Vernunft braucht einen Träger: Der Siegeszug der Zeitschriften im 18. Jahrhundert konfigurierte die Art und Weise, in der man Wissen verhandelte und problematisierte, völlig neu. Diese Einschätzung der Periodika als „Schlüsselwerke der Aufklärung“ (Paul Raabe) ist ein Gemeinplatz der Forschung – der viel zu selten am konkreten Material überprüft wurde. Die diesbezüglichen Voraussetzungen haben sich inzwischen geändert: So lässt sich die inhaltliche Anatomie zuvor nur schwer zugänglicher und verstreuter Zeitschriften nicht mehr nur punktuell, sondern bequem in Datenbanken und Online-Repositorien als vernetzte Praxis kommunikativen Handelns studieren.
Die Tagung lädt dazu ein, die mittlerweile digitalen Zeitschriftendaten des 18. Jahrhunderts zum Typus der deutschsprachigen Gelehrten Journale zu befragen. Denn anders als literarische (Publikums-)Zeitschriften werden die akademischen Journale der Aufklärung von der Forschung bislang nur peripher wahrgenommen. Dabei bildeten sie nicht nur den gesamten Wissensaustausch der Gelehrtenrepublik ab, sie konstituierten und steuerten Diskurse und normierten gelehrten Praktiken wie die der Kritik – vor allem im Rahmen der zahllosen Rezensionsjournale. Ihre spezifische Leistung für das zeitgenössische Wissenssystem erforscht seit 2011 das Projekt Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung (www.gelehrte-journale.de). Die in der Datenbank laufend wachsende Materialfülle an Fakten und Textrelationen aus der inhaltlichen Anatomie der Journale soll auf der Tagung vor allem auf drei Themenfelder hin ausgerichtet werden:
Themenfeld 1: Die Etablierung eines Normsystems für wissenschaftliches Publizieren. Die historische Praxis des wissenschaftlichen Kommunizierens ist wenig erforscht, die Gelehrten Journale sind dafür eine exzellente Quelle. Wie entstand kritisches Räsonieren? Welche Normen für die Kommunikation zwischen Gelehrten wurden formuliert, und wie entwickelte sich die Textsorte der Rezension?
Themenfeld 2: Die Wissenstopographie der Aufklärung. Wie lässt sich entlang der Buchbesprechungen, Nachrichten und Debattenbeiträge in den Zeitschriften die Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte einzelner Autoren, Werke und Themenkomplexe nachzeichnen?
Themenfeld 3: Buchprojekte und Buchhandel im 18. Jahrhundert. Die Journale waren auch für die Genese von Büchern bedeutsam. Die Potentiale des Mediums für die Buchhandelsgeschichte sind noch weitgehend unerschlossen. Wie reagierten die Gelehrten Journale auf Neuerscheinungen? Zu welchen Zwecken wurden sie von den beteiligten Akteuren genutzt? Inwiefern waren Bücher publizistisch und kollektiv organisierte Projekte?
Beitragsexposés (max. 1 Seite) aus den obigen Themenkreisen (max. 30 Minuten Referat) sind bitte einzureichen bis zum 30.06.2018.