Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der materialtechnischen Analysen von Purpurfarbstoffen haben in jüngster Zeit ein verstärktes Forschungsinteresse am Purpurschmuck mittelalterlicher Handschriften hervorgerufen. Vom 8. bis 11. Jahrhundert lassen sich eine Reihe faszinierender Transformationen dieses prestigeträchtigen, mit imperialem Anspruch verbundenen Schmuckelements feststellen. Purpurfärbung (überwiegend mit Flechtenfarbstoffen) wurde nicht nur verwendet, um das Pergament des gesamten Buchblocks sakraler Handschriften durchgehend als Trägerstoff heiliger Schrift auszuzeichnen. Sie wurde auch gezielt eingesetzt, um einzelne Textpassagen, Seitenfolgen oder Miniaturen in Bezug auf Inhalt, Topologie, Bild- und Schriftausstattung besonders hervorzuheben. Unterschiedliche Verfahren schufen Oberflächentexturen, die mittels der Kombination verschiedener Purpurtönungen (von Rot bis Dunkelblau) und Materialevokationen von Seidenstoffen und Porphyr-Oberflächen multisensuelle Effekte erzielten.
Erwünscht sind Beiträge zum gesamten Spektrum der Purpurästhetik mittelalterlicher Handschriften und deren Analyse in Hinblick auf Kontext und Semantik ihrer Verwendung – mit einem speziellen Fokus auf den karolingischen und ottonischen Beispielen. Willkommen sind auch breiter basierte theoretische Ansätze. Ein besonderes Interesse besteht an folgenden Fragestellungen und Themenfeldern:
- Purpur zwischen Rot und Blau: Technik, Ästhetik und Semantik der unterschiedlichen Purpurtönungen
- Auf Purpurgrund: Bilder auf, in oder gerahmt von Purpur
- Purpurornament und Schrift
- die Topologie von Purpurschmuck in Handschriften
- interkulturelle Vergleiche und Austauschprozesse (z. B. mit byzantinischen Purpurhandschriften, Urkunden und Seidenstoffen sowie süditalienischen und spanischen Handschriften)
- Materialevokationen: Imitation von Purpurtextilien und purpurfarbener Steine
- Purpurtopoi in Rhetorik und Dichtung und ihr Verhältnis zum materiellen Ornament
- die Verwendung von Purpur in der Liturgie
- Purpurgeschenke: Stifter und Auftraggeber der Handschriften
Die Länge der Vorträge sollte 30 Minuten betragen, im Anschluss folgen jeweils 20 Minuten Diskussion. Konferenzsprachen sind Englisch, Deutsch, Französisch und Italienisch. Bei Interesse senden Sie bitte ein Abstract (max. 300 Wörter) mit dem Titel des vorgeschlagenen Beitrags und einem kurzen CV sowie Ihren Kontaktdaten bis spätestens 30. April an folgende Emailadresse: thomas.rainer@uzh.ch
Die Auswahl der eingereichten Vorschläge erfolgt bis 15. Mai. Der Workshop ist vorbehaltlich pandemiebedingter Einschränkungen als Präsenzveranstaltung geplant. Reise- und Übernachtungskosten der Vortragenden werden übernommen.