Natur und Krieg. Militärische Interaktionen mit der naturalen Umwelt von der Antike bis zur Gegenwart

Natur und Krieg. Militärische Interaktionen mit der naturalen Umwelt von der Antike bis zur Gegenwart

Veranstalter
Jan Philipp Bothe (Institut für Historische Landesforschung Göttingen); Sven Petersen (Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte Göttingen)
Veranstaltungsort
Ort
Göttingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.07.2018 - 06.07.2018
Deadline
10.11.2017
Website
Von
Jan Philipp Bothe, Lehrstuhl Prof. Marian Füssel (Frühe Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der Wissenschaftsgeschichte), SMNG Göttingen

Die Interaktion mit Faktoren der naturalen Umwelt bildet einen konstitutiven Bestandteil militärischen Handelns. Sowohl in der Planung, als auch in der logistischen sowie taktischen Durchführung militärischer Aktionen müssen sich Akteure mit Klima, Wetter und Topografie des jeweiligen Kriegsschauplatzes auseinandersetzen. Dies gilt nicht erst seit der Diktion Carls von Clausewitz, der Faktoren wie Regen oder Matsch dem Bereich der Friktionen, also der kontingenten Ereignisse im Kriegsverlauf zuordnete. Darüber hinaus aber wirkt militärisches Handeln entweder zufällig oder gezielt als zerstörerischer Faktor auf die naturale Umwelt. Von antiken Rodungen zur Metallverhüttung und zum Flottenbau bis zu den Spätfolgen des im Vietnamkrieg eingesetzten Entlaubungsmittels „Agent Orange“ zeigen sich diese Einflüsse bis heute.

Während die US-amerikanische Umweltgeschichte die Verknüpfung von Militär- und Umweltgeschichte seit etwa zwei Jahrzehnten als ein aufkommendes Forschungsfeld begreift, fehlt es bislang weitgehend an vergleichbaren deutschsprachigen Studien zu diesem Thema. Auch die in jüngerer Zeit als eigene Forschungsrichtung etablierte Untersuchung der materiellen Kultur des Militärs behandelt die Umwelt des Kriegstheaters oftmals nur am Rande.

Daran anschließend fragt die Tagung epochenübergreifend und interdisziplinär nach militärischen Mensch-Umwelt-Interaktionen und den Auswirkungen militärischen Handelns auf die naturale Umwelt. Dabei wird diese Interaktion als eine Wechselwirkung begriffen: Militärisches Handeln wird durch Umweltfaktoren beeinflusst, wirkt aber gleichzeitig auch auf die Umwelt ein.

Beiträge zur Tagung sollten sich mit folgenden vier Kategorien beschäftigen:

1. Planung und Wissen
Wie werden Umweltfaktoren in die militärische Planung integriert? Auf welche Arten und Weisen wird militärisch relevantes Wissen über Kriegsschauplätze und die dortige Natur produziert? Gerade für die Planung von Operationen im Vorfeld, aber auch für Entscheidungen vor Ort spielt die Generierung von Wissen über naturale Umwelten eine wichtige Rolle. Hierbei können nicht nur die Planungen für Operationen und die Berücksichtigung natürlicher Faktoren selbst in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken, sondern auch die Methoden und Arten der Generierung von Wissen selbst.

2. Topographie und Taktik
Wie nutzen Akteure die Topografie des Kriegstheaters, werden von ihr zu bestimmten Handlungsweisen gezwungen oder verändern sie? So erscheint beispielsweise taktisches Entscheiden nicht nur als Beeinflussung der Umwelt, wenn die Landschaft durch Gräben und Verteidigungsanlagen transformiert wird, sondern wird seinerseits auch durch Umweltfaktoren beeinflusst. Durch die Topografie der Operationsgebiete werden für militärisches Agieren Handlungsangebote gemacht, naturale Bedingungen werden unter einem „militärischen Blick“ betrachtet. Zugleich können auch unvorhergesehene Faktoren wie Regen, Schlamm oder Überschwemmungen ganze Operationen scheitern lassen, wodurch Naturfaktoren eine eigene Agency entfalten können.

3. Wahrnehmung und Erfahrung
Wie nehmen Akteure naturale Umwelt im Krieg war? Wie wird der Einfluss von Klima, Wetter und Topographie erfahren und wie beeinflussen unterschiedliche Wahrnehmungsweisen naturaler Faktoren die Interaktion mit Umwelt? So ist insbesondere nach eigenen Signaturen von unterschiedlichen Operationsgebieten in den Wahrnehmungen der Akteure vor Ort zu fragen, die die Erfahrung eines Kriegsschauplatzes prägten. Unter Umständen formten diese Wahrnehmungen wiederum die Interaktion mit der naturalen Umwelt, wenn beispielsweise Wälder als uneinsehbar und gefährlich wahrgenommen und deshalb abgeholzt wurden.

4. Aushandlungen und Folgen
Was sind die längerfristigen Folgen kriegerischen Handelns für die lokale naturale Umwelt, und wie beeinflussen diese die spätere Landnutzung? Wie wird die militärische Nutzung oder Veränderung von Natur mit anderen, beispielsweise zivilen Nutzern ausgehandelt? Gegenüber jahrhundertelanger Bewirtschaftung von Wäldern oder Feldern erscheinen kriegerische Auseinandersetzungen zwar nur wie kurze Episoden. Allerdings konnten gerade diese auf kurzfristige Erfolge zielenden und lokal mit großer Intensität geführten Konflikte auch längerfristig Spuren in Landschaften hinterlassen. Daher stellt sich die Frage nach Aushandlungsprozessen im Hinblick auf tatsächliche oder befürchtete Folgen von Krieg, sowohl innerhalb des Militärs als auch zwischen Militär und Zivilbevölkerung.

Die Tagung richtet sich ausdrücklich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler. Für die Gesamtlänge der Vorträge sind etwa 25 Minuten vorgesehen. Bitte senden Sie Ihre Abstracts (max. 2000 Zeichen) sowie einen kurzen CV bis zum 10.11.2017 an Sven Petersen (sven.petersen[at]phil.uni-goettingen.de) oder Jan Philipp Bothe (jbothe[at]gwdg.de). Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis zum 08.12.2017. Vor der Tagung bitten wir alle Referentinnen und Referenten, uns bis zum 15.06.2018 ihre Scripte zuzusenden.

Eine Veröffentlichung der Tagungsergebnisse ist geplant. Die Übernahme von Fahrt- sowie Übernachtungskosten wird angestrebt.

Programm

Kontakt

Jan Philipp Bothe
Institut für Historische Landesforschung, Heinrich-Düker-Weg 14, 37073 Göttingen
jbothe@gwdg.de

Sven Petersen
Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte, Heinrich-Düker-Weg 14, 37073 Göttingen
sven.petersen@phil.uni-goettingen.de