Bedeutung paradigmatischer Vorstellungen für die Funktionsweise mediterraner Gesellschaften des 4.-8. Jhs.

Bedeutung paradigmatischer Vorstellungen für die Funktionsweise mediterraner Gesellschaften des 4.-8. Jhs.

Veranstalter
Sebastian Scholz, Sabrina Melanie Vogt, Philip Zimmermann und Nikolas Hächler (Historisches Seminar UZH)
Veranstaltungsort
Historisches Seminar der Universität Zürich, Karl-Schmid-Strasse 4, KO2-F-152
Gefördert durch
Graduate Campus, Hochschulstiftung und Alumni Fonds der UZH
PLZ
8006
Ort
Zürich
Land
Switzerland
Vom - Bis
09.06.2022 - 10.06.2022
Von
Sebastian Scholz, Sabrina Melanie Vogt, Philip Zimmermann und Nikolas Hächler (Historisches Seminar UZH)

Die Tagung behandelt Vorbilder als normative Konzepte, welche die Funktionsweisen spätantik-frühmittelalterlicher Gesellschaften im Mittelmeerraum prägten. Hierbei soll untersucht werden, wie sich normative Handlungsanweisungen für das erwartete Gelingen des gesellschaftlichen Zusammenlebens aus heutiger Perspektive fassen lassen. Darüber hinaus soll untersucht werden, welche sozialen Organisations-, Ordnungs-, Herrschafts- und Legitimationsformen mittels exempla konkret vorgestellt wurden.

Bedeutung paradigmatischer Vorstellungen für die Funktionsweise mediterraner Gesellschaften des 4.-8. Jhs.

Mit der Aufteilung des Römischen Reiches Ende des 4. Jhs. zerfiel die traditionelle Geschichtsforschung häufig in zwei Stränge: Auf der einen Seite fokussierte sie auf den Verlauf und die Folgen der so genannten Völkerwanderung, auf der anderen Seite auf die Geschichte des (früh-)byzantinischen Staates. Dies resultierte vielfach in der Akzentuierung von Differenzen zwischen dem westlichen und östlichen Mittelmeerraum und den in ihnen lebenden Gesellschaften hinsichtlich staatlicher Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen, ökonomischer Organisationsformen sowie kultureller Gepflogenheiten. Ausgehend von Forschungen Fernand Braudels wird die spätantik-frühmittelalterliche Mittelmeerwelt aktuell allerdings vermehrt als eine miteinander auf vielfältige Weise verflochtene Ansammlung heterogener Teilräume angesehen. Verstärkt werden dabei Kontinuitäten und gegenseitige Beeinflussungen bei der Formierung und Transformation von Herrschaftssystemen, wirtschaftlichen Vernetzungen, diplomatischen Kontakten sowie der damit verbundenen Identitätskonstruktionen hervorgehoben.

Der Workshop möchte auf Vorbilder (exempla) als normative Konzepte und Handlungsanweisungen für das erwartete Gelingen spätantik-frühmittelalterlicher Gesellschaften des lateinischen Westens und des griechischen Ostens im 4.-8. Jh. fokussieren. Um den Blick auf diesbezügliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu schärfen, setzt die Tagung drei Schwerpunkte. In „Kontinuität und Transformation von Herrschaftsideologien“ stehen Kriterien gelungener Herrschaft in historiographischen und hagiographischen Werken im Zentrum der Aufmerksamkeit. In „Exempla sanctorum – Funktion und Bedeutung des Heiligen- und Reliquienkults“ möchten wir den Vorbildcharakter, der mit dem Kult der christlichen Heiligen einherging, untersuchen. Gerade das in hagiographischen Texten erinnerte Leben Heiliger sollte Menschen zur Nachahmung Christi inspirieren und damit zu einem gelungenen Leben innerhalb christlicher Gemeinschaften anleiten. Die dritte Sektion „Die Bedeutung der Rechtsliteratur für das Gelingen von spätantik-frühmittelalterlichen Gesellschaftsformen“ achtet auf normative Anweisungen in Gesetzestexten, die das Zusammenleben von Menschen in staatlichen Systemen zu regeln suchten. Hierbei stossen insbesondere die Auseinandersetzungen und Verflechtungen zwischen den germanischen Traditionen entstammenden Rechtsvorstellungen und den kompilatorischen Bemühungen Ostroms auf besonderes Interesse.

Programm

9. Juni 2022

14:00 Begrüssung durch die Veranstalter und Einführung

14:30 – 18:00 SEKTION I: Kontinuität und Transformation von
Herrschaftsideologien; Sektionsleitung: Beat Näf, Zürich

Mischa Meier (Tübingen): Die Neufassung der oströmischen Monarchie unter Herakleios (610-641)

Anastasia Sirotenko (München): Verfechter der christlichen Welt und Häretiker: Strategien der Darstellung des Kaisers Herakleios in der dyotheletischen Geschichtsschreibung

Johannes Wienand (Braunschweig): Herrscherlob statt Fürstenspiegel. Die erstaunliche Persistenz der spätantiken Panegyrik

10. Juni 2022

09:00 – 12:30 SEKTION II: Exempla sanctorum - Funktion und Bedeutung von Heiligen und Reliquienkulten; Sektionsleitung: Gordon Blennemann, Montreal

Maya Maskarinec (Los Angeles): Saints for all occasions in early medieval Rome

Angela Kinney (Wien): Jerome’s use of exempla in encomia for his female friends

Maria-Lucia Goiana (Wien): Exempla in the letters of Basil of Caesarea (c. 330-378) and Theodore the Stoudite (759-826). Selection, contexts, and functions

14:30 – 18:00 SEKTION III: Die Bedeutung der Rechtsliteratur für das Gelingen von spätantik-frühmittelalterlichen Gesellschaftsformen; Sektionsleitung: Sebastian Scholz, Zürich

Stefan Esders (Berlin): Moyses gentis Hebreae primus omnium divinas leges sacris litteris explicavit: Isidor von Sevilla (gest. 636) und die antiken Gesetzgebungstraditionen

Lukas Bothe (Berlin): Die Kompilation der Lex Ribuaria im Licht spätrömischer ad-hoc Gesetzgebung

Wolfram Brandes (Frankfurt): Anmerkungen zur makedonischen ‚Protorenaissance’: Reflexe des Codex Theodosianus im frühen 9. Jh.?

Kontakt

Sebastian Scholz (sebastian.scholz@hist.uzh.ch)
Sabrina Vogt (sabrina.vogt@hist.uzh.ch)
Philip Zimmerman (philip.zimmermann@hist.uzh.ch)
Nikolas Hächler (nikolas.haechler@hist.uzh.ch)

https://www.hist.uzh.ch/de/fachbereiche/mittelalter/lehrstuehle/scholz/workshop.html