Deutsches Historisches Institut DHIP, Institut historique allemand
20. Oktober 2022, 18.00 Uhr
Gerhard Lauer (Universität Mainz)
Literaturgeschichte rechnen? Neue Wege der Modellierung kulturhistorischer Entwicklungen
Kommentar: Hélène Noizet (Universität Paris I – Panthéon Sorbonne)
Geschichtsschreibung und Literaturgeschichte im Besonderen verstehen sich als hermeneutische Disziplinen, denn historische Zusammenhänge sind komplex und die jeweils Einfluss nehmenden Kontexte sind schwer einzugrenzen. Entsprechend vorsichtig sind die historischen Fächer von Prinzipien und Muster zu sprechen und sind stattdessen auf das Verstehen der konkreten Zusammenhänge fokussiert. Demgegenüber formalisieren computationelle Ansätze in den hermeneutischen Fächern geschichtliche Zusammenhänge. Sie nutzen statische Modelle und versuchen Prinzipien und Muster in den historischen Prozessen aufzufinden. Beide Methodiken und Methodologien ergänzen sich nicht einfach, sondern stehen in einem Spannungsverhältnis. Am Beispiel der Literaturgeschichte erörtert der Vortrag dieses Spannungsverhältnis zwischen etablierten und neuen historischen Ansätzen und versucht die Chancen und Grenzen computergestützter Verfahren abzuwägen.
Vortrag mit Simultanübersetzung (Deutsch/Französisch). Anmeldung: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_WSL5J1pyREuNdBkViIffdQ
27. Oktober 2022, 18.00 Uhr
Ronald Asch (Universität Freiburg)
The Pax Hispanica 1598–1621: a precarious project and the changing landscape of Franco-Spanish and Anglo-spanish relations
Kommentar: Alan James (King’s College)
Die Epoche zwischen den 1590er-Jahren und 1618 wird oft als eine Zeit gesehen, in der alles oder fast alles auf eine politische und konfessionelle Eskalation zulief. Aber diese Sichtweise stützt sich vor allem auf die Entwicklungen im Heiligen Römischen Reich. Blicken wir auf Westeuropa ergibt sich ein anderes Bild, denn hier konnten eine Reihe älterer Konflikte beigelegt werden. Heinrich IV. gelang es 1598 die Französischen Religionskriege zu beenden und schloss zugleich Frieden mit Spanien, 1604 einigten sich die alten Gegner England und Spanien auf einen Friedensvertrag und selbst der Krieg zwischen Spanien und der niederländischen Republik fand 1609 durch einen Waffenstillstand ein vorläufiges Ende. Der Vortrag wird argumentieren, dass das zentrale Problem, das den Frieden in Europa vor 1618 gefährdete nicht so sehr eine wachsende konfessionelle Militanz war, sondern der Mangel an Vertrauen zwischen den unterschiedlichen Akteuren.
Vortrag in englischer Sprache. Anmeldung: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_5oSqsjRQQUOgFpqKvhgbgA
17. November 2022, 18.00 Uhr
Jens Ivo Engels (TU Darmstadt)
Geschichte der politischen Korruption in Europa
Kommentar: Françoise Dreyfus (CNRS)
Korruption wird oft als das „zweitälteste Gewerbe der Welt“ bezeichnet. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass es Korruption in allen Gesellschaften gab. Tatsächlich eignet sich das Thema gut für einen epochen- und länderübergreifenden Ansatz. Dabei stellt sich schnell heraus, dass es sich nicht um eine anthropologische Konstante handelt, sondern um ein variables Phänomen, das auf sich wandelnde Normensysteme verweist. Erst in den letzten fünfzehn Jahren hat sich eine systematische historische Korruptionsforschung entwickelt. Im Vortrag werden einige ihrer zentralen Ergebnisse mit Blick auf die europäische Geschichte seit dem Beginn der Moderne vorgestellt.
Vortrag mit Simultanübersetzung (Deutsch/Französisch). Anmeldung: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_eSK6M1tSRMCOz6FzdsRxXA
15. Dezember 2022, 18.00 Uhr
Frank Rexroth (Universität Göttingen)
Blick zurück im Zweifel. Hermann Heimpel erinnert sich an seine Straßburger Jahre (1942–1944)
Kommentar: Catherine Maurer (Universität Straßburg)
Hermann Heimpel (1901–1988) war von den 1930er-Jahren bis zu seinem Tod eine prägende Figur der historischen Mittelalterforschung in Deutschland, ja eine Schlüsselfigur der deutschen Nachkriegs-Hochschulen überhaupt. Sein Verhältnis zur nationalsozialistischen Ideologie hat die Historiker schon längere Zeit beschäftigt, insbesondere seit dem Frankfurter Historikertag von 1998. Heimpel ließ sich nach ersten Karrierestationen in Freiburg im Breisgau und Leipzig an die sogenannte „Reichsuniversität“ in Straßburg delegieren, ein ehrgeiziges Projekt nationalsozialistischer Hochschulplanung, mit dem er sich stark identifizierte: Im »deutschen Elsass« deutsche Geschichte lehren zu dürften, bezeichnete er als ein „Geschenk des Himmels“. Mehr noch als sein Straßburger Leben selbst, das nur noch in Umrissen zu rekonstruieren ist, wird der Vortrag Heimpels Memoria an die Straßburger Jahre behandeln: seine halbherzige Auseinandersetzung mit dieser prägenden Lebensphase und seine allmähliche Öffnung für das Thema „Straßburg“ während seiner letzten Lebensjahre.
Vortrag mit Simultanübersetzung (Deutsch/Französisch). Anmeldung: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN__Xk50QfkRQiYhaGm0-xe2Q