Vom Bittbrief zur Hassmail? Bürgerbriefe als politische Kommunikationsform

Theodor-Heuss-Kolloquium 2022: Vom Bittbrief zur Hassmail? Bürgerbriefe als politische Kommunikationsform

Organisatoren
Ernst Wolfgang Becker, Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus; Frank Bösch, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Veranstaltungsort
Akdemie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim
PLZ
70599
Ort
Stuttgart
Land
Deutschland
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
19.05.2022 - 20.05.2022
Von
Valentin Grundler, Institut für Zeitgeschichte München-Berlin

Schon vor dem digitalen Zeitalter erhielten Politiker und Politikerinnen täglich bis zu mehreren hundert Zuschriften. Anhand dieser bislang kaum erforschten zahllosen Bürgerbriefe untersuchte das Theodor-Heuss-Kolloquium 2022 den Wandel der politischen Kommunikation seit dem Kaiserreich, sowohl für die beiden deutschen Demokratien als auch für beide Diktaturen.

Nach der Begrüßung von THOMAS HERTFELDER (Stuttgart) verwies FRANK BÖSCH (Potsdam) in seinem Einführungsvortrag auf das Potential von Bürgerbriefen für eine politische Kulturgeschichte. Er fasste sie als eine wenig beachtete Form der individuellen politischen Partizipation, die bürokratische Hierarchien umging und Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem sowie lokalen und nationalen Problemen vermischte. Diese informalisierte Kommunikation zeige den Wandel des politischen Selbstverständnisses auf beiden Seiten. Politiker und Politikerinnen nutzten sie als Stimmungsbarometer, Ideengeber und als Warnsignal bei Konflikten, weshalb sie nach 1949 zunehmend auf die Briefe antworteten, viele auch persönlich.

Bürgerbriefe und Demokratisierung im Kaiserreich und in der Weimarer Republik bildeten den Themenschwerpunkt der ersten Sektion. HEDWIG RICHTER (München) ging in ihrem Vortrag der Frage nach, ob Petitionen und Bürgerbriefe von 1848 bis zum Ersten Weltkrieg ein grundlegendes Bürgerrecht darstellten und damit einen wichtigen Beitrag zur partizipativen Politisierung leisteten. Weil Petitionen und Bürgerbriefe multifunktional waren, trugen diese – so die These der Referentin – auch zur Festigung zivilgesellschaftlicher Strukturen bei. Letztlich changierten Bittbriefe und Petitionen zwischen partizipativer Ermächtigung und obrigkeitsstaatlicher Devotion. Über die Situation in der Weimarer Republik referierte VOLKER KÖHLER (Darmstadt), der sich in seinem Vortrag mit Eingaben und Bittbriefen an sozialdemokratische Amtsträger in Sachsen in der Zeit von 1918 bis 1925 beschäftigte. Obgleich die Revolution die Beziehung zwischen Herrschenden und Beherrschten grundlegend verändert hatte, findet sich in den untersuchten Briefen keine Bezugnahme auf die Republik. Anstelle demokratischer Patronage traten persönliche Bekanntschaften mit nicht selten milieuspezifischem Bezug in den Vordergrund. Gleichzeitig, so Köhler, hegten die sozialdemokratischen Bittsteller die berechtigte Hoffnung, dass nun staatliche Ressourcen auch für ihre Anliegen eingesetzt werden konnten, wodurch der Staat für neue Bevölkerungsgruppen zugänglich und positiv erfahrbar wurde. Bittbriefe waren somit Teil eines selbstbewussten Herangehens an institutionelle Macht durch die neue Trägerschicht der Republik.

Die zweite Sektion nahm die Zeit des Nationalsozialismus in den Blick und betrachtete dabei das Spannungsfeld von Lobpreisung und Denunziation. Gleich zu Beginn seines Vortrags über Bürgerbriefe an Adolf Hitler unterstrich WOLFRAM PYTA (Stuttgart) die Vorteile einer interdisziplinären Betrachtungsweise und verwies auf gewinnbringende Ansätze aus der Literaturwissenschaft. Anhand von zehn Thesen analysierte Pyta die asymmetrische Kommunikationssituation zwischen den Briefeschreibern und Hitler. Eine Funktion der Briefe habe darin bestanden, den Abstand zum charismatischen Herrscher zu überbrücken, auch wenn dieser niemals persönlich antwortete. Eine echte Begegnung mit dem „Führer“ sei im Herrschaftsmodell nicht vorgesehen gewesen. STEFAN SCHOLL (Mannheim) erweiterte den Adressatenkreis und nahm in seinem Referat auch Eingaben an regionale Potentaten im Nationalsozialsozialismus in den Blick. Neben dem Fokus auf sprachliche Auffälligkeiten standen im Vortrag verschiedene Reaktionsweisen seitens des NS-Regimes im Mittelpunkt, das sich als nahbar und zugänglich für Anliegen der Bevölkerung präsentierte. Eingaben waren dabei nicht selten Ausdruck eines „loyalen Unmuts“, eine Weiterentwicklung Scholz‘ des von Klaus-Michael Mallmann und Gerhard Paul geprägten Begriffs der „loyalen Widerwilligkeit“.1 Loyaler Unmut verweist demnach auf eine Mischung aus verbalisierter Empörung und Enttäuschung bei gleichzeitiger Betonung der eigenen Zugehörigkeit zum Regime. Bemerkenswert sei dabei, so Scholl, dass kritische Eingaben wohl nur in sehr seltenen Fällen Konsequenzen nach sich zogen und der bereits etablierte Bürgerbrief auch im Nationalsozialismus das zentrale Mittel der Protestkommunikation darstellte.

Nach der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus rückte die dritten Sektion Bürgerbriefe in der sozialistischen Diktatur der DDR in den Vordergrund. Zunächst widmete sich MARTIN SABROW (Potsdam) den Bürgerbriefen an Erich Honecker, wobei er die Eigenart des ostdeutschen Bürgerbriefs aufzeigte. Dieser zeichne sich unter anderem dadurch aus, dass Briefeschreiber für gewöhnlich keine Antwort auf ihre Briefe erwarteten. So entstand zwar Kommunikation aber keine Korrespondenz. Dennoch handle es sich um eine eindrucksvolle Quelle, um den Charakter der DDR-Diktatur erschließen zu können. Bürgerbriefe, so Sabrow, stellten ein individuelles Artikulationsinstrument des Bürgerwillens dar, das keiner kollektiven Meinungsbildung unterlag. Eingaben dienten dem SED-Regime als alltägliche Revisionsinstanz und waren zugleich ein gesellschaftliches Unmutsventil. CHRISTINA MORINA (Bielefeld) gab in ihrem Vortrag Einblicke in ihr laufendes Buchprojekt, das sich mit Demokratie- und Bürgerselbstverständnis im geteilten Deutschland auseinandersetzt, unter anderem mit der Einordnung der friedlichen Revolution von 1989 in die deutsche Demokratiegeschichte. Ziel sei dabei eine Demokratiegeschichtsschreibung jenseits der Sternstundenerzählungen, die individuelle und kollektive Vorstellungswelten von Demokratie, Staat und Politik in den Blick nimmt. Im Ost-West-Vergleich ergab die Analyse von Bürgerbriefen unterschiedliche Bürgerselbstverständnisse. Briefeschreiber in der DDR identifizierten sich etwa mehr als Mensch und durch ihren Beruf, während in Westdeutschland der Wahl- und Steuerbürger im Vordergrund stand. Briefkommunikation sei außerdem, so Morina, eine signifikante Demokratisierungsinstanz. Ihr Vortrag verdeutlichte nicht zuletzt die Relevanz des Quellentypus für die Demokratiegeschichtsschreibung und für zeithistorische Gegenwartsanalysen.

Die vierte Sektion widmete sich dem Demokratieaufbau in der frühen Bundesrepublik. In seinem Vortrag beschäftigte sich ERNST WOLFGANG BECKER (Stuttgart) mit Bürgerbriefen an Theodor Heuss und Konrad Adenauer. Er ging dabei der Frage nach, inwieweit diese Korrespondenz – als eigentlich systemneutrale Kommunikationsform – Praktiken der Demokratie in der frühen Bundesrepublik darstelle. Das Referat machte deutlich, dass insbesondere Theodor Heuss die Korrespondenzen dazu dienten, über die Voraussetzung und Mechanismen der jungen Demokratie zu räsonieren. Im dialogischen Briefwechsel mit der Bevölkerung vermittelte der Bundespräsident sein Geschichtsbildungs- und Demokratieverständnis und trat nationalistischen Tendenzen entgegen. Die Bürgerkorrespondenz war demnach auch Mittel einer Erziehung zur Demokratie und diente dem Einüben demokratischer Umgangsformen. JÖRG NEUHEISER (San Diego) zeigte in seinem Vortrag eindrucksvoll auf, welches Erkenntnispotential Bürgerbriefe auch für sozialgeschichtliche Fragestellungen bieten. Anhand von Briefen an die Bundesregierung aus den Jahren 1949 bis 1955 zu Arbeitslosigkeit und Doppelverdienertum rekonstruierte der Referent eine „vergessene Krise der Arbeit“ im Westdeutschland der frühen 1950er-Jahre. Neben Sorgen und Nöten enthielten die Briefe zahlreiche konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Beschäftigungssituation im Land. Die Bürgerbriefe hatten somit einen partizipativen Charakter, wenngleich die Briefeschreiber die Relevanz der Überwindung von Arbeitslosigkeit nur in seltenen Fällen mit der neuen demokratischen Gesellschafsordnung begründeten. Im dritten Vortrag der Sektion ging CLAUDIA GATZKA (Freiburg) auf Hamburger Bürgerbriefe an die Volksparteien ein, die sie als lokale Beziehungsgespräche diskutierte. Gatzka zeigte auf, inwiefern diese situativen Mitteilungen aus der sozialen Lebenswelt an die Politik individuelle partizipative Performanzen des Volkes darstellten. Inhaltlich löste dabei gegen Ende der 1960er-Jahre die Kompromissdiskussion die skeptische Kommunikation der frühen Nachkriegsjahre ab. Die Referentin schloss mit dem Appell, die Lebenswelt der Briefeschreiber genauer zu verorten und stärker in die Analyse miteinzubeziehen. Das sei vor allem deshalb erstrebenswert, um diesen Aspekt auch in die Demokratiegeschichtsschreibung zu inkludieren.

Mit Bürgerbriefen in polarisierten Zeiten beschäftigte sich die fünfte Sektion. DANIELA MÜNKEL (Berlin) widmete sich Bürgerbriefen aus der DDR an westdeutsche Bundespolitiker. Die Briefe stellten eine offene Delegitimierung des DDR-Regimes dar und wurden systematisch von der Stasi abgefangen. Erneut zeigt sich, inwieweit Bürgerbriefe Ausdruck politischer Partizipationspraxis sind, wobei deren Inhalte von zunächst allgemeinpolitischen Themen in den 1980er-Jahren einen Wandel hin zu individuellen Hilfsforderungen erfahren haben. Die Referentin betonte die schwierige Recherchesituation und hohe Anzahl kassierter Korrespondenzen, was auf ein Grundproblem bei der Beschäftigung mit Bürgerbriefen hindeute. Ebenso machte sie auf die Wechselwirkung und Beeinflussung der Briefe durch mediale Berichterstattung aufmerksam. BERNHARD GOTTO (München) ging in seinem mit audiovisuellen Quellen angereicherten Vortrag auf Alltagsrassismus und Ausländerpolitik in der Bürgerkommunikation von Franz Joseph Strauß ein. Strauß und dessen Referenten traten darin fremdenfeindlichen Stereotypen und rassistischen Aussagen in aller Regel nicht entgegen. Die Antwortschreiben basierten vermehrt auf Textbausteinen und wurden mittels moderner Speicherschreibmaschinen erstellt. Dieses Schweigen integrierte Alltagsrassismus in den demokratischen Kommunikationsraum. Zurechtweisung und Widerspruch habe es nur bei groben Überschreitungen der Toleranzgrenze gegeben, wie etwa bei NS-Apologien oder Gewaltfantasien. Die Briefe seien somit gleichermaßen Ausdruck von Doing- und Undoing Democracy, wobei letzterer Ansatz darauf abziele, demokratische Standards zu unterlaufen und die Demokratie als politische, soziale und kulturelle Ordnungskategorie irrelevant zu machen.

Die sechste Sektion thematisierte Bürgerbriefe im Zeitalter von Protestbewegungen und Bürgerinitiativen. Zunächst gab PHILIPP GASSERT (Mannheim) Einblicke in Bürgerbriefe an die baden-württembergischen Ministerpräsidenten in den 1970er-Jahren. Anhand mannigfaltiger Quellenbeispiele machte er auf das breite Spektrum von zustimmenden und ablehnenden Briefen aufmerksam. Besonders markant sei es, dass im Falle politischer Kontroversen die Bürgerbriefe nicht selten eine Ratgeberfunktion innehatten, wobei derartige Briefe zumeist dem eigenen Lager entstammten. Das Einholen von und Eingehen auf Kritik, stellte dabei eine Form der politischen Kommunikation dar. Die demokratische Praxis des Schreibens war durchaus erwünscht und wurde etwa durch Schaffung entsprechender Tätigkeitsfelder in Ministerien kanalisiert und professionalisiert. Hier zeigt sich eine Kontinuitätsline, deren Anfänge bereits in der Weimarer Republik zu finden sind. SILKE MENDE (Münster) konzentrierte sich in ihrem Referat auf grün-alternative Kommunikationsformen, wobei sie betonte, dass anstelle von Bürgerbriefen besser von Basisbriefen gesprochen werden müsse. Der dem Vortrag zu Grunde liegende Quellenkorpus setzt sich überwiegend aus Zuschriften an Petra Kelly sowie an die Landesverbände und den Bundesvorstand zusammen. Wie bereits Wolfram Pyta, machte sich auch Silke Mende dafür stark, die materiellen Aspekte der Briefe stärker in den Blick zu nehmen. Inhaltlich könne von einer Kommunikation auf Augenhöhe gesprochen werden, was Rückschlüsse auf das Selbstverständnis und Selbstbild der Briefeschreiber zulasse. Insgesamt seien die Briefe Ausdruck des sich damals entwickelnden grünen Demokratieverständnisses, das vor allem Basisdemokratie inhaltlich und prozessual einforderte. Anhand der Grußformel „Liebe Grüße“ oder des Duzens zeigte die Referentin überdies auf, wie grün-alternative Kommunikationsformen heute Eingang in die Alltagskommunikation gefunden haben.

Die letzte Sektion richtete den Blick auf die europäische und deutsche Einheit. Zunächst stellte THOMAS SÜSLER-ROHRINGER (München) in seinem Vortrag an das Europäische Parlament gerichtete Petitionen aus den 1970er-Jahren vor, die als Sonderform von Bürgerbriefen zu verstehen sind. Dennoch dienten auch diese dazu, Demokratie auszuhandeln und performativ auszuüben. Die Analyse von Petitionen eröffnete dabei neue Sichtweisen auf das untersuchte Jahrzehnt und zeigte wachsende Auseinandersetzungen mit Bürgern verschiedener Staaten mit den europäischen Gemeinschaften. Im letzten Vortrag der Tagung ging HELENA GAND (Berlin) auf Emotionen und Zukunftserwartungen in Bürgerbriefen zur deutschen Einheit ein. Hierbei zeigte sie anschaulich und überzeugend auf, wie Bürgerbriefe auch unter einer emotionsgeschichtlichen Fragestellung verhandelt werden können. Ziel sei es, die Geschichte des Umbruchs als emotional verstandenes Phänomen auszuleuchten und neben der Emotionsgeschichte auch der Transformations- und Demokratiegeschichte neue Facetten hinzuzufügen. Die Bürgerbriefe seien dabei Ausdruck eines individuellen kreativen Prozesses innerhalb der Bevölkerung, in dem gegenwärtige Ereignisse sortiert und Gefühle geäußert würden. Individuelle Sorgen und Ängste kämen dabei ebenso zum Ausdruck wie Hoffnungen und Wünsche. Die Briefe vermittelten somit einen Eindruck gesellschaftlicher Stimmungslagen. Für die historische Zukunftsforschung gäben die Briefe weiterhin Aufschluss über die Pluralität an Zukunftserwartungen im Umbruchsjahr.

Bereichert wurde die Tagung außerdem durch eine öffentliche Abendveranstaltung, die Bürgereingaben an die Politik in Zeiten von Social Media und Populismus in den Blick nahm. Auf dem Podium versammelten sich mit ANDREJ STEPHAN (Halle), Mitarbeiter im Wahlkreisbüro des Bundestagabgeordneten Karamba Diaby und der langjährigen Referatsleiterin im Bundespräsidialamt ANTJE SIEBENMORGEN (Berlin) zwei hochkarätige Gäste aus der Praxis, die über ihre alltäglichen Erfahrungen mit Bürgerbriefen berichteten. Erfreulicherweise konnten beide die im Veranstaltungstitel angedeutete Wende vom Bittbrief zur Hassmail nicht bestätigen; letztere blieben die große Ausnahme.

In der Abschlussdiskussion sprach sich Frank Bösch für eine genaue Definition und Differenzierung von Bürgerbriefen aus. Ein wesentlicher Aspekt, der im Verlauf der Tagung vermehrt thematisiert wurde und auf allgemeinen Konsens stieß. Sie seien als eine Form der Partizipation, aber nicht unbedingt der Demokratisierung zu fassen. Es sei ratsam, Bürgerbriefe als Teil eines Medienverbundes zu begreifen und das Selbstverständnis der Schreibenden und ihre Vorstellungen von starken Staatslenkern noch stärker zu analysieren. Ebenso sollten die Geschlechterfrage, der technische Wandel und die Folgen genauer gefasst werden. Thomas Hertfelder betonte die Notwendigkeit unterschiedlicher methodischer und theoretischer Zugänge, um das volle Potential der Quelle ausschöpfen zu können.
Das Plenum war sich einig, dass der systematische Blick auf die Quellengattung und der gewählte historische Längsschnitt besonders lohnenswert waren, künftig aber auch die Nichtschreiber mitgedacht werden sollten. Das Theodor-Heuss-Kolloquium 2022 setzte somit vielfältige Impulse für weitere Forschung. Die Entscheidung, die Beiträge dieser produktiven Tagung in einem Sammelband zu publizieren, bietet hierfür eine ausgezeichnete Grundlage.

Konferenzübersicht:

Thomas Hertfelder (Stuttgart): Begrüßung

Frank Bösch (Potsdam): Im Dialog mit dem Volk. Bürgerbriefe als Form der politischen Kommunikation

I. Sektion: Bürgerbriefe und Demokratisierung im Kaiserreich und in der Weimarer Republik
Moderation: Ernst Wolfgang Becker (Stuttgart)

Hedwig Richter (München): Devotion und Renitenz. Unklare Verhältnisse in Bürgerbriefen von 1848 bis zum Ersten Weltkrieg

Volker Köhler (Darmstadt): Vom Parteigenossen zum Minister. Eingaben und Bittbriefe an sozialdemokratische Amtsträger in Sachsen (1918–1925)

II. Sektion: Lobpreisung und Denunziation im Nationalsozialismus
Moderation: Ewald Grothe (Wuppertal)

Wolfram Pyta (Stuttgart): Bürgerbriefe an Hitler

Stefan Scholl (Mannheim): Loyaler Unmut? Eingaben im Nationalsozialismus zwischen partieller Kritik und Zugehörigkeitsbekundung

III. Sektion: Bürgerbriefe in der DDR
Moderation: Thorsten Holzhauser (Stuttgart)

Martin Sabrow (Potsdam): Konsens und Kritik. Bürgerbriefe an Erich Honecker

Christina Morina (Bielefeld): „Demokratie ist keine Geste der Staatsmacht gegenüber der Gesellschaft“. Zur Analyse des Demokratie- und Bürgerselbstverständnisses im geteilten Deutschland anhand von Bürgerbriefen aus den 1980er Jahren

IV. Sektion: Demokratieaufbau in der frühen Bundesrepublik
Moderation: Thomas Hertfelder (Stuttgart)

Ernst Wolfgang Becker (Stuttgart): Demokratie als Lebensform? Bürgerbriefe an Theodor Heuss und Konrad Adenauer

Jörg Neuheiser (San Diego): Arbeitslosigkeit, Doppelverdiener und die NS-Vergangenheit – Bürgerbriefe an die Bundesregierung und die vergessene Krise der Arbeit in Westdeutschland 1949 – 1955

Claudia Gatzka (Freiburg): Lokale Beziehungsgespräche. Hamburger Bürgerbriefe an die „Volksparteien“

V. Sektion: Bürgerbriefe in polarisierten Zeiten
Moderation: Gudrun Kruip (Stuttgart)

Daniela Münkel (Berlin): Briefe ohne Antwort. Die Stasi und Zuschriften von DDR-
Bürgern an Bundespolitiker

Bernhard Gotto (München): Rechts innen. Alltagsrassismus und „Ausländerpolitik“ in der Bürgerkommunikation von Franz Josef Strauß von den 1960er bis 1980er Jahren

VI. Sektion: Im Zeitalter von Protestbewegungen und Bürgerinitiativen
Moderation: Frank Bösch (Potsdam)

Philipp Gassert (Mannheim): „die da unten …; Ihr da oben“: Briefe an die baden-württembergischen Ministerpräsidenten in den 1970er Jahren

Silke Mende (Münster): „von ganzem Herzen an alle Sonnenblumen und Igel Menschen“. Grün-alternative Kommunikationsformen

VII. Die Bürger und die europäische und deutsche Einheit
Moderation: Hedwig Richter (München)

Thomas Süsler-Rohringer (München): Petitionen an das Europäische Parlament. Annäherungen an Prozesse der Europäisierung „von unten“

Helena Gand (Berlin): Emotionen und Zukunftserwartungen in Bürgerbriefen zur Deutschen
Einheit

Öffentliche Abendveranstaltung: Vom Bittbrief zur Hassmail? Bürgereingaben an die Politik in Zeiten von Social Media und Populismus
Moderation: Frank Bösch (Potsdam)
Teilnehmer:innen: Antje Siebenmorgen (Berlin) / Andrej Stephan (Berlin) /

Anmerkungen:
1 Vgl. Klaus-Michael Mallmann / Gerhard Paul, Resistenz oder loyale Widerwilligkeit? Anmerkungen zu einem umstrittenen Begriff, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 41 (1993), S. 99 – 116.