Aristokratie und Moderne 1890-1945. Interdisziplinäre Tagung

Aristokratie und Moderne 1890-1945. Interdisziplinäre Tagung

Veranstalter
Prof. Dr. Eckart Conze / Dr. Jörg Schuster / PD Dr. Jörg Strobel, Marburg
Veranstaltungsort
Seminarraum im Landgrafenschloss, Südflügel
Ort
Marburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
23.09.2009 - 26.09.2009
Deadline
16.09.2009
Website
Von
Meteling, Wencke

‚Adel’ und ‚Aristokratie’ sind nicht nur sozialgeschichtlich wirksame Begriffe, die allein auf historisch je herausgehobene soziale Gruppierungen zu beziehen sind. Sondern zum 20. Jahrhundert hin, als die Bedeutung des historischen Geburtsadels im deutschsprachigen Bereich wie in Europa überhaupt abnimmt, treten vielmehr neue Ideen und Konzepte des Adels und des ‚Aristokratischen’ in unterschiedlichsten Diskursbereichen auf. Dieser Ausweitung der Semantik des ‚Adeligen’ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts möchte sich die Tagung aus interdisziplinärer Perspektive widmen.

Historisch verbindet sich das Begriffsfeld des ,Adeligen’ und ,Aristokratischen’ mit einem bis ins 18. Jahrhundert zurückreichenden Neuadelsdiskurs, an dem der historische Adel selbst beteiligt war. Adels- und Aristokratiekonzepte waren Elitemodelle, oftmals Ausdruck eines Eliteanspruchs, verstanden als politischer Herrschaftsanspruch und Streben nach kultureller Hegemonie. Dabei speisten sie sich sehr stark aus Krisenwahrnehmungen und Krisenerfahrungen in der Hochmoderne seit etwa 1880/90. In den 1920er Jahren wurde der Neuadelsdiskurs dann zu einer wesentlichen Komponente des neuen Ordnungsdenkens und trug autoritäre, völkisch-rassistische Züge.
Die Suche nach dem ’Neuen Adel‘ gehört in den größeren Kontext der Suche nach dem ’Neuen Menschen‘. Als Ideengeber für eine Wiederbelebung des Themas Aristokratie um 1900 fungiert zweiffelos Friedrich Nietzsche. Die Moderne (und die Gegenmoderne) sucht nach dem ’Neuen Menschen‘ oft in Gestalt der herausragenden Persönlichkeit und konzipiert den großen Mann als jemanden, der der Menge, dem Volk, der Masse gegenübertritt und doch mit ihr verbunden bleibt.

Muss Adelsforschung bislang als eine Domäne fast ausschließlich der Geschichtswissenschaft gelten, so möchte die Tagung einen Dialog zwischen Historikern, Sozial-, Kultur- und Literaturwissenschaftlern anregen. In Erweiterung des begriffs- und ideengeschichtlichen Zugriffs sollen Aristokratie und Aristokratismus auch als Metaphern, als politisch-kultureller Assoziationsraum begriffen und ’poetisch‘ gefüllt werden. In dieser Perspektive treten dann Figuren wie der Dandy aufs Forschungstableau. Es geht um die Aufschlüsselung einer doppelten Semantik: jene der adeligen Standeskultur im engeren Sinn und jene der kulturellen Konnotation von ’Aristokratie‘.

Für interessierte Teilnehmer wird ein kleiner Unkostenbeitrag erhoben. Anmeldungen bis spätestens 16. September 2009.

Programm

Mittwoch, 23. September

Anreise

Donnerstag, 24. September

9.15-9.45
Begrüßung und Einführung: Eckart Conze (Marburg), Jörg Schuster (Münster), Jochen Strobel (Marburg): „Aristokratie und Moderne – Begriffsgeschichte, Fragehorizonte“

9.45
Sektion 1: Funktionswandel und neue Formen des
‚Aristokratischen’
Moderation: Ewald Frie, Tübingen

9.45-11.15
Josef Matzerath (Dresden): „Der Adel und sein Funktionswandel in der Öffentlichkeit im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert“

Alexandra Gerstner (Eriwan): „Aristokratie und moderne Elite“

Kaffeepause

11.30-13.00
Ulrich Sieg (Marburg): „Nietzsche als Stifter des Aristokratismus-
Diskurses“

Hiltrud Gnüg (Bonn): „Der ästhetische Selbstentwurf des Dandy“

Mittagessen

14.30
Sektion 2: Aristokratismus um 1900
Moderation: Caroline Pross, St. Gallen

14.30-16.00
Michael Seelig (Marburg): „Krisenwahrnehmung und Adelsvorstellungen im ’Deutschen Adelsblatt‛ um 1900“

Jörg Schuster (Münster): „Erfundener Adel – Aristokratie als poetisches Konzept um 1900“

Kaffeepause

16.15-17.00
Daniel Menning (Tübingen): „Adel und Familie - Konzepte um
1900“

18.00
Rahmenprogramm:
Filmvorführung im Kino Palette Filmkunsttheater am Steinweg:
Die große Illusion (La grande illusion), Jean Renoir, F 1937

Abendessen

Freitag, 25. September

9.15-11.15
Carina Schäfer (Paris): „Adel, Mäzenatentum und Bildende Kunst“

Martin Kohlrausch (Warschau): „Der Hofadel zur Zeit Wilhelms II.“

Dirk Kaesler (Marburg): „Junker oder Bürger? Das deutsche 'Herrenvolk' bei Max Weber“

Kaffeepause

11.30
Sektion 3: Epochenbruch 1914/18?
Moderation: Isabelle Stauffer, Mainz

11.30-13.00
Wencke Meteling (Marburg): „Adel und Aristokratismus im
Weltkriegsoffizierkorps“

Helmut Kuzmics: „Emotionen und Habitus von Offizieren im Spiegelbild schöner Literatur. Am Beispiel der habsburgischen Armee von 1848-1918“

Mittagessen

14.30-16.30
Helmut Lethen (Wien): „Graf Strapinski oder Schein humanisiert. Keller, Benn und Serner“

Dina Gusejnova (Chicago): „Adel als Berufung: Adlige Schriftsteller im deutschsprachigen Europadiskurs, 1918-1945”

Barbara Stiewe (Marburg): „Aristokratismus im George-Kreis“

Kaffeepause

16.45
Sektion 4: Krise und Reaktion. Aristokratismus nach 1918
Moderation: N.N.

16.45-18.15
Ulrich Fröschle (Dresden): „Adel in den Diskursen der zwanziger Jahre: Neuer Nationalismus“

Ingo Wiwjorra (Wolfenbüttel): „Völkische Konzepte des Aristokratischen“

20.00
Abendessen

Samstag, 26. September

9.15-10.45
Eckart Conze (Marburg): „Aristokratie-Konzepte im Nationalsozialismus und im Widerstand“

Jochen Strobel (Marburg): „Adel in der NS-Literatur und in der Literatur der Inneren Emigration“

Kaffeepause

11.00-12.00
Abschlussdiskussion

Gemeinsames Mittagessen und Abreise

Kontakt

Wencke Meteling
Wissenschaftliche Assistentin
Seminar für Neuere Geschichte
Philipps-Universität Marburg
Wilhelm-Röpke-Str. 6c
35032 Marburg

meteling@staff.uni-marburg.de


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