Das Phänomen Mönchtum erfreut sich sowohl in fachwissenschaftlicher als auch in populärer Literatur großer Beliebtheit. Zumeist wird dabei eine bestimmte mönchische Traditionslinie in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt, etwa das mittelalterliche, das eremitische, das orthodoxe oder das zisterziensische Mönchtum, um einige Beispiele zu nennen. Der vorliegende Atlas hat demgegenüber den ehrgeizigen Anspruch, das christliche Mönchtum in umfassender Weise darzustellen. Unter Mönchtum ist hier eine meist weltabgewandte, Askese und Kontemplation besonders betonende Form des Ordenslebens zu verstehen. Davon zu unterscheiden sind jene geistlichen Gemeinschaften, die eine bestimmte pastorale Aufgabe zu ihrem Proprium gewählt haben. Die stark auf Seelsorge ausgerichteten franziskanischen oder dominikanischen Gemeinschaften etwa, der Jesuitenorden und die neuzeitlichen Kongregationen sind daher als nicht-mönchische Verbände auch nicht Gegenstand der Darstellung. Mit leichter Verwunderung stellt man daher fest, dass der Herausgeber des Bandes, Juan Maria Laboa, Neuere Kirchengeschichte lehrt, wird das Mönchtum ex professo doch regelmäßig von Historikern der Alten Kirche oder Mediävisten behandelt.
Die Darstellung im Atlas beginnt phänomenologisch mit den ersten Erscheinungen mönchischen Lebens in der Antike, wobei auch der indische Raum Beachtung findet. Nach einer mehr theologischen Besinnung auf das Verhältnis von weltabgewandtem Mönchtum und menschenzugewandter neutestamentlicher Botschaft werden die Ursprünge des christlichen Mönchtums bei den ersten Einsiedlern in der Wüste und den frühen könobitischen Gemeinschaften dargestellt. Die koptischen und syrischen Mönchstraditionen werden gewürdigt, dann die bedeutenden Mönchsväter Hieronymus und Cassian. War das Mönchtum ursprünglich im Orient beheimatet, so kam es mit der Spätantike auch nach Europa. Eigene Abschnitte gehen in diesem Zusammenhang auf das gallische, das hispanische, aber auch das später in Europa so bedeutende augustinische Mönchtum in Nordafrika ein. Allerdings darf hier gefragt werden, ob diese augustinische Form einer Klerikergemeinschaft wirklich Mönchtum im strengen Sinne war. Breiten Raum nimmt Benedikt von Nursia mit seiner Regel ein. Direkt danach wird der für das orthodoxe Mönchtum bedeutsame Mönchsvater Basilius der Große gewürdigt. Dieser Wechsel zwischen Osten und Westen prägt den Atlas, wobei der Herausgeber um eine chronologische Reihenfolge der Darstellung bemüht ist.
Der Band bietet dem Leser herrliche, oft ganzseitige Bilder von mönchischen Bau- und Kunstwerken. Das Kartenwerk, das man bei einem Atlas eigentlich erwartet, tritt demgegenüber hinter den opulenten Abbildungen zurück. Ganze 55 Karten finden sich auf 271 Seiten, die meist nicht größer sind als eine Postkarte. Ein Register der Karten fehlt. Zudem werden die Gestaltungsprinzipien für die Karten nicht deutlich. Teilweise illustrieren sie den Text recht genau, in dem die Verbreitung eines bestimmten monastischen Verbandes zu der im Text genannten Zeit wiedergegeben wird. Teilweise sind aber auch Darstellungen ohne Bezug zum Text zu finden. So bewegt sich der Abschnitt zum Kartäuserorden ganz im Mittelalter, die Karte aber zeigt die heutige Verbreitung. Die Darstellung der Kartäuser macht auf ein weiteres Problem des Atlas aufmerksam. Die Texte sind insgesamt recht dünn. Ganze vier Seiten werden diesem Orden eingeräumt, dem sicher interessantesten abendländischen Mönchsverband, der Kloster- und Einsiedlerleben zu einer Symbiose geführt hat. Zieht man noch die Bilder ab, so verbleiben reichlich zwei Spalten Darstellung. Es finden sich keine Literaturhinweise. Die Darstellung selbst bleibt an der Oberfläche. Die Angabe zum gegenwärtigen Mitgliederstand ist falsch. Statt 700, hat der Orden nur gut 400 Mönche und 50 Nonnen. Das Beispiel der Kartäuser ist leider symptomatisch, denn die Texte tragen durchgängig einen leicht oberflächlichen Charakter. Eine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Ordensgeschichtsschreibung findet nicht statt. Literaturangaben sucht man in dem Buch vergebens. Das lässt nach der Zielgruppe für den Atlas fragen. Sie wird sicher nicht bei der wissenschaftlichen Ordensgeschichte zu suchen sein. Man wird dem Atlas eher gerecht, wenn man ihn als gehobenes Sachbuch ansieht.
Dennoch: Die Autoren der einzelnen Beiträge sind, für ein Sachbuch eher untypisch, überwiegend Hochschullehrer. Betrachtet man die vertretenen Disziplinen, fällt ein großes Übergewicht im Bereich der Byzantinistik und der orthodoxen Monastik auf. Wenn auch die Verteilung der Darstellung auf Ost und West in etwa ausgewogen ist, so hat der Band vor allem für die westlichen Lesern eher fremden orthodoxen Mönchstraditionen seinen Wert. Wo sonst etwa findet man eine knappe Einführung in das georgische oder armenische Mönchswesen? Der hier zu bemerkende durchgängig geografische Fokus der einzelnen Beiträge rettet dem Buch dann auch die Bezeichnung als Atlas. Positiv zu erwähnen ist noch ein recht detailliertes Register als Verzeichnis der Namen und Orte.
Insgesamt hinterlässt der Atlas des Mönchtums einen gemischten Eindruck. Er ist vor allem, das sei nicht abwertend gemeint, ein gediegenes Coffeetable-Book für Freunde des Mönchtums. Hier bietet er, wie der bekannte Freiburger Ordenshistoriker Karl Suso Frank in seinem Geleitwort formuliert „Material zum Anschauen und Bestaunen.“ Das bietet er aber wirklich. Und der Rezensent gesteht, dass er an den herrlichen Bildern seine Freude gehabt hat. Dem wissenschaftlich arbeitenden Ordenshistoriker hingegen bietet er leider nur wenig mehr als schöne Bilder. Eine Bibliografie, mehr statistische Daten, ein einheitlicherer Aufbau der Artikel und der Karten, kurz: eine straff ordnende Hand des Herausgebers hätte hier schon viel bewirken können. Zur Einführung in das Thema eignet sich der Atlas bei allen Schwächen dennoch gut und kann als populärer Einstieg in die Welt des Mönchtums empfohlen werden. Er wird seinen Platz daher eher in den öffentlichen, denn in den wissenschaftlichen Bibliotheken finden.