Frauen im Handwerk. Perspektiven der Forschung

Frauen im Handwerk. Perspektiven der Forschung

Veranstalter
LWL-Freilichtmuseum Hagen Westfälisches Landesmuseum für Handwerk und Technik
Veranstaltungsort
Mäckingerbach
Ort
Hagen
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.11.2008 -
Deadline
15.02.2008
Von
Anke Hufschmidt

Frauen im Handwerk. Perspektiven der Forschung
Tagung im LWL-Freilichtmuseum Hagen am 14. November 2008

Die historische Forschung hat die Erwerbsarbeit von Frauen in der Moderne bisher vielfach am Beispiel von Dienstleistungsberufen und Tätigkeiten in der Industrie thematisiert. Weitgehend unbeachtet blieb dagegen das Handwerk, das aber ein lohnendes Forschungsfeld für die Frage nach dem vielschichtigen Verhältnis von Frauen zu Formen der Erwerbstätigkeit und damit für die Analyse ihrer Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen darstellt. Zugleich bieten handwerklich strukturierte Berufe einen ertragversprechenden Untersuchungsgegenstand, wenn es gilt, die verschiedenen ideologisch aufgeladenen Frauenbilder des 19. und 20. Jahrhunderts in Beziehung zu Formen der sozialen Wirklichkeit zu setzen. Von Seiten der Handwerksgeschichtsschreibung ist ein geschlechterhistorischer Zugang ebenfalls selten gewählt worden. Dabei eröffnet er durchaus neue Perspektiven: Bewertung und realer Umfang von Ausbildung und Beschäftigung von Frauen in Handwerksberufen korrespondieren vielfach mit grundlegenden Veränderungen des Handwerks im 19. und 20. Jahrhundert. In diesem Zusammenhang ist auch nach der Bedeutung von Frauen in Handwerkerhaushalten und Handwerksbetrieben als „mithelfenden Familienangehörige“ zu fragen, die sich ebenfalls mit der Entwicklung des Handwerks wandelte. Und nicht zuletzt wird bei der Beschäftigung mit dem facettenreichen Verhältnis von Frauen und Handwerk deutlich, wie stark traditionelle Berufswahlmuster bis in die Gegenwart nachwirken, denn nur langsam ist die Zahl der Frauen gestiegen, die eine Ausbildung in einem bisher eher von Männern ausgeübten Handwerksberuf aufgenommen haben.

Frauen gewannen im 19. Jahrhundert schrittweise wieder Zugang zu Handwerksberufen, der über reine Hilfsdienste hinausging. Dies geschah keineswegs in einer linearen Entwicklung und in allen Regionen einheitlich. Nach einer kurzen Phase der Gewerbefreiheit nach 1811 schloss eine Modifizierung der Preußischen Gewerbeordnung Frauen im Jahr 1849 als selbstständige Gewerbetreibende gänzlich vom Handwerk aus. Dagegen gewährte ihnen die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869 die Berechtigung, einen Gewerbebetrieb selbstständig zu führen. Allerdings begrenzte das Handwerkerschutzgesetz von 1897 den Personenkreis potenzieller Ausbilder erneut und regelte zugleich das Lehrlingswesen in einer Weise, die die Chancen für Frauen minderte. Einen Wendepunkt bildete für Preußen das Jahr 1911, in dem der Minister für Handel und Gewerbe in einem Erlass ausdrücklich darauf hinwies, dass zwischen Männern und Frauen bei der Ausübung eines Gewerbebetriebes kein Unterschied bestehen und für männliche wie weibliche Lehrlinge dieselben Ausbildungsvorschriften gelten sollten. Erst 1922 aber erhielten Frauen Stimm- und Vertretungsrecht in den Handwerkskammern und damit vollständige Anerkennung als eigenständige Handwerkerinnen.

Vor dem Hintergrund der wechselhaften gesetzlichen Regelungen entwickelte sich der Frauenanteil in Handwerksberufen höchst unterschiedlich. Bereits kurz nach Mitte des 19. Jahrhunderts wurden aber manche Handwerke als besonders für Frauen geeignet erachtet. Dazu zählte der Vorsitzende des „Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klasse“ Wilhelm Adolf Lette 1866 neben der Schuhmacherei die Schneiderei, die Buchdruckerei und -binderei, das Anfertigen von Uhren und ihrer Bestandteile sowie verschiedene leichtere Goldarbeiten. Die meisten Sparten des Handwerks blieben Frauen jedoch bis in das 20. Jahrhundert hinein weitgehend verschlossen. Neue Handwerke wie das Fotografen- oder das Zahntechnikerhandwerk scheinen dabei größere berufliche Chancen als traditionelle Handwerksberufe eröffnet zu haben. Dies gilt vor allem für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Frauen als Arbeitskräfte im Handwerk gefragt waren. Auffällig ist zudem die zeitliche Parallele zwischen einer verstärkten Arbeitsteilung und der erhöhten Einbeziehung von Frauen in handwerkliche Produktionsprozesse.

Das LWL-Freilichtmuseum Hagen möchte als Westfälisches Landesmuseum für Handwerk und Technik ein Forum für Forschungen zu diesem Themenkomplex bieten. Es lädt dazu ein, Forschungsbeiträge zum Thema „Frauen und Handwerk“ auf einer Tagung am 14. November 2008 in Hagen vorzustellen und zu diskutieren. Da das Thema insgesamt noch wenig bearbeitet ist, sind zum einen theoretische Ansätze von Interesse. Zum anderen können aber auch Einzelstudien vorgestellt werden. Der Schwerpunkt sollte dabei auf Westfalen und Lippe im 19. und 20. Jahrhundert liegen, dem regionalen Bezugsrahmen des Museums. Er umfasst sehr unterschiedliche Gewerberegionen, die von dem durch die Metallverarbeitung geprägten märkischen Raum bis zu Ostwestfalen, das über lange Zeit von der Textilverarbeitung bestimmt wurde, reichen. Vergleichend können andere Regionen herangezogen, überregional relevante Phänomene sowie frühere Zeitabschnitte beleuchtet werden.

Die Vorträge sollten etwa 30 Minuten umfassen, 15 Minuten sind jeweils für die Diskussion vorgesehen. Es ist geplant, die Beiträge im Zusammenhang mit einer für 2009 geplanten Sonderausstellung zu publizieren, die sich dem Thema „Frauen und Handwerk“ widmet. Das Projekt verbindet den Blick auf historische Formen der Arbeit von Frauen im Handwerk in der Ausstellung mit der Frage nach der Rolle von Frauen im Handwerk heute, der in verschiedenen Veranstaltungen nachgegangen wird.

Vorträge zu folgenden Themenfeldern sind denkbar:
- unterschiedliche Rollen: Frauen in Handwerkerhaushalten (Ehefrauen, Töchter, Witwen und Mägde in der Zeit vor 1800)
- Status und Einbindung der „mithelfenden Familienangehörigen“
- Handwerksorganisationen und die „Frauenfrage“
- eigene Organisationen von Frauen im Handwerk
- Zugangschancen und Zugangsbegrenzungen: Ausbildungswege von Frauen in Handwerksberufen
- soziale Herkunft von Frauen in Handwerksberufen
- alternative Ausbildungswege: Handwerksakademien
- Lehrling, Gesellin, Meisterin. Lebensformen von Frauen im Handwerk
- Welche Handwerke wurden als „Frauenhandwerke“, welche als „Männer-handwerke“ angesehen und welche Hintergründe haben solche Zuschreibungen? Wann wurde ein „Männerhandwerk“ ein „Frauenhandwerk“?
- Entwicklung von „Frauenhandwerken“
- Frauen in „Männerhandwerken“
- Neue Handwerke zu Beginn des 20. Jahrhunderts – neue Chancen für Frauen?
- Handwerkstechniken und Frauen
- Besonderheiten der dinglichen Überlieferung zu Frauen im Handwerk / Sachkulturforschung
- Wirkten sich Veränderungen im Handwerk auf beide Geschlechter unterschiedlich aus? Wie entwickelte sich Frauenarbeit im Handwerk im Übergang zur Industrialisierung?
- Erwerbstätigkeit von Frauen im Handwerk im Vergleich zu anderen Beschäftigungssektoren
- Frauen und Kunsthandwerk
- Darstellungen von Frauen im Handwerk

Interessierte werden gebeten, einen Vortragsvorschlag im Umfang von maximal einer Seite mit einem Arbeitstitel einzureichen. Der Vorschlag sollte eine Kurzvorstellung des Themas, den methodischen Zugriff sowie Angaben zur Person enthalten und bis zum 15.2.2008 eingesandt werden.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Programm

Kontakt

Dr. Anke Hufschmidt

LWL-Freilichtmuseum Hagen
Mäckingerbach
58091 Hagen
02331 7807-111
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anke.hufschmidt@lwl.org

www.lwl-frelichtmuseum-hagen.de