Wir freuen uns, nach genau 30 Jahren wieder Gast im Grimme-Institut zu sein und mit unserer 51. Jahrestagung auf das Verhältnis von audiovisuellen Medien und Bildung zu schauen. Der Titel „Fernsehen und Bildung“ soll als Hommage an den Tagungsort und dessen Bedeutung für die deutsche Medienlandschaft verstanden werden, zugleich aber auch zu erweiterten Reflexionen über Bildungsdiskurse in der aktuellen audiovisuellen Kultur anregen.
Wir fragen nach der Geschichte und Zukunft von Bildungsmedien und Medienbildung, nach Formaten, Infrastrukturen und Angeboten, nach historischen Erfolgsmodellen und Irrwegen. Uns interessiert, wie digitale Plattformen in Produktion und Distribution die Konzepte von Bildung und Geschichte verändern. Kann die praktische und programmatische Erfahrung und das Selbstverständnis traditioneller Bildungsinstitutionen in neuen technischen Umgebungen bestehen? Welche Funktion kommt Archiven und audiovisuellem Erbe in digitalen Zeiten zu? Welche Bildungerfahrungen konnten bzw. könn(t)en im "klassischen" Fernsehen gemacht werden? Der Rundfunkbegriff bleibt für uns ein Bezugspunkt, um institutionelle und organisatorische Ziele von Bildung und Medienbildung zu beleuchten.
Die Einführung neuer (Programm-)Medien wurde in der Geschichte immer wieder mit Bildungsprogrammen bzw. der Sorge um den Verfall von Bildung begründet: Nach dem ersten Weltkrieg versprach der deutsche Staatssekretär Hans Bredow bei Einführung des Rundfunks die „geistige Not“ der Bevölkerung durch „drahtlose Belehrung und Unterhaltung“ lindern zu wollen und die Kluft zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Völkern zu schließen. Nach 1945 entstanden öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen als demokratisches Gegengewicht zu den unter der Nazi-Herrschaft diskreditierten Bildungseinrichtungen. Nicht nur medienvermittelte Bildung, sondern Medienbildung selbst rückte eine Generation später ins Blickfeld, als der Volkshochschulverband im Jahr 1973 das Grimme-Institut gründete, Medien und medienpolitische Fragen zum Gegenstand der Erwachsenenbildung machte. Qualitativ hochwertige (=bildende?) Programme, Sendungen und Formate werden in Marl schon seit 1964 mit Grimme- Preisen prämiert. Die Tagung soll auch hierzu Hintergrundwissen und Diskussionsstoff bieten.
Die Debatten zu Medien und Bildung sind in vollem Gange. Daher sind wir an Zuspitzungen interessiert, aber auch an neuen Versuchen. Richtwert sind 20minütige Vorträge mit anschließender Diskussion. Wir laden Wissenschaftler:innen und Expert:innen aus Geisteswissenschaften, empirischer Forschung, Rundfunkanstalten und anderen Medienunternehmen, Archiven, sowie Bereichen der Medienbildung ein, sich zu beteiligen. Die Beiträge sollten eine historische Dimension aufweisen und können zu folgenden Aspekten eingereicht werden (Beispiele):
- Bildende Programme als 'Public Value' im Fernsehen
- Programm- und Institutionengeschichte des Schulfunks, der III. Programme, Telekolleg etc.
- Vermittlung von Geschichtsbewusstsein
- Potenziale des audiovisuellen Archiv-Erbes in Bildung/ Medienbildung
- Gesellschaftlicher Nutzen des Wissens um (historische) Medienpraxis
- Absichtliche und unabsichtliche Bildungserfahrungen/ Bildungsprogramme und ihre unkontrollierbaren Wirkungen
- Unterhaltungssendungen / (Fernseh-)Serien als Quelle von Bildung
- Bisher unbeleuchtetes/unbeachtetes Material zu bildungspolitischen Debatten in Ost und West
- Audioviduelle Medialitäten (Formate, Infrastrukturen, Technik) von Bildungsmedien und wie diese sich wandeln
- Digitalisierung und Wissensvermittlung / Verhältnis zwischen Information, Wissen und Bildung
- Bildungsauftrag des ÖR-Rundfunks als Gegenwarts - und Zukunftsperspektive
- Formen der Wissensvermittlung in heutigen Fernsehangeboten
- Stimmt der Ausruf „Fernsehen ist tot!“ diesmal wirklich oder wartet ‚Fernsehen‘ auf seine Neuerfindung?
- Medien, Bildung und 'Klassismus' / 'Zielgruppenspezifische' Angebote früher und heute
- Kommerzielle Medien(unternehmen) und Bildung
- Streamingdienste und andere audiovisuelle Netzangebote im Bildungskontext
- Transformation von medialen Bildungsangeboten
- Re-Education und Rundfunk nach 1945
- Signalwirkung des Grimme-Instituts / Der Grimme-Preis und die Medienlandschaft
Deadline für die Einreichung: 30.4.2024
Einreichungen bitte per Mail an Susanne Hennings (Deutsches Rundfunkarchiv): Susanne.Hennings@dra.de
Eingereichte Abstracts sollten maximal 3.000 Zeichen umfassen (exklusive etwaiges Literatur- oder Quellenverzeichnis). Die Veranstalter:innen entscheiden über die Annahme in einem Review- Verfahren.
Rückmeldungen sind bis zum 06. Mai 2024 zu erwarten. Die Vorträge können auf Deutsch und Englisch gehalten werden; Konferenzsprache ist Deutsch.
Wir freuen uns auf Ihre Beteiligung!