10.04.2024, 18:00 Uhr
Das Nachleben des Kolonialismus als dekoloniale Ästhetik
Kervin Saint Pere
Die überwiegende Mehrheit der Museen in Europa konstituiert sich auf der Grundlage ihrer Artefakte, und ihre Ausstellungsprogramme schwanken oft zwischen Eigenlob und Selbstkritik an ihren eigenen Sammlungen. Dabei sind die (post-)kolonialen Kontinuitäten in ihren Räumen nicht nur Teil des materiellen Erbes der Museen, welches unrechtmäßig und in Gewaltkontexten „erworben“ wurde, sondern überleben auch in immateriellen Formen als „Pathosformeln“ des Imaginären des Kolonialismus.
Die Auseinandersetzung und das Verständnis des „Nachleben des Kolonialismus“ kann zu einer zukünftigen kritischen Praxis der Museen beitragen, in der ein kritischer Umgang mit den rassistischen Perspektiven, unter denen insbesondere ethnologische Museen entstanden sind, radikalisiert wird und eine dekoloniale Praxis als ästhetische Erfahrung möglich wird.
Der Vortrag stellt das „Nachleben des Kolonialismus“ anhand von Beispielen aus der dekolonialen künstlerischen Praxis und Forschung von Kervin Saint Pere vor.
Moderation:
Jeanne Mizero Nzakizabandi
15.05.2024, 18:00 Uhr
Zur Bedeutung künstlerischer Interventionen und rassismuskritischer Bildungskonzepte
Patricia Vester
Was können wir tun, um Geschichte(n) neu zu lesen, Perspektivwechsel zu wagen und achtsam mit den Geschichten Schwarzer Menschen postkolonial umzugehen? Was leisten diesbezüglich künstlerische Interventionen? Welche Rolle spielt eine rassismuskritische Kulturvermittlung? Wie kann – etwa nach dem erfolgreichen Einsatz beim temporären Ausstellungsprojekt – die Verstetigung rassismuskritischer Ansätze gelingen?
Der Vortrag diskutiert diese Fragen anhand aktueller Arbeiten von Patricia Vester. Beispiele sind eine Intervention im Schloss Charlottenburg, Lehrmaterial, Schulworkshops, rassismuskritische Rundgänge und die Publikation „gelebt. Das kurze Leben der Bilillee Ajiamé Machbuba“, die Patricia Vester für die Ausstellung SCHLÖSSER PREUSSEN KOLONIAL der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten entwickelt hat, sowie ihre Beratungstätigkeit für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) im Zuge der Ausstellung „It’s all about collecting... Expressionismus / Museum / Kolonialismus“.
Moderation:
Carla de Andrade Hurst, ISD-Bund e. V.
06.06.2024, 18:00 Uhr
Recht auf Stadt, Recht auf Museum ...?!
Duygu Örs
Museen können als Identitätsfabriken betrachtet werden, die Repräsentationen eines bestimmten Kollektivgedächtnisses herstellen, ausstellen, bewahren und vermitteln. Obwohl sie sichtbar in das Stadtgefüge eingeschrieben sind, werden sie nur von einer Minderheit der Bewohner:innen für sich beansprucht. In den letzten Jahren werden unter dem politisch postulierten Vorwand von „institutioneller Öffnung“ und „gesellschaftlicher Teilhabe“ eine Vielzahl von Projekten gefördert. Doch was bewirken sie? Und was verrät das Ermöglichen, Verwehren und Gestalten von Zugängen über das institutionelle Verständnis von Öffentlichkeit? Das Museum mit seinen materiellen und immateriellen Beschaffenheiten bewusst in der Stadt zu verorten, könnte bestehende Ordnungen brechen. Was wäre, wenn wir die Recht-auf-Stadt-Idee als mobilisierenden Organisationsansatz nutzen, um uns konträr zu gegenwärtigen Verwertungslogiken zu positionieren und ein Bewusstsein für ein Recht auf Museum zu bilden?
Moderation:
Prof.in Dr. Renée Tribble, TU Dortmund