Werner Renz spricht über den Kampf Bauers gegen die Sittlichkeitsgesetzgebung in der frühen Bundesrepublik. Fritz Bauer, der legendäre Staatsanwalt aus der bundesdeutschen Frühgeschichte, der in Braunschweig und Frankfurt am Main wirkte und die „Auschwitz-Prozesse“ ermöglichte. Sogleich nach seiner Remigration im Jahr 1949 und seinem Wiedereintritt in den Justizdienst setzte er sich für eine Reform des Strafrechts ein. Die Entwürfe, die von der regierungsoffiziellen „Großen Strafrechtskommission“ vorgelegt wurden, kritisierte er vehement. Adenauer und seine Justizminister hielten am überkommenen Schuld- und Vergeltungsstrafrecht fest und legten ein Menschenbild zugrunde, das nach Bauers Auffassung mit allen Erkenntnissen der Psychologie, Psychoanalyse und Soziologie unvereinbar war. Im Fall des repressiven Sexualstrafrechts plädierte Bauer für die Abschaffung von althergebrachten, die Freiheit einschränkenden Normen. Die gängige Rede von Sittlichkeit und Werteordnung lehnte Bauer als gesinnungsethisch ab: Homosexualität sollte u.a. nicht mehr strafbar sein.