Waisenhäuser im europäischen Kontext der Neuzeit bis ca. 1850

Waisenhäuser im europäischen Kontext der Neuzeit bis ca. 1850

Veranstalter
Archiv der Erzdiözese Salzburg; Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg, Institut für Österreichische Geschichtsforschung; Franckesche Stiftungen, Halle (Archiv der Erzdiözese Salzburg)
Ausrichter
Archiv der Erzdiözese Salzburg
Veranstaltungsort
Kapitelsaal der Erzdiözese, Salzburg
Gefördert durch
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, Institut für Geschichte der Universität Wien, Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Fachbereich Geschichte der Paris Lodron Universität Salzburg, Archiv der Erzdiözese Salzburg
PLZ
5020
Ort
Salzburg
Land
Austria
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
26.06.2024 - 28.06.2024
Von
Martin Scheutz, Institut für Österreichische Geschichtsforschung / Institut für Geschichte der Universität Wien

Waisenhäuser waren charakteristische Einrichtungen der Frühen Neuzeit, die aber schon ab dem Spätmittelalter vermehrt gegründet wurden. Die erste Welle der frühneuzeitlichen Gründen umfasste sowohl kleine als größere katholische und protestantische Territorien gleichermaßen. Als richtungsweisend und zugleich als Mitauslöser einer Welle von Waisenhausgründungen kann die pietistisch inspirierte Gründung eines Waisenhaus in Halle gelten.

Waisenhäuser im europäischen Kontext der Neuzeit bis ca. 1850

Unter Waisenkinder versteht man Mädchen und Burschen (meist bis zum Alter von maximal 16 Jahren), welche ihre Eltern bzw. einen Elternteil verloren hatten oder von diesen nicht ernährt werden konnten. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit lebten diese zunächst in einem Hospital, einer multifunktionellen karitativen Einrichtung für alte und behinderte Menschen, mental Erkrankte, aber auch Kinder. Als besonders wichtig für die Gründung von Waisenhäusern gilt die Zeit von 1650 bis 1750 (Schlagwort vom „Jahrhundert der Waisenhäuser); mit Einschränkung lässt sich diese Tatsache auch für die Habsburgermonarchie behaupten.

Erst am Beginn der Neuzeit legten vor allem größere Städte systematisch Waisenhäuser an, deren Ursprung man mit Recht in dem ab dem Spätmittelalter gegründeten Findelhäusern vermuten kann (u. a. Straßburg, Lübeck, Augsburg, Münster, Hamburg oder München). Die erste Welle umfasste sowohl kleine als größere katholische und protestantische Territorien gleichermaßen; im 17. Jahrhundert kam es zur strikteren konfessionellen Differenzierung – als bekanntes Beispiel dient Regensburg (1666 gegründet, seit 1731 lässt sich dort eine katholische „Ergänzung“ nachweisen).

Als richtungsweisend und zugleich als Mitauslöser einer Welle von Waisenhausgründungen kann die pietistisch inspirierte Gründung eines Waisenhauses in Glaucha vor Halle im Jahr 1698 durch August Hermann Francke (1663–1727) gelten, den Francke rückte neue pädagogische Ziele in den Vordergrund (die Wirtschaft des Hauses trat parallel dazu quasi in den Hintergrund). Immerhin orientierten sich von 220 Gründungen im Alten Reich zwischen 1695 und 1806 am Vorbild Franckes. Dennoch muss aber betont werden, dass die überwiegende Anzahl der Waisenhäuser weiterhin wirtschaftlichen und populationistisch-militärischen Zielen folgte. Üblicherweise überdauerten diese Einrichtungen kaum fünf Jahrzehnte. Der in den 1760er-/1770er-Jahren ausbrechende sogenannte „Waisenhausstreit“, welcher die hohe Sterblichkeitsrate in den Anstalten, die mangelnden hygienischen Verhältnisse, organisatorische Schwächen und pädagogische Fehlkonzepte kritisierte, führte schließlich beinahe flächendeckend zur Aufgabe der Waisenhäuser und der Unterbringung der Kinder bei Pflegeeltern. Trotz der Versorgung der Mädchen und Knaben darf nicht übersehen werden, dass diese Häuser letztendlich repressiv arbeiteten.

Programm

26. Juni 2024 (Mittwoch):
12.45 Uhr:
Begrüßung durch Vertreter des Diözesanarchivs, der Franckeschen Stiftungen zu Halle, des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung und des Fachbereichs Geschichte der Universität Salzburg

Vorsitz: Thomas Mitterecker (Salzburg)
13.15: Alexander Schunka (Berlin): Waisenhauskulturen und Konfessionalität im frühneuzeitlichen Mitteleuropa

14.00: Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer (Begrüßung)

Vorsitz: Martin Scheutz (Wien)
14.15: Wynfrid Kriegleder (Wien): Das Waisenhaus als Motiv in der fiktionalen Literatur

15.00: Holger Zaunstöck (Halle an der Saale): Waisenhäuser, Medien, Intermedialität – eine ungeschriebene Geschichte

15.45: Kaffeepause

Vorsitz: Alfred Stefan Weiß (Salzburg)
16.15: Jutta Baumgartner (Salzburg): Die Waisen im Erzstift Salzburg. Eine Annäherung

17.00: Christina Vanja (Kassel): Vom Spital zur Industrieschule – Varianten nachhaltiger Kinderversorgung in Vorderösterreich und der deutschen Schweiz

17.45: Marina Hilber (Innsbruck): „… zur Unterweisung im Christentum …“. Strukturelle Reorganisation und soziale Reformen im Innsbrucker Waisenhaus, 1769–1808

18.30–19.30/20.00: Sabine Veits-Falk (Salzburg) / Alfred Stefan Weiß (Salzburg): Salzburger Armutsführung im Rahmen eines Stadtspaziergangs

27. Juni 2024 (Donnerstag):
Vorsitz: Christina Vanja (Kassel)

9.45: Markus Berger (Bamberg): Waisenhäuser als Wirtschaftsbetriebe im Zeitalter des Kameralismus

10.30: Kaffeepause

Vorsitz: Christine Gigler (Salzburg)
11.00: Ingonda Hannesschläger (Salzburg): Waisenhäuser im Spiegel der Kunst

11.45: Andreas Kühne (Landshut): Die Ernährungssituation in ostbayerischen Waisenhäusern des 18. und 19. Jahrhunderts

12.30–14.00: Mittagspause

Vorsitz: Jutta Baumgartner (Salzburg)
14.00: Elke Hammer-Luza (Graz) / Alfred Stefan Weiß (Salzburg): Die frühneuzeitlichen Waisenhäuser in den Herzogtümern Kärnten und Steiermark (Bruck an der Mur, Graz und Klagenfurt) – eine Negativbilanz?

14.45: Lillá Krasz (Budapest): Waisenhauswesen zwischen institutionalisierter Wohltätigkeit, Disziplinierung und Pädagogisierung im Königreich Ungarn des 18. und 19. Jahrhunderts

15.30: Kaffeepause

Vorsitz: Elke Hammer-Luza (Graz)
16.00: Martina Halířová (Prag): Die Anfänge des Kinderschutzes in Böhmen. Die Waisenhäuser sind nicht für alle bestimmt …

16.45: Martin Scheutz (Wien): Waisenkinder in Spitälern und die neuen (Theresianischen) Waisenhäuser in Ostösterreich

28. Juni 2024 (Freitag):
Vorsitz: Wolfgang Neuper (Salzburg)
9.00: Artur Dirmeier (Regensburg): Die Waisenhäuser von Regensburg. Ausbildung und Erziehungsstätten unter konfessionellem Vorzeichen

9.45: Harald Tersch (Wien): Waisenkindheiten in Autobiographien der Zeit um 1800

10.30: Kaffeepause

Vorsitz: Holger Zaunstöck (Halle/Saale)
11.00: Andrea Pühringer (Grünberg): Topographie der Caritas – Waisenhäuser als prägende Elemente des Stadtraumes

11.45: Schlussdiskussion

Kontakt

alfred.weiss@plus.ac.at, jutta.baumgartner@eds.at

https://geschichtsforschung.univie.ac.at/news-detailansicht/news/veranstaltungseinladung-waisenhaeuser-im-europaeischen-kontext-der-neuzeit-bis-ca-1850-salzburg-2/
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