Ausgehend von der Feststellung, dass die Architektur- und Stadtplanungsgeschichte der Metropolen im Zeitraum 1939–1945 – insbesondere in Hinblick auf die Beziehungen zwischen Paris und Berlin – noch wenig erforscht sind, und aufbauend auf den neuesten Forschungsarbeiten der Experten Jean-Louis Cohen, Corinne Jaquand, Harald Bodenschatz, Max Welch Guerra und Harald Bodenschatz sowie Jörn Düwel und Niels Gutschow, bietet diese deutsch-französische Sommerschule eine kollektive Diskussion über die Forschungsquellen und den Austausch zwischen den Hauptstädten während des Krieges und der militärischen Besatzung an. Insbesondere sollen Korrespondenzen (und Interferenzen) zwischen europäischen Metropolen wie Berlin und Paris, Berlin und Wien, Wien und Bratislava, sowie zwischen Paris, Bukarest, Warschau oder Lissabon untersucht werden.
Durch die Sichtung von Archivbeständen unterschiedlicher Arten (Fotosammlungen, Stadtpläne, Militärverwaltungsakten, Archive von Städtebauwettbewerben, Fachzeitschriften) wird dieses Seminar die Vielfalt der Quellen beleuchten, die Forscherinnen und Forschern zur Verfügung stehen, die sich mit den materiellen und kulturellen Folgen des Krieges auf das europäische Metropolengefüge beschäftigen. Die Rolle der militärischen Organisationen (z.B. Todt, Kommandantur Groß-Paris) in der Umgestaltung der bestehenden Bausubstanz, die Kollaboration zwischen der Besatzungs- und der besetzten Verwaltung und die städtischen Bilder der europäischen Stadt während der Besatzungszeit und des Luftkriegs werden im Mittelpunkt unserer Diskussionen stehen.
Zwar sollen die städtischen Modalitäten des Krieges untersucht werden, doch ist unser Ansatz auch Teil einer breiteren Reflexion über die Planungspraxis seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts und den ersten Plänen für Groß-Berlin und Groß-Paris. So wird beispielsweise die Rolle der internationalen Zusammentreffen während der Pariser Ausstellung (1937), oder die von Architektur- und Städtebauwettbewerben (Hochschulstadt Berlin, 1937–1940) und die Mobilisierung oder Ablehnung früherer Muster (Cité universitaire de Paris, Hochschulstadt Madrid) untersucht.
Dieser Aufruf richtet sich an Forscherinnen und Forscher, die sich in ihren Projekten mit Fragen der unterirdischen Stadtplanung, der Stadtplanung auf regionaler Ebene, der Eingriffe in das Infrastrukturnetzwerk (insbesondere Krankenhäuser und Verkehr), der sogenannten "passiven" Verteidigung und der Abrissmaßnahmen im städtischen Kontext befassen.
Das Seminar wird auch die räumlichen Modalitäten der Besatzung Paris, die Politik der Vertreibung und der Deportation und ihre Auswirkungen auf das europäische Stadtgefüge nach 1945 hinterfragen. Die Frage, welche Spuren die ausländische Besatzung in der Pariser Metropolenregion und in anderen besetzten Metropolen hinterlassen hat, wird ebenfalls behandelt.
Die zur Sommerschule eingeladenen Wissenschaftler:innen sollen ihren Forschungsstand in einem 20-minütigen Kurzvortrag im Rahmen der Vormittagssitzungen vorstellen. Am Nachmittag sind gemeinsame Besuche in den Archiven der jeweiligen Städte mit Kurzpräsentationen der Bestände geplant.
Ziel dieses zweiteiligen und jeweils zweitätigen Zusammentreffens zwischen jungen Forscher:innen, etablierten Wissenschaftler:innen und Expert:innen ist die Herausbildung eines neuartigen wissenschaftlichen Netzwerks zu den Quellen der Architektur- und Metropolengeschichte in den Kriegs- und Besatzungsjahren zwischen 1939 und 1945.
Als Ergebnis einer Kooperation zwischen der École Nationale Supérieure d'Architecture de Paris-Belleville (IPRAUS-UMR AUser und der Fachhochschule Potsdam und mit finanzieller Unterstützung der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH) ist diese zweiteilige Sommerschule für den 5. und 6. Juni 2023 in Berlin sowie für den 19. und 20. Juni 2023 in Paris geplant.
Diese Ausschreibung richtet sich an Forscherinnen und Forscher in den Geistes- und Sozialwissenschaften (insbesondere Zeitgeschichte, Stadtgeschichte, Architekturgeschichte, Kunstgeschichte und Soziologie) sowie in architektur- und städtebaunahen Disziplinen.
Prof. Dr. Markus Tubbesing, FH Potsdam
Dr. phil. Eleonore Muhidine, FH Potsdam
Prof. Dr. phil. hab. Corinne Jaquand, ENSA Paris-Belleville
Modalitäten für die Teilnahme:
Bewerbungen (einseitige Vortragsskizze mit Titel sowie Lebenslauf und Liste der Veröffentlichungen) sind bis zum 10. April 2023 an folgende Adresse zu senden: eleonore.muhidine@fh-potsdam.de.
Die Organisatoren übernehmen einen Reisekostenzuschuss von 150,00 Euro pro Anreise, von 80,00 Euro für jede vor Ort verbrachte Nacht (i.d.R. zwei Übernachtungen pro Sitzung) und tragen die Kosten für die Mittagessen (zwei pro Sitzung) und das gemeinsame Abendessen.