Die klassische Kunst Griechenlands mit ihrem Höhepunkt im Athen des 5. Jahrhunderts v. Chr. wird oft als Ausdrucksmittel der Polis und ihrer Bürger verstanden. Im folgenden Jahrhundert jedoch sind es im östlichen Mittelmeerraum vor allem dynastische Herrscher, die die Wirkmacht der griechischen Kunst in ihren Dienst stellen. Altbekannte Monumente wie die Makedonischen Kammergräber, das Maussolleion von Halikarnassos, das Nereidenmonument von Xanthos, die Sarkophage der Königsnekropole von Sidon etc., aber auch spektakuläre Neufunde wie die Gräber von Mylasa und Amphipolis veranschaulichen dies. In der bisherigen Forschung gilt das 4. Jahrhundert als Zeit des Übergangs – als 'spät'-klassisch oder als 'vor'hellenistisch. Demgegenüber beabsichtigt die Zürcher Tagung, diese Zeit aus ihren eigenen Bedingungen und Möglichkeiten heraus zu betrachten. Sie hat zum Ziel, anhand archäologischer, epigraphischer und literarischer Quellen einen Überblick über das Kunstschaffen an den 'vorhellenistischen' Königshöfen zu geben und zu einer Akzentuierung der 'Spätklassik' beizutragen. Insbesondere besteht die Absicht, bisher separat erforschte Einzelbeispiele aus unterschiedlichen Regionen erstmals vergleichend zu betrachten und aus einer gemeinsamen Perspektive heraus neu zu bewerten.
In einem politischen Umfeld, das immer mehr von der Erschöpfung der traditionellen Grossmächte gezeichnet ist, etablieren sich in Kleinasien, auf Zypern und in der Levante sowie im nordägäischen Raum und im Schwarzmeergebiet neue Herrscher, beständig auf der Suche nach Koalitionen oder Bündnispartnern. In diesem dichten Netzwerk von Kontakten wird die griechische Kunst nicht nur als probates Mittel zur innenpolitischen Distinktion, sondern auch zur Erringung von aussenpolitischem Prestige eingesetzt. So kann das 4. Jahrhundert als Kunstepoche mit grosser Dynamik und Innovationskraft verstanden werden: Palast und Dynastengrab werden zu wichtigen Orten der Kunst; für die herrscherliche Repräsentation werden bestehende Bildthemen in neue Darstellungskontexte übertragen; zur Veranschaulichung lokaler Inhalte werden neue Bilder in griechischem Stil gefunden oder in ihn überführt. Mithilfe der Beiträge will die Tagung folgenden Fragen näherkommen:
Welche Medien nutzen die Könige im vorhellenistischen 4. Jahrhundert für ihre Selbstdarstellung? Kann von einer Epoche des Medienwandels gesprochen werden?
Wie verändert sich der Darstellungskontext tradierter Bildthemen?
Welche neuen Bildinhalte werden in das Repertoire der griechischen Kunst aufgenommen und inwieweit wiederspiegeln diese einen Einfluss anderer Kunststile?
Kann die Hofkunst des 4. Jahrhunderts unterschieden werden vom Kunstschaffen in den 'demokratisch', oligarchisch oder von einem Tyrannen regierten Städten in Griechenland, Etrurien, Unteritalien, Sizilien oder Nordafrika?
Lassen sich Strategien zur interregionalen Distinktion feststellen? Gibt es Trendsetter, oder aber Regionen, die verspätet an der neuen Kunstwelt teilnehmen?
Kann die Kunst im griechischen Stil als gemeinsame Sprache der Dynasten des 4. Jahrhunderts verstanden werden?
Bitte senden Sie uns ihre Vortragsvorschläge mit Abstract (max. 1500 Zeichen) bis zum 2.4.2017 an klassik2018@gmail.com. Für die Beiträge in deutscher, französischer oder englischer Sprache ist eine Dauer von 30 Minuten vorgesehen. Reise- und Übernachtungskosten werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel übernommen. Eine Publikation der Ergebnisse ist vorgesehen.
Organisation:
Matthias Grawehr (Universität Basel), Jaqueline Koller, Christina Leypold, Martin Mohr, Ellen Thiermann (alle Universität Zürich)