Elite und Masse: Politische Ungleichheit als Herausforderung für die modernen Demokratien

Elite und Masse: Politische Ungleichheit als Herausforderung für die modernen Demokratien

Veranstalter
Doktorschule der Andrássy Universität Budapest
Veranstaltungsort
Pollack Mihály tér 3
Ort
Budapest
Land
Hungary
Vom - Bis
04.06.2013 - 05.06.2013
Deadline
30.04.2013
Website
Von
Andrássy Universität Budapest

ELITE UND MASSE: POLITISCHE UNGLEICHHEIT ALS HERAUSFORDERUNG FÜR DIE MODERNEN DEMOKRATIETHEORIEN

Doktoranden-Workshop (Spring School) der Interdisziplinären Doktorschule der Andrássy Universität Budapest unter Leitung von Prof. Dr. Ellen Bos und Dr. Zoltán Tibor Pállinger

Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat die Zahl der demokratisch regierten Staaten in bedeutendem Ausmaß zugenommen. Vor dem Hintergrund dieses Phänomens wurde in der Politischen Theorie das Phänomen der Demokratie kritisch reflektiert. Gerade die Transformationsforschung hat die Rolle politischer Eliten wieder in Erinnerung gerufen. Gleichzeitig wurde in den etablierten Demokratien der vorherrschende sozial-liberale Konsens mehr und mehr in Frage gestellt. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Möglichkeiten egalitärer staatlicher Politiken zunehmend in Frage gestellt. Dies wiederum hat das Problem politischer Ungleichheit auf die Agenda der politischen und politikwissenschaftlichen Diskussion gesetzt. Ausgehend von den Grundfragen der politischen Anthropologie, der sozialen Realität der (post-)modernen Gesellschaften und den neuen Herausforderungen der Globalisierung wird das Verhältnis von Massen und Eliten kritisch reflektiert. Ziel der Spring School ist es, in einem ersten Schritt den elitetheoretischen Bezug in den einschlägigen Demokratietheorien herauszuarbeiten. In einem zweiten Schritt sollen die Ergebnisse normativ verortet und im Hinblick auf ihre Problemlösungsfähigkeit bewertet werden.

Themenvorschläge zu einem der Themenschwerpunkte senden Sie bitte mit einem Exposé von 1-2 Seiten (max. 5000 Zeichen) und dem ausgefüllten Bewerbungsbogen bis zum 30. April 2013 an Prof. Dr. Ellen Bos (ellen.bos@andrassyuni.hu), Dr. Zoltán Tibor Pállinger (ztpallinger@gmail.com) und Prof. Dr. Daniel Göler (Daniel.Goeler@uni-passau.de). Gerne stehen wir auch für weitere Fragen zur Verfügung. Über die Annahme der Vorschläge wird bis zum 10. Mai 2012 entschieden.

Für die besten Bewerbungen können Kosten für Reise und Unterkunft übernommen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass hervorragende Beiträge in den Donau-Instituts Working Papers veröffentlicht werden.

Programm

I. Klassische Elitentheorien (Panel 1)

Leitung: Dr. Zoltán Tibor Pállinger
Nach der französischen Revolution stellte sich die Frage, wie die Herrschaft des Volkes in eine konkrete politische Praxis umgesetzt werden kann, in aller Schärfe. Wer soll in der neuen demokratischen Gesellschaft Herrschen? – Der Weg zurück in die griechische Polisdemokratie stand nicht mehr offen. Vielmehr musste Demokratie unter den Bedingungen des nationalen Flächenstaates (2. Transformation der Demokratie) neu gedacht werden. Dies führte in der Regel dazu, dass Demokratie in einer repräsentativen Variante realisiert wurde, wodurch das alte Problem des Verhältnisses von Herrschern und Beherrschten in neuem Gewand wieder auftauchte. Gerade vor dem Hintergrund der enormen sozialen und ökonomischen Unterschiede im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert schätzten die frühen Elitetheoretiker wie Pareto und Mosca die Potentiale der demokratischen Selbstregierung nur gering ein. Die Spaltung in Elite und Masse erschien paradigmatisch und wurde durch das empirisch gewonnene „eherne Gesetz der Oligarchie“ (Michels) organisationssoziologisch untermauert. Dennoch unterschieden sich diese neuen demokratischen von den alten vordemokratischen Gesellschaften, darum bestand die Aufgabe der klassischen Elitetheorien in der Herausarbeitung von Mechanismen welche, die Eliteherrschaft an den Willen des Volkes zurückkoppelten und dadurch auch legitimierten. In diesem Panel sollen die Argumentationsmuster der klassischen Demokratietheorien im Hinblick auf die Eliteherrschaft rekonstruiert und auf ihre Pertinenz für die heutige Diskussion geprüft werden.

II. Transformationstheorien (Panel 2)

Leitung: Prof. Dr. Ellen Bos
In der Transformationsforschung dominierten zunächst modernisierungstheoretische Ansätze, die sich auf die ökonomischen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen für die Herausbildung und Aufrechterhaltung demokratischer Systeme konzentrierten. Seit den 1980er Jahren haben sich dann akteurstheoretische Ansätze durchgesetzt, die das strategische Handeln politischer Eliten in den Mittelpunkt stellen. Ausgangspunkt dieser Ansätze ist die Annahme, dass Prozesse der Systemtransformation maßgeblich durch das Verhalten der an ihnen beteiligten herrschenden und oppositionellen Eliten geprägt werden. Mobilisierte Bevölkerungsmassen spielen in der Perspektive dieser Ansätze dagegen nur eine nachgeordnete Rolle. In diesem Panel soll es darum gehen, die Grundannahmen der Transformationstheorien zu diskutieren und dabei insbesondere ihre elitentheoretischen Bezüge herauszuarbeiten.

III. Neuere Entwicklungen in der Demokratietheorie (Panel 3)

Leitung: Prof. Dr. Ellen Bos und Zoltán Tibor Pállinger
Seit einigen Jahren wird eine intensive Diskussion um die Krise der klassischen repräsentativen Demokratie geführt. Tatsächlich steht diese in mehrfacher Hinsicht unter Druck. So treten im Zuge der Globalisierung zunehmend Probleme auf, die nicht mehr im nationalstaatlichen Handlungskontext, sondern nur noch global bearbeitet werden können, wodurch die bisher paradigmatische Kongruenz von nationalstaatlichen Handlungs- und Verantwortungsräumen aufgelöst wird. Gleichzeitig lässt sich der Aufstieg neuer autoritärer Systeme beobachten, die sich als erfolgreiche Systemalternative präsentieren. Insgesamt wird die Legitimität der Demokratie sowohl von der Input- als auch von der Output-Seite in Frage stellt. In diesem Panel sollen neuere Konzepte der Demokratietheorie (wie z.B. Postdemokratie, E-Democracy, Globale und Transnationale Demokratie) diskutiert werden, die zur Analyse der Krise und zur Überwindung des Legitimationsdefizits der Demokratien entwickelt wurden.

IV. Die EU zwischen Eliten und Bürgerprojekt (Panel 4)

Leitung: Prof. Dr. Daniel Göler
Seit langem schon wird in der europapolitischen Diskussion beklagt, dass die Europäische Union zu wenig Partizipationsmöglichkeiten für die Bürger eröffne und in Brüssel eine „bürgerferne“ Politik betrieben werde. Auch wird kritisiert, dass das offen halten der Finalité Politique aus demokratietheoretischer Perspektive problematisch ist. Auf der anderen Seite muss die sogenannte Methode Monnet, welche Europa als ein von den Eliten vorangetriebenes Projekt ohne eine klare Finalität betrachtet, nach wie vor als Garant des bisherigen Erfolges des Integrationsprozesses angesehen werden. Vor diesem Hintergrund möchte das Panel die Gestaltung europäischer Politik im Spannungsverhältnis von Eliten- und Bürgerprojekt betrachten, wobei neben den großen institutionellen Fragen auch die zunehmend zu beobachtende Tendenz der Auslagerung politischer Entscheidungen in Agenturen betrachtet und kritisch hinterfragt werden soll.

Kontakt

Monika Dozsai

Andrassy Universität Budapest
Polláck Mihály tér 3 H-1063 Budapest

monika.dozsai@andrassyuni.hu


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