D. Berry: The Romanian Mass Media and Cultural Development

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Title
The Romanian Mass Media and Cultural Development.


Author(s)
Berry, David
Published
Hampshire 2004: Ashgate
Extent
244 S.
Price
₤ 49.95
Reviewed for H-Soz-Kult by
Stefan Jarolimek, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, Universität Leipzig

Die Analyse der Massenmedien und der kulturellen Entwicklung in Rumänien von David Berry zielt auf einen ganz bestimmten Zeitraum ab, den nach 1989. Damit steht die Arbeit im Kontext der Transformations- bzw. der vorwiegend auf Politik gerichteten Transitionsforschung. Dem als Senior Lecturer für Journalismus am Southampton Institute tätigen Autor muss man grundsätzlich drei Dinge zu Gute halten: Erstens ist die Erforschung der Transformationsprozesse unter Einbezug der Massenmedien als durchaus wesentlicher Faktor wohl eher die Ausnahme. Gleiches gilt zweitens auch für die Spezialisierung auf Rumänien. Durch die Spezifika der rumänischen Historie und Historiografie verlief und verläuft die gesellschaftliche Entwicklung in Rumänien anders als bei den sonst üblicherweise untersuchten Staaten wie Russland, Polen oder Tschechien. Und schließlich muss man Berry drittens hoch anrechnen, dass er Massenmedien und Kultur nicht nur im engeren Sinn behandelt, sondern sich an einer umfassenden Analyse versucht, die mehrere Faktoren und Kontexte berücksichtigt.

Ausgehend von der Feststellung, „we cannot [...] simply assume that Romania either is or can develop a democratic system purely on the basis of the collapse of Romanian communism“ (S. VII), interessiert sich Berry vor allem für den Einfluss der Medien auf die Entwicklung des postkommunistischen Rumänien. Den vielfältigen Detailfragen, die die Einzelabschnitte untergliedern und somit auch dem Rezipienten die Lektüre erleichtern, stellt er drei leitende Fragestellungen voran: 1. Können die Medien das Wissen (in) der Öffentlichkeit durch Prozesse der Demokratisierung und Pluralisierung stärken? 2. Können die Massenmedien behilflich sein, eine Zivilgesellschaft und eine kritische, auf etablierten Normen basierende Öffentlichkeit aufzubauen? 3. Können Medien als Vehikel für die Entwicklung einer eigenen Kultur dienen?

Berry nähert sich der Beantwortung dieser Forschungsfragen zunächst aus historischer Perspektive. Diese nimmt großen Raum im Buch ein. Er begründet sein Herangehen damit, dass man erkennen müsse, wie sehr die Entwicklung jedes Staates von jenen spezifischen Vorbedingungen der jeweiligen Geschichte abhängig ist, die eine Demokratisierung eher verhindern als sie direkt zu fördern. Das erste Kapitel ist daher der Geschichte von Romanian Ideas zum Projekt der Aufklärung gewidmet. Das zweite beschreibt die Geschehnisse der rumänischen „Revolution“. Danach folgen hauptsächlich für die Zeit nach 1989 Kapitel zu den Printmedien und deren Einfluss auf Kultur, zur rumänischen Mediengesetzgebung, zu Journalismus und Ethik. Im Weiteren behandelt Berry auch den Rundfunk und dessen Einfluss auf die Kultur, sowie die Beziehung von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft. In einer Zusammenfassung geht er auf den Postkommunismus in Rumänien und den Transitionsprozess ein.

Der Einstieg in die Erforschung der Transformationsprozesse über die Geschichte und die Geschichtsschreibung ist wohl der klassische, vielleicht auch der beste, aber zugleich der am meisten vernachlässigte. Die Aufarbeitung bzw. Betrachtung historischer Ereignisse des betreffenden Staates ist grundlegend für die weitere Forschungsarbeit. Denn nur so - und derart argumentiert auch Berry - wird es möglich, Veränderungen bzw. Entwicklungen in ihrem jeweiligen Kontext zu betrachten und einzuordnen. So wertvoll diese Aufarbeitung ist, so wünschte man sich doch eine straffere Einführung in die historische Entwicklung, geht es im vorliegenden Buch ja nicht um die Kultur- oder Mediengeschichte Rumäniens, sondern um die Analyse ihrer Entwicklung nach 1989. Diese beginnt im dritten Kapitel mit der Betrachtung der Printmedien.

Zuvor führt Berry in sein theoretisches Konzept ein, das sich stark von dem unterscheidet, was man von anderen Analysen postkommunistischer Mediensysteme kennt. Die klassischen Transformationstheorien der Politikwissenschaft und Soziologie stehen im Hintergrund. Vielmehr argumentiert David Berry mit anderen Klassikern: Zunächst mit Marx, dann Hegel, Weber, Locke, Hobbes u.a. Dieser für die Transformationsforschung eher unübliche, aber gangbare Weg erstaunt zunächst, dann verwirrt er, da die Diskussion der verschiedenen Ansätze nicht in ein übersichtliches theoretisches Gebäude leitet. Die anschließende Analyse der Printmedien versöhnt jedoch wieder. Denn im Gegensatz zu den üblichen Allgemeinplätzen, die zu den Printmedien gemacht werden, unterlegt Berry seine Aussagen mit Beispielen aus rumänischen Zeitungen. Dieser dezidierte Bezug auf die Inhalte ist unerlässlich, will man die Entwicklungen und den Einfluss der Massemedien nachvollziehen. Ebenso vorbildlich ist die Auseinandersetzung Berrys mit den Institutionen und deren Veränderungen. Dabei geht er in seiner Analyse nicht nur auf die rumänische Gesetzgebung ein, sondern berücksichtigt etwa auch medienethische Konzepte oder Grundsatzpapiere des wichtigsten Journalistenverbandes in Rumänien.

Sein Versuch einer Analyse des Transformationsprozesses in Rumänien mit Schwerpunkt auf Massenmedien und Kultur wird durch ein Kapitel zu Medien, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft abgerundet. Dieser kurz gefasste Textteil unterstreicht nicht nur Berrys Versuch, aus einer zu engen Denkweise auszubrechen und alle relevanten Kontexte seiner Fragestellung mit einzubeziehen, sondern verdeutlicht auch sein Bestreben, diffuse Begriffe dieses Forschungskontextes näher zu beleuchten. Gerade der Begriff der Zivilgesellschaft bzw. der Civil Society ist darunter zu subsumieren. Als einer der wenigen Forscher in diesem Feld setzt der Verfasser diesen Begriff nicht als bekannt voraus, sondern versucht ihn mit Rückgriff auf beispielsweise Locke, Hegel oder Habermas zu fassen.

Mit gleicher wissenschaftlicher Präzision analysiert Berry das Verhältnis von rumänischem Postkommunismus und Transition. Dabei stellt er sich nicht nur die banale Frage: „Transition to what exactly?“ (S. 176), sondern hebt auch hervor - was oft vergessen wird -, dass zu „den Medien“ nicht nur der Journalismus gehört, sondern auch Seifenopern, Quizshows, Sport etc. Dieser Hinweis ist wichtig. Nach der ausführlichen Deskription der Entwicklung der Massenmedien und der Kultur kommt Berry zu dem Ergebnis, dass sich Rumänien noch immer im Transformationsprozess mit offenem Ausgang befindet. Die Massenmedien hatten bzw. haben dabei wesentlichen Einfluss auf die Kultur. Ihr sozialer und kultureller Einfluss ist qualitativ höher als der ökonomische Erfolg (S. 183).

Das angezeigte Buch ist schon auf Grund der Themenkombination von Medien, Rumänien und der weitgehend umfassenden Analyse der Transformationsprozesse zu begrüßen. Leider ist die eigentliche rumänische Transformationsdebatte erst in der Zusammenfassung zu finden. Auch finden sich nicht alle Referenzen in der abschließenden Bibliografie. Trotz dieser Monita ist Berrys Analyse zu Rumänien lesenswert für alle, die sich für die dortigen Medien und/oder die Kultur interessieren. Für Leser, die einfach nur auf der Suche nach einem Forschungsansatz für die Untersuchung von Mediensystemen der Transformationsstaaten sind, wird sich in Blick in dieses Buch ebenfalls lohnen.

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