Das Erbe der Reformation im polnisch-tschechischen Grenzgebiet - Exkursion für Studierende

Das Erbe der Reformation im polnisch-tschechischen Grenzgebiet - Exkursion für Studierende

Veranstalter
Deutsches Kulturforum östliches Europa Oberschlesisches Landesmuseum, Ratingen – Kulturreferat für Oberschlesien
Veranstaltungsort
Ort
Kattowitz/Katowice
Land
Poland
Vom - Bis
18.10.2017 - 22.10.2017
Deadline
15.07.2017
Von
Ariane Afsari

Das im deutsch-polnisch-tschechischen Grenzgebiet gelegene Schlesien gehörte zu den Regionen, die sich als erste der Reformation öffneten. Für mehr als zweihundert Jahre bestimmte die Auseinandersetzung zwischen katholischem und evangelischem Bekenntnis die Geschichte des Landes. Auch in Zeiten der Gegenreformation bewahrten viele Lutheraner in Schlesien ihren Glauben. Zeugen ihres Kampfes um Selbstbehauptung sind die Gnadenkirchen, die sie Karl XII. von Schweden verdankten. Als siegreicher Feldherr im Nordischen Krieg erzwang er von Kaiser Joseph I. wichtige Zugeständnisse für die schlesischen Protestanten.
Bei unserer Studienreise richten wir unser Augenmerk auf einen ausgewählten Ausschnitt Schlesiens: auf Oberschlesien und das böhmisch-mährische Grenzgebiet. Letzteres gehörte im 18. und 19. Jahrhundert als Österreichisch-Schlesien zur Habsburgermonarchie bzw. zu Böhmen und ist heute Teil Tschechiens, während das größere, nordöstliche Gebiet ab 1740 preußisch wurde und heute innerhalb Polens liegt.
Reformatorische Strömungen kamen in Böhmen bereits rund ein Jahrhundert vor Martin Luther auf. Der Prediger und Magister der Prager Universität Jan Hus (um 1370–1415) wandte sich gegen die Missstände des bestehenden kirchlichen Systems. Er forderte, die Heilige Schrift als die alleinige Autorität anzuerkennen und Christus kompromisslos in Armut und Demut zu folgen. Wichtig war ihm auch die Vermittlung des Glaubens in der tschechischen Volkssprache. Nachdem er auf dem Konstanzer Kirchenkonzil als Ketzer zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt und hingerichtet worden war, kam es beim böhmischen und mährischen Adel, dann auch in der breiten Bevölkerung zu Protesten gegen die katholische und oft auch deutsche Obrigkeit, die schließlich in den jahrelang wütenden Hussitenkriegen mündeten.
»Wir sind alle Hussiten, ohne es gewusst zu haben.« Dies schrieb Martin Luther 1520, nachdem er die Schrift Von der Kirche aus der Feder des böhmischen Reformators gelesen hatte. Sie war ihm von Geistlichen aus Prag zugesandt worden, als Dank für seine Verteidigung der Lehren von Hus bei einem theologischen Streitgespräch in Leipzig: Luther hatte seinem Kontrahenten geantwortet, dass unter den vom Konstanzer Konzil verurteilten Lehren des Prager Magisters manche »sehr christlich und evangelisch« seien. Nun begannen die deutschen Reformatoren das Bild Luthers als direktem Nachfolger des von diesem so bezeichneten »heiligen Märtyrers« Hus zu pflegen. Sie sorgten für die Verbreitung entsprechender Ideen in Schrift und Bild.
Die Lehre Martin Luthers fand bald auch unter den schlesischen Fürsten einflussreiche Förderer. Vor allem Herrscher aus der Familie der Piasten öffneten ihr Land der Reformation, aus religiöser Überzeugung und Machtkalkül. Markgraf Georg aus dem fränkischen Zweig der Hohenzollern galt als die wichtigste Stütze des Protestantismus in Schlesien. Durch Erbverträge mit den letzten Piastenherzögen in Oppeln und Ratibor war er zu umfangreichen Besitzungen in Oberschlesien gekommen. Als einziger schlesischer Fürst gehörte er 1530 zu den Unterzeichnern der »Augsburger Konfession «, bis heute eine der wichtigsten Bekenntnisschriften der lutherischen Kirchen. Nach einem Jahrhundert evangelischen Lebens wurden jedoch die Mehrzahl der Gemeinden im Zuge der Gegenreformation wieder katholisch; eine Ausnahme blieben lediglich die sechs Gnadenkirchen. Erst mit der Eroberung weiter Teile Schlesiens durch Preußen und der späteren Zuwanderung in Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs entstanden neue evangelische Gemeinden in diesem Landstrich, dessen konfessionelle Prägung durch die Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg abermals eine Veränderung erfuhr.
Inhaltliche Schwerpunkte der Studienreise
Die Teilnehmer werden mit wichtigen Städten und Stätten der Reformation in diesem landschaftlich reizvollen Gebiet bekannt gemacht. Mit Historikern, Theologen und Kulturwissenschaftlern sprechen sie über die damalige Bedeutung und die machtpolitischen Hintergründe dieser umwälzenden Bewegung und erkunden ihre Auswirkungen bis heute.

Programm

18.10., Mittwoch
19:00 Treffen mit allen TN in Kattowitz/Katowice, Hostel Kamienna Centrum
19:30 Organisatorisches, Abendessen

19.10., Donnerstag
9:00 Abfahrt Bielitz/Bielsko-Biala, ca. 2 h
11:00 Besichtigung der Reformations-Ausstellung im restaurierten Museum, Gespräch mit Mag. Piotr Kenig
13:00 Mittagessen und Stadtrundgang (Bielitzer Zion, Lutherdenkmal, evang. Friedhof ) mit Professor Ewa Chojecka
16:30 Abfahrt nach Teschen/Cieszyn, ca. 1 h
17:30 Gottesdienst, Besichtigung der Herz-Jesu-Kirche, Treffen mit dem Bischof
19:30 Abendessen

20.10., Freitag
9:00 Abfahrt Ratibor/Raczibórz, ca. 2 h
11:00 Orte der Reformation in Ratibor
13:00 Mittagessen, Fortsetzung
16:00 Abfahrt Fulnek, ca. 1,5 h
17:30 Comenius-Wohnhaus, Kirche der Böhmischen Brüder, Comeniusdenkmal

21.10., Samstag
9:00 Abfahrt Freudenthal/Bruntal, ca. 2 h
11:00 Besichtigung der Eulenburg/Burg Sovinec
13:00 Mittagessen auf der Eulenburg
14:30 Abfahrt Kunwald/Kunvald
17:00 Besichtigung Brüderhof
19:00 Abendessen und Übernachtung

22.10., Sonntag
9.30 Fahrt nach Wrocław/Breslau, ca. 3 h, Evaluation, Fragen
ab 12.30 Heimfahrt

Kontakt

Ariane Afsari

Berliner Str. 135, 14467 Potsdam

0331/2009838
0331/2009850
afsari@kulturforum.info

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