Handschriftliche Quellen und der Digital Turn / Handwritten sources and the digital turn

Handschriftliche Quellen und der Digital Turn / Handwritten sources and the digital turn

Veranstalter
Lisa Gerlach (Ruhr-Universität Bochum); Anna Schiff (Ruhr-Universität Bochum); Christina Schröder (Ruhr-Universität Bochum); mit Unterstützung der RUB Research School
Veranstaltungsort
Ruhr-Universität Bochum
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.04.2020 - 17.04.2020
Deadline
01.03.2020
Von
Anna Schiff

Die Fähigkeit, handschriftliche Quellen zu lesen und zu transkribieren, ist in vielen akademischen Disziplinen, allen voran in den Geisteswissenschaften, von elementarer Bedeutung. Gedruckte Quellen reichen häufig nicht aus, um innovative Fragestellungen zu beantworten. So gehören beispielsweise persönliche Korrespondenzen zu den wichtigsten Quellengattungen für die historische Forschung, aber nur wenige private Briefsammlungen sind bisher editiert und publiziert worden. Entsprechend gehört sowohl das Suchen und Finden handschriftlicher Texte als auch das Lesen und die Transkription dieser Texte zu den wichtigsten Tätigkeitsfeldern derjenigen Wissenschaften, die textbasiert forschen. Gerade diese grundlegenden Kompetenzen drohen allerdings in der heutigen Geschichtslandschaft verloren zu gehen, worauf Eva Schlotheuber und Frank Bösch bereits 2015 in ihrem programmatischen Essay aufmerksam gemacht haben. [Schlotheuber/Bösch: Quellenkritik im digitalen Zeitalter, https://blog.historikerverband.de/2015/10/30/quellenkritik-im-digitalen-zeitalter-die-historischen-grundwissenschaften-als-zentrale-kompetenz-der-geschichtswissenschaft-und-benachbarter-faecher/]

Die besondere Herausforderung, die die Transkription der Vielzahl von Varianten von Handschriften über verschiedene Jahrhunderte und Regionen darstellt, betrifft nicht nur die Geschichtswissenschaften, sondern unter anderem auch die Archiv- und Bibliothekswissenschaften, die Philologie und Theologie, sowie die Rechts- und Kunstgeschichte. Der Weg von der Quellenrecherche bis zu ihrer Auswertung ist ein mitunter sehr komplexer Prozess. Die Transkription von historischen handschriftlichen Quellen bildet allerdings nicht nur die Grundlage für Forschungsvorhaben, sondern Transkription ist auch selbst ein Forschungsgegenstand, insbesondere in interdisziplinären Zusammenhängen.

Das Lesen, Transkribieren und Auswerten von handschriftlichen Quellen erfordert ein erhebliches Maß an Ausbildung und Übung. Der Vermittlung dieser Fähigkeiten wird aber in den meisten Studiengängen nur wenig oder gar kein Raum geboten. Standard-Alphabete, die verschiedene Arten von Schriften wie Kurrent oder Sütterlin zeigen, sind zwar ein nützliches Hilfsmittel, geraten aber an ihre Grenzen, wenn es darum geht, individuell verfasste Dokumente wie Briefe, Notizen oder Tagebücher zu erforschen: Erfahrene Autor/innen schrieben anders als unerfahrene, die mit den etablierten Sprachkonventionen vielleicht weniger vertraut waren. Auch die jeweiligen Entstehungskontexte prägten die schriftliche Ausarbeitung: Aktennotizen oder Einträge in Krankenakten sind für eine interne Leserschaft bestimmt und erscheinen daher weniger ordentlich und lesbar als offizielle Dokumente; eine handschriftliche Empfehlung erscheint aufgrund des individuellen Charakters des Inhalts und der Schrift authentisch. Dagegen folgten offizielle Dokumente an Behörden und Institutionen formalen Regeln und legten besonderen Wert auf die Ausarbeitung der Schrift. Darüber hinaus führten regionale und materielle Unterschiede zu sehr unterschiedlichen Schrifttypen und sehr unterschiedlichen Sammlungen, die in den Archiven verzeichnet sind.

Forscher/innen haben begonnen, Werkzeuge zu nutzen, die im Rahmen des Digital Turns entwickelt worden sind, und diese mit ihrer historischen Ausbildung zu kombinieren. Unser Workshop zielt auf die Entwicklung und Verbesserung der Kompetenzen im Umgang mit historischen Handschriften, um die etablierte wissenschaftliche Ausbildung mit neuen, digitalen methodischen Instrumenten und Lösungen zu bereichern.

Aus diesem Grund veranstalten wir am 16. und 17. April 2020 an der Ruhr-Universität Bochum einen Workshop Handschriftliche Quellen und der Digital Turn / Handwritten sources and the digital turn.

Der Workshop richtet sich an junge Wissenschaftler/innen (Doktorand/innen am Ende der Archivrecherche-Phase und höher), die eigenständig mit frühneuzeitlichen und neuzeitlichen handschriftlichen Quellen arbeiten und die daran interessiert sind, ihre Fähigkeit zur Transkription zu verbessern oder zu lernen, wie sie ihre Transkriptionen mit analogen und digitalen Werkzeugen effizienter gestalten können. Wir möchten einen interdisziplinären und transepochal angelegten Raum für die akademische Vernetzung und den Erfahrungsaustausch zur Transkription schaffen.

Der erste Tag des Workshops wird einen Einblick in das Potenzial erfolgreicher und prominenter Forschungsprojekte auf der Basis handschriftlicher Originalquellen im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften und der Archivforschung geben. Darüber hinaus bietet sich hier die Möglichkeit, institutionelle Anforderungen zu diskutieren, um diese Themen für die akademische Lehre zu adaptieren. Die Panels des ersten Tages setzen sich mit den Themen „Transkription und Crowdsourcing”, „Digitale Quelleneditionen” und „Collaborative Learning” auseinander. Die Keynote zum Transkribieren in der Geschichtswissenschaft hält Dr. Karsten Uhde (Archivschule Marburg). Weiterhin wird ein moderierter Round Table Räume eröffnen für produktive Diskussion über individuelle Erfolge, aber auch über Misserfolge und Hindernisse, mit denen sich die Teilnehmer/innen möglicherweise während der Transkription konfrontiert sehen oder sahen.

Der zweite Tag des Workshops bietet einer kleineren Gruppe von ca. 25 Teilnehmer/innen unter der Leitung des Teams von TRANSKRIBUS [https://transkribus. eu/Transkribus/] eine praxisnahe Einführung in ein digitales Transkriptionsprogram. TRANSKRIBUS wird einen Einblick in die Benutzung des Programms geben und dadurch ermöglichen, digitale Fähigkeiten für die Erforschung handschriftlicher Originale zu entwickeln.

Aufgrund der Struktur des Workshops und der begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten ist eine Teilnahme in drei Varianten möglich:

a) Wir suchen Diskussionsteilnehmer/innen für einen moderierten Round Table zum Thema „Transkription lernen und lehren” (Reise- und Übernachtungskosten können übernommen werden, Teilnahme am zweiten Tag erwünscht).

b) Wir suchen weiterhin Teilnehmer/innen für das TRANSKRIBUS Teach-In am zweiten Tag. Voraussetzung ist das Vorhandensein eigenen Quellenmaterials zur Bearbeitung. (Teilnahme am ersten Tag erwünscht, Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten leider nicht möglich).

c) Teilnehmer/innen, die am ersten Tag den Expertenpanels folgen möchten, bitten wir zur Erleichterung unserer Planung ebenfalls um Anmeldung.

Projekte, die nicht in Deutschland angesiedelt sind, werden ausdrücklich zur Bewerbung ermutigt. Bitte beachten Sie, dass für die Teilnahme am Workshop Deutschkenntnisse jedoch erforderlich sind.

Bei Option a) oder b) senden Sie uns bitte eine E-Mail mit dem Stand Ihres Forschungsprojekts und beschreiben Sie kurz die für dieses Projekt verwendeten Quellen. Schildern Sie bitte ebenfalls kurz Ihr spezifisches Interesse an der Beschäftigung mit digitalen Transkriptionsmethoden. Bitte geben Sie ebenfalls an, ob Ihre Institution gegebenenfalls in der Lage ist, Ihre Teilnahme quer zu finanzieren. Ihre Bewerbung oder auch mögliche Fragen senden Sie bitte bis zum 01.03.2020 an Lisa.Gerlach-l8n@rub.de, anna.schiff@rub.de und/oder christina.schroeder@rub.de .

The ability to read and transcribe handwritten sources is of fundamental importance in historical sciences, as well as other academic disciplines. Transcribed and printed sources do exist, they are often not sufficient to answer innovative research questions. For example, personal correspondence is one of the most important source categories for historical research, but only a few private letter collections have been edited and published to date. Accordingly, searching for and finding handwritten texts as well as reading and transcribing these texts is one of the most important efforts of those sciences who conduct text-based research. Nevertheless, as Eva Schlotheuber and Frank Bösch pointed out in their programmatical essay in 2015, these basic competencies are about to get lost in current academia. [Schlotheuber/Bösch: Quellenkritik im digitalen Zeitalter, https://blog.historikerverband.de/2015/10/30/quellenkritik-im-digitalen-zeitalter-die-historischen-grundwissenschaften-als-zentrale-kompetenz-der-geschichtswissenschaft-und-benachbarter-faecher/].

The exceptional challenge of transcribing a variety of handwriting from different centuries and regions is not only a task for historians, but also for archival and library sciences, philology and theology as well as the history of law and art. The path from finding sources to its evaluation is sometimes a very complex process. However, the transcription of historical handwritten sources is not only the basis for research projects, but transcription itself is a research subject, especially in interdisciplinary contexts.

To read, transcribe and collate (temporally and geographically) handwritten sources requires a considerable amount of training and practice, for which there is often not enough time during the course of studies. Charts demonstrating different types of writing, such as Kurrent or Sütterlin, are generally a helpful tool, but their usefulness is stretched to the limit when it comes to privately circulated documents such as letters, notes or diaries: Experienced writers wrote differently than unexperienced once, who might have been less familiar with particular language-customs. Furthermore, the context in which something was written is shown in the handwriting: Notes or medical charts were written for a specific readership and appear less orderly then official documents. A handwritten recommendation appears authentic due to the individual character of the content and writing. In contrast, official documents to authorities and institutions followed formal rules and placed particular emphasis on the elaboration of the writing. Furthermore, regional and material differences led to very different types of writing and very different collections recorded in the archives.

Researchers have begun to make use of tools provided by projects born out of the digital turn and to combine them with a traditional historical education, to make productive use out of the combined knowledge. Our workshop seeks to develop and improve competences in working with historical handwriting (including idiosyncratic scripts), with the aim of enriching an established scientific education with new methodological instruments and solutions.

Therefore, we are hosting a workshop on Handschriftliche Quellen und der digitale Turn / Handwritten Sources and the Digital Turn at Ruhr-University Bochum, on 16th and 17th April 2020.

The workshop aims to reach young scientists (PhD-candidates at the end of their archival phase and higher), working individually on source material from the early modern and modern period. We aim to reach those who are interested in improving their ability to transcribe, or in learning how to make their transcriptions more efficient using analog and digital tools. We seek to provide an interdisciplinary and transepochal space for academic networking and the exchange of experience regarding transcription.

The first day of the workshop will provide first-hand insight into the potential of successful and prominent research projects based on handwritten original sources in the field of digital humanities and archival research. Furthermore, it will provide an opportunity to discuss institutional requirements to adapt the discussed topics into academic teaching. The panels are constructed around the topics of "transcription and crowdsourcing", "digital historical source editions" and "collaborative learning". The keynote on Transcription in Historical Sciences will be provided by Dr. Karsten Uhde (Archivschule Marburg). Furthermore, there will be room for productive discussions about individual successes, missteps and obstacles participants faced transcribing, at a moderated roundtable.

The workshop’s second day provides a hands-on teach in for a smaller group of approximately 25 participants lead by the team of TRANSKRIBUS [https://transkribus.eu/Transkribus/]. TRANSKRIBUS will give insight in how to use their program. Therefore, they will help us develop digital skills for research based on handwritten originals.

Due to the structure of the workshop and limited funding, applications are possible in three variations:

a) We are looking for participants in a moderated roundtable on the topic of “learning and teaching transcription” (fully funded, participation in the second day teach-in welcome.)

b) We are looking for participants in the teach-in by TRANSKRRIBUS on the second day. It is mandatory to bring research-based source material (participation on the first day welcome, unfortunately, no travel and housing funds available).

c) Participants who want to follow the panel discussions and round table are invited to register via mail to facilitate our planning.

Non-German projects are encouraged to apply. Please note that German-language skills are required to benefit from the workshop.

For option a) or b) please email us the state of your research project and describe the sources used for this project. You may also indicate your specific interest in engaging with methods of transcription and whether your institution would cross-fund your participation.

Send you applications and requests by March 1st 2020 to Lisa.Gerlach-l8n@rub.de, anna.schiff@rub.de or christina.schroeder@rub.de .

Programm

Kontakt

Lisa.Gerlach-l8n@rub.de
anna.schiff@rub.de christina.schroeder@rub.de

https://www.ruhr-uni-bochum.de/transhistory/mam/documents/cfp_handwritten_sources.pdf
Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung