbüßten. Bis etwa 1850 vollzog sich im Zeichen von Aufklärung, Revolutionserfahrung und Romantik dann eine transnational eingebettete Neuformierung grundlegender Wertkategorien. Außerdem nahmen in dieser Phase die medialen Vermittlungsmöglichkeiten und migrationsbedingten Austauschprozesse erheblich zu.

Auf der Tagung werden ausgewählte Felder, Techniken und Funktionen des Kulturtransfers speziell zwischen dem deutschsprachigen Mitteleuropa und der britischen Welt beleuchtet, deren Kontakten die Fachdiskussion meist keine zentrale Beachtung schenkt. Das Alte Reich bzw. seine Territorien und Großbritannien waren zwar nicht direkt benachbart, gelten als institutionell und gesellschaftlich disparat verfasst und in globaler Dimension als höchst ungleich engagiert. In einem erweiterten beziehungsgeschichtlichen Horizont treten jedoch Wahrnehmungsdynamiken hervor, die in ihrer Intensität oftmals unterschätzt werden.

Aus unserer Perspektive, die geschichts- und kulturwissenschaftliche Zugriffe kombiniert, richtet sich das Augenmerk vorrangig auf langfristig prägende Verflechtungen und die Rezeption sozialer und herrschaftlicher Entwicklungen. Die beiden geographisch-politischen Referenzpunkte "Reich" und "Großbritannien" sollen nicht so sehr als staatliche Entitäten, vielmehr als Räume distinkter Ordnungsmuster begriffen werden, welche die zeitgenössischen Beobachter in Hinsicht auf Gemeinsamkeiten und Differenzen sowie Selbstvergewisserungs- und Adaptionspotentiale reflektierten. Unter diesem Blickwinkel wandelt sich der 'Systemvergleich' von einer retrospektiven Analysemethode zu einer denk- und handlungsleitenden Kommunikationskategorie auf der Akteursebene.

Anhand konkreter Berührungen politischer, wirtschaftlicher, religiöser und intellektueller Art sollen die Träger, Medien, Kontexte, Inhalte und Folgen der beiderseitigen Wahrnehmung und der Umgang mit den jeweils 'anderen' Ordnungsmodellen rekonstruiert werden. Innerhalb dieses Themenspektrums fokussiert die Tagung auf kulturelle Begegnungen im Rahmen von Ideentransfers, Vermittlungen politisch-sozialer Konzepte, Textübersetzungen und literarischen Anleihen.

Programm

Mittwoch, 17. Februar 2016

14.00 Uhr
Begrüßung

14.30-15.00 Uhr
Stefan Ehrenpreis / Niels Grüne: Einführung

15.00-16.30 Uhr:
Elena Taddei (Innsbruck): „Mary of Modena“: Eine Katholikin aus Reichsitalien als Königin von Großbritannien (1685-1688)
Tom Tölle (Princeton / Cambridge): Das Sterben der Erben: Das europäische Problem dynastischer Kontinuität zwischen Wien und London um 1700

17.00-18.30 Uhr:
Stefan Ehrenpreis (Innsbruck): Deutsche Übersetzungen englischer religiöser Texte 1650-1700
Alexander Schunka (Berlin): Irenik und frühe Anglophilie: Deutsche Protestanten und die "Church of England" um 1700

Donnerstag, 18. Februar 2016

9.00-10.30 Uhr:
Robert Rebitsch (Innsbruck): Hohe Politik oder Alltagsgeschäfte? Berichte des kaiserlichen Gesandten Johann Wenzel von Gallas aus London
Claus Oberhauser (Innsbruck): Der Stift des Schicksals. Alexander (Maurus) Horns (1762-1820) Denkschrift über den Reichsdeputationshauptschluss und seine Korrespondenz mit britischen Diplomaten und schottischen Benediktinern

11.00-12.30 Uhr:
Nina Schweisthal (Trier): Das Reich und die Revolutionen in England. Rezeptionsgeschichtliche Studien zum transnationalen Herrschaftsdiskurs der Frühen Neuzeit
Niels Grüne (Freiburg i. Br. / Innsbruck): Ideentransfer und politische Rhetorik. Zur Aneignung der britischen Verfassungswirklichkeit im Deutschland des 18. Jahrhunderts

14.00-15.30 Uhr:
Ulrich Pallua (Innsbruck): Discursive Strategies in Fixing Images of Power: The Enslaved 'Other' in Kotzebue's "The Negro Slaves"
Martin Schaller (St Andrews): Der Blick von außen: Britische Reisende und deren Wahrnehmung des Habsburger Reiches (ca. 1815-1850)

16.00-17.30 Uhr:
Oliver Werner (Leipzig): Wie prägte die Wahrnehmung Deutschlands durch britische Diplomaten die britische Deutschlandpolitik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts?
Stefan Ehrenpreis / Hannes Unterkircher (Innsbruck): Ein Erzherzog in Großbritannien im frühen 19. Jahrhundert: Vorstellung eines Editionsprojekts

18.00-19.00 Uhr: Kommentar und Abschlussdiskussion
Eckhart Hellmuth (München)

Kontakt

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie

Stefan Ehrenpreis:
stefan.ehrenpreis@uibk.ac.at

Niels Grüne:
niels.gruene@uibk.ac.at


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