Fakten verknüpfen, Erkenntnis gewinnen? Wissenschaftsgeschichte in Historischer Netzwerkanalyse

Fakten verknüpfen, Erkenntnis gewinnen? Wissenschaftsgeschichte in Historischer Netzwerkanalyse

Veranstalter
Dr. Tobias Winnerling (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) und Florian Kerschbaumer, M.A. (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt)
Veranstaltungsort
Haus der Universität
Ort
Düsseldorf
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.04.2016 - 30.04.2016
Von
Tobias Winnerling

Die Rolle von Netzwerken in der Wissenschaftsgeschichte dürfte unbestritten sein. Korrespondenznetzwerke; Zitierkartelle; institutionelle Verknüpfungen – all diese Typen von Verbindungen zwischen Wissenschaftlern, Organisationen und nicht zu vergessen Forschungsobjekten und Wissenselementen sind und waren unweigerlich notwendig, um das zu produzieren, was als wissenschaftliche Erkenntnis gelten kann. Wissenschaft vollzieht und vollzog sich eben nicht im genialen Individuum, sondern stets kooperativ und kollaborativ, eingebettet in ein breites Ressourcen- und Optionennetz. In neueren Forschungen werden diese Erkenntnisse von netzwerktheoretischer Seite her aufgegriffen, sie sind auch die Grundlage zunehmend weiter gefasster internetgestützter Aufarbeitungsprojekte für Quellen aus dem Bereich der Korrespondenzen von Wissenschaftlern, vor allem aus dem Bereich der frühneuzeitlichen Geschichte. Diese Hilfsmittel sind genau wie spezielle Softwarelösungen für die Verarbeitung der anfallenden Datenmengen unverzichtbar, bedürfen aber aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive einer steten Reflexion hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen. Das Ziel der Arbeitstagung ist es daher, Wissenschafts- und Wissensgeschichte mit dem methodischen und analytischen Instrumentarium der Historischen Netzwerkanalyse zusammenzubringen, sowohl in Form von Fachvorträgen mit anschließender Diskussion als auch durch praktische Einführungen in geeignete Software-Werkzeuge sowie in die Methodik selbst. Hierbei schließt die Arbeitstagung an die bereits erfolgreich veranstalteten vorherigen Arbeitstagungen zur Historischen Netzwerkanalyse an und richtet sich wie diese dezidiert an ein interdisziplinäres und internationales Publikum.
Gerade im Bereich der Wissenschaftsgeschichte ist ein solches Vorgehen schon deshalb dringend geboten, weil Wissenschaft selbst nie auf ein rein nationales Phänomen reduzierbar ist und war, sondern immer Verbindungen in wissenschaftliche Traditionen anderer nationaler und sprachlicher Herkunft hat und nutzen muss.
Wegen der Vielfalt der möglichen Relationen, die innerhalb wissenschaftlicher Prozesse gebildet werden können und die nicht nur handelnde Personen einbegreifen, sondern ebenso Informationen, materielle Objekte, Institutionen und Orte, erfordert eine in diesem Rahmen betriebene Wissenschaftsgeschichte stets eine Verarbeitung als multimodales Netzwerk. Die Bildung und Klassifikation von netzwerkanalytisch verarbeitbaren Verknüpfungen dieser Gegenstandsbereiche untereinander wirft dabei unter theoretischen und methodischen Gesichtspunkten besondere Herausforderungen auf, die wir explizit thematisieren wollen. Besonders der direkte Einbezug von Projekten, die an speziellen oder für die Historische Netzwerkanalyse adaptierbaren Softwarelösungen arbeiten, ist dabei ein zentrales Mittel der Verknüpfung theoretischer und arbeitspraktischer Fragestellungen und der Erarbeitung konkreter Lösungsansätze. Am ersten Veranstaltungstag werden daher zwei Workshops zur praktischen Einführung in die Historische Netzwerkanalyse angeboten, für die noch einige wenige Plätze frei sind (nach Voranmeldung unter winnerling@phil.hhu.de).

Aus organisatorischen Gründen bitten wir für Teilnehmer ebenfalls um kurze Voranmeldung unter winnerling@phil.hhu.de.

Alle Informationen zusammen mit Links und Abstracts finden Sie laufend aktualisiert auch hier: http://www.geschichte.hhu.de/lehrstuehle/geschichte-der-fruehen-neuzeit/unsere-forschung/tagungen/fakten-verknuepfen-erkenntnisse-gewinnen.html

Programm

Donnerstag, 28. 04. 2016

13:15 - 13:45: Ankunft, Registrierung
13:45 - 14:00: Tobias Winnerling (Düsseldorf)/ Florian Kerschbaumer (Klagenfurt): Begrüßung, Einführung

Workshops
14:00 - 18:00: Martin Stark (Hamburg)/ Florian Kerschbaumer (Klagenfurt): Workshop 1 - Einführung in die Historische Netzwerkforschung (Pause: 16:00 - 16:15)
14:00 - 18:00: Pim van Bree/Geert Kessels (Den Haag): Workshop 2 - Advanced HNR with NodeGoat (Pause: 16:00 - 16:15)
18:00 - 18:30: Pause

Demonstration
18:30 - 18:45: Marten Düring (Luxemburg): HistoGraph. Graphbasierte Exploration und crowdbasierte Indexierung

Keynote #1
18:45 - 20:15: Sebastian Gießmann (Siegen): Netzwerke und Grenzobjekte der wissenschaftlichen Arbeit

Freitag, 29.04.2016

Panel I: Netzwerktheorie und -methodik
09:00 - 09:45: Matthias Bixler (Bremen): Welches Potential steckt in dynamischen Netzwerkmodellen für die HNF? Freemans EIES-Netzwerk revisited
09:45 - 10:30: Pim van Bree/Geert Kessels (Den Haag): Mapping diachronic concept drift in networks through ‘Reversed Classification'
10:30 - 10:45: Pause
10:45 - 11:30: Andreas Kuczera (Gießen): Netzwerke im europäischen Frühmittelalter – Auswertung der prosopographischen und onomastischen Daten des Projekts „Nomen et Gens“ mit Hilfe von Graphdatenbanken

11:30 - 13:00: Mittagspause

Panel II: Wissensgeschichte im Spätmittelalter
13:00 - 13:45: Gion Wallmeyer (Göttingen): Kreuzzugs-Experten und höfische Wissens-Netzwerke – Ein Beitrag zur Wissensgeschichte der Kreuzzüge im Spätmittelalter
13:45 - 14:30: Vivian Strotmann (Bochum): Der Disput um die Lehren Ibn al-Άrabīs am Rasulidischen Hof – Tauziehen zwischen einem Herrscher, einem Lexikographen und mehreren Rechtsgelehrten
14:30 - 14:45: Pause

Panel III: Wissensgeschichte in der Frühen Neuzeit
14:45 - 15:30: Joëlle Weis (Luxemburg/Wien): Wenn der Netzwerksegen schief hängt. Die Rolle der Kontroverse für den historischen Erkenntnisgewinn am Beispiel der Korrespondenz Johann Friedrich Schannats (1683-1739)
15:30 - 16:15: Anne Purschwitz (Halle): Die Halleschen Zeitschriften der Aufklärung (1688-1815)
16:15 - 16:30: Pause

Panel IV: Wissenschaftsgeschichte im 19. Jahrhundert
16:30 - 17:15: Erika Thomalla (Berlin): Die polemische Sippschaft. Philologische Netzwerke im 19. Jahrhundert
17:15 - 18:00 Uhr: Torsten Kahlert (Berlin): Big Data im analogen Zeitalter. Wissenschaftliche Netzwerke in den Altertumswissenschaften der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts am Beispiel des lateinischen Inschriftenprojekts
18:00 - 18:30: Pause

Keynote #2
18:30 - 20:00: Charles van den Heuvel (Amsterdam): Beyond Flatland. Multidimensionality in Historical Network Research

Samstag, 30. 04. 2016
Panel V: Wissens- oder Wissenschaftsgeschichte?
09:00 - 09:45: Daniela Haarmann (Wien): Zwischen alter Gelehrtenrepublik und neuer Gelehrsamkeit – Theoretisch-methodische Überlegungen zur Beschreibung von Wissensnetzwerken um 1800
09:45 - 10:30: Marina Hilber (Innsbruck): Wissenschaftliche Integration – zur wechselhaften Forschungskarriere des Gynäkologen Ludwig Kleinwächter (1839-1906)
10:30 - 10:45: Pause

Panel VI: Wissenschaft und Gesellschaft
10:45 - 11:30: Katharina Paulus (Erlangen-Nürnberg): Die Netzwerke hinter der quantitativ-theoretischen Wende in der Geographie
11:30 - 12:15: Lukas Höhener (Zürich): Expertise, Beratung und Wissenstransfer – Über die Freiburger Arbeitsgruppe für Lehrplanforschung in Schweizer Curriculumreformen

12:15 - 13:15: Mittagspause

Panel VII: Religiös fundierte Wissensnetzwerke
13:15 - 14:00: Aline Deicke/Anna Neovesky (Mainz): Identität und Abgrenzung. Streitschriften und reformatorische Diskursnetzwerke
14:00 - 14:45: Sabrina Hoppe (München): Protestantische Netzwerke in der frühen Bundesrepublik – eine neue Kartierung des Protestantismus nach 1945
14:45 - 15:00: Pause

15:00 - 15:30: Schlussbemerkungen

Kontakt

Tobias Winnerling

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, IfG, Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit

0049211-81-14520
0049211-81-14849
winnerling@phil.hhu.de

http://www.geschichte.hhu.de/lehrstuehle/geschichte-der-fruehen-neuzeit/unsere-forschung/tagungen/fakten-verknuepfen-erkenntnisse-gewinnen.html