Kämpfe um Nietzsche. Nietzsche als Protagonist der europäischen und globalen Kultur bis zur ersten Nachkriegszeit

Kämpfe um Nietzsche. Nietzsche als Protagonist der europäischen und globalen Kultur bis zur ersten Nachkriegszeit

Veranstalter
Carlotta Santini (CNRS/École Normale Supérieure, Paris), Hans Ruin (Södertörn University, Stockholm), Friedrich-Nietzsche-Stiftung, Nietzsche-Gesellschaft
PLZ
06618
Ort
Naumburg (Saale)
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
12.10.2023 - 15.10.2023
Deadline
31.05.2023
Von
Ralf Eichberg, Nietzsche-Dokumentationszentrum Naumburg

Kämpfe um Nietzsche. Nietzsche als Protagonist der europäischen und globalen Kultur bis zur ersten Nachkriegszeit

Der 33. Internationale Nietzsche-Kongress widmet sich der frühen Nietzsche-Rezeption. So wird für die Zeit zwischen 1890 und 1930 gefragt, was es für die zeitgenössischen Intellektuellen bedeutete, "Nietzsche zu lesen". Sowohl die Person als auch die Philosophie Nietzsches waren Gegenstand heftiger Debatten. Herausgestellt werden soll, welche Deutungsansätze nachwirken, bis heute gültig sind bzw. revidiert werden müssen.

Struggles over Nietzsche. Nietzsche as Protagonist in European and World Culture up until the First Postwar Period

The 33rd International Nietzsche Congress is dedicated to the early reception of Nietzsche. For the period between 1890 and 1930, the question will be asked what it meant for contemporary intellectuals to "read Nietzsche". Both Nietzsche's person and his philosophy were the subject of passionate debate. The aim is to show which interpretative approaches are still valid today and which need to be revised.

Kämpfe um Nietzsche. Nietzsche als Protagonist der europäischen und globalen Kultur bis zur ersten Nachkriegszeit

Von den ersten Jahren seines Rücktritts und seiner Krankheit bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs waren das Werk Friedrich Nietzsches sowie seine Person und sein Leben Gegenstand leidenschaftlicher Debatten, die alle Bereiche der Kultur zunächst in Europa und dann weltweit beeinflussten. Weit über das "Phänomen Nietzsche" oder die verschiedenen "Nietzscheanismen" hinaus hatte das Vermögen des Philosophen eine Tragweite, die über eine bloße kulturelle Modeerscheinung hinausging. Nietzsches Philosophie bildete Jahrzehnte lang einen unumgänglichen theoretischen Bezugspunkt, ein Laboratorium von Kategorien und Denkmodellen, auf die sich die unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteure des kulturellen und intellektuellen Lebens der Zeit stützten.

Bevor die akademische Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg den Philosophen Nietzsche durch die Etablierung wissenschaftlicher und philologischer Ansätze vor Vorurteilen und voreingenommenen Lesarten bewahrte, hatte Nietzsches Philosophie bereits einen Grad an Verbreitung und Berühmtheit erlangt, die sie zu einer der wichtigsten kulturellen Phänomene des Jahrhunderts machte. Die Aufmerksamkeit unserer Tagung richtet sich auf die ersten Leserinnen und Leser, die noch frei von festen hermeneutischen Schemata waren und auf den Nietzsche "ante litteram", vor dem Kanon. Montinaris Anregung folgend, werden wir uns fragen, was "Nietzsche lesen" in den ersten Jahrzehnten der Rezeption seines Werkes bedeutete. Diese Frage ist von zentraler Bedeutung, denn es handelt sich um die entscheidenden Jahrzehnte, in denen der Philosoph zum Mythos wurde, in denen aber auch ein regelrechter "Kampf um Nietzsche" entbrannte. Dieser führte zu zahlreichen idiosynkratischen Entstellungen seines Denkens, gegen welche die Nietzsche-Kritik bis heute ankämpft.

Im Spektrum der frühen Rezeption des Philosophen werden wir die vielen Wege der Verbreitung seines Denkens verfolgen. Das geschieht durch die Stimmen seiner ersten "Leserinnen und Leser", die- und derjenigen, die ihn persönlich kannten, der Intellektuellen, die ihn zuerst entdeckten oder kritisierten, der Künstlerinnen und Künstler, die sich von ihm inspirieren ließen, der populären und politischen Bewegungen, die sich um ihn scharten, und der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich seine philosophischen Prinzipien zu eigen machten und sie auf ihre spezifischen Forschungsgebiete anwendeten. Ziel dieses Überblicks ist es, zu erforschen, was an diesen ebenso vielfältigen wie reichhaltigen und freien Zugängen zu Nietzsches Denken originell, gültig und potenziell produktiv war. Zugleich sollen auch die Quellen der bis heute andauernden Vorurteile gegenüber Nietzsches Philosophie identifiziert und wo möglich falsifiziert werden.

Die Beiträge können sich mit den verschiedenen Nietzsche-Lesarten befassen, die die Etappen seines europäischen und weltweiten Erfolgs zwischen den 1890er und den 1930er-Jahren prägten. Sie können auch die Rolle von Nietzsches Philosophie im Denken und Wirken von Vertreterinnen und Vertretern solch unterschiedlicher Wissensgebiete wie der Philosophie, der Kulturkritik, der religiösen Erneuerung, des Sozialismus, des Konservatismus, des Zionismus, des Feminismus, der utopischen Entwürfe, der dystopischen Prophetien, der Kunst, der Musik, der Literatur sowie der Psychoanalyse und Anthropologie, der Kunstgeschichte, Religions- und Literaturwissenschaft betreffen.

Sektionen:

1. Nietzsche im Spiegel seiner Zeitgenossinnen und Zeitgenossen
2. Nietzsche in Literatur und Kunst
3. Nietzsche zwischen utopischen Bewegungen und Gesellschaftskritik
4. Nietzsche und die Humanwissenschaften
5. Der Kampf um Nietzsche

Keyspeakers:

- Steven Aschheim (Hebrew University of Jerusalem)
- Christian Benne (København Universitet)
- Scarlett Marton (Universidade de São Paulo)
- Paul Bishop (Glasgow University)
- Vivetta Vivarelli (Università degli Studi di Firenze)
- Hans Gerald Hödl (Universität Wien)
- Katharina Grätz (Universität Freiburg)
- Graham Parks (Universität Wien)

Abstract (max. 350 Wörter) und CV bis zum 31. Mai 2023 an: info@nietzsche-gesellschaft.de.

Struggles over Nietzsche. Nietzsche as Protagonist in European and World Culture up until the First Postwar Period

From the early years of his retirement and illness until the outbreak of the Second World War, the work of Friedrich Nietzsche, as well as his person and his life, have been the subject of fervent debates that has affected all areas of culture, first in Europe and then worldwide. Far beyond the 'Nietzsche phenomenon' or the various 'Nietzscheanisms', the philosopher's fortune has a scope that goes beyond that of a mere cultural fad. Nietzsche's philosophy has in fact constituted for decades an inescapable theoretical point of reference, a laboratory of categories and models of thought, on which the most diverse players in the cultural and intellectual life of the time have drawn.

Before academic research after World War II rescued the philosopher Nietzsche from prejudice and biased readings by establishing scientific and philological approaches, Nietzsche's philosophy had already achieved a level of diffusion and celebrity that made it one of the most important cultural phenomena of the century. It is to these first readers, still free from fixed hermeneutical schemes, and to this Nietzsche "ante litteram", before the canon, that the attention of our conference is directed. Following Montinari's assumption, we will ask ourselves what "Reading Nietzsche" meant in the first decades of the reception of his work. Asking this question is crucial: these are indeed the decisive decades that consecrated his myth, but also saw the rise of a real "Kampf um Nietzsche", which gave way to multiple idiosyncratic deformations of his thought, against which Nietzschean criticism still struggles today.

Across the spectrum of the philosopher's early reception, we will follow the many routes of dissemination of his thought through the voices of his first "readers", those who knew him personally, the intellectuals who first discovered or criticized him, the artists who were inspired by him, the popular and political movements that rallied around him, and the scholars who made his philosophical principles their own and applied them to their specific fields of research. The aim of this survey is to investigate what was original, valid and potentially productive in those approaches to Nietzsche's thought that were as diverse as they were rich and free, but also to identify, and where possible to falsify, the sources of those prejudices against Nietzsche's philosophy that persist up to the present day.

Contributions may address the different Nietzsche-readings that marked the stages of his European and worldwide fortune between the 1890s and the 1930s. Contributions may concern the role of Nietzsche's philosophy in the thought and work of philosophers and cultural critics, religious reformers, socialists and conservatives, zionists, feminists, utopian dreamers and dystopian prophets, artists, musician, and writers as well as psychoanalysts and scholars in anthropology, art history, religion, and literature.

Kontakt

Nietzsche-Gesellschaft e. V.
Nietzsche-Dokumentationszentrum Naumburg
Jakobsmauer 12
Postfach 1145
D-06618 Naumburg

Tel.: +49 (0) 3445-261133
Fax: +49 (0) 3445-261158

E-Mail: info@nietzsche-gesellschaft.de

https://www.nietzsche-gesellschaft.de/veranstaltungen/jahrestagung-2023/
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