Kriegführung, Besatzung und Hungerpolitik. Zum spezifischen Kontext von Massenverbrechen im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Band 30 (2014)

Kriegführung, Besatzung und Hungerpolitik. Zum spezifischen Kontext von Massenverbrechen im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Band 30 (2014)

Veranstalter
Redaktion der Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus
Veranstaltungsort
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
30.06.2013 -
Deadline
30.06.2013
Website
Von
Christoph Dieckmann

Christoph Dieckmann / Babette Quinkert
Kriegführung, Besatzung und Hungerpolitik. Zum spezifischen Kontext von Massenverbrechen im Nationalsozialismus.
Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Band 30 (2014)

Von den etwa 13 Millionen Opfern deutscher Massenverbrechen zwischen 1933 und 1945 starben fast alle während des Zweiten Weltkrieges ab September 1939 und insbesondere ab Juni 1941 (über 90 Prozent). Der regionale Schwerpunkt dieser Verbrechen lag in Osteuropa, jedoch nicht allein dort. Unter Massenverbrechen verstehen wir in erster Linie das Ermorden, Verhungernlassen und Deportieren von Zivilisten und Kriegsgefangenen sowie die völkerrechtswidrige Zwangsarbeit für Zwecke der Kriegführung. In dem avisierten Band fragen wir nach dem Verhältnis von Krieg und Massenverbrechen. Wie lässt sich die rapide steigende Opferzahl nach 1939 bzw. 1941 erklären? Gab es Zusammenhänge zwischen deutscher Kriegführung und den Massenverbrechen? Wenn ja, wie sahen diese aus?

In der Historiographie erfährt man zu diesem Verhältnis erstaunlich wenig, in der Regel bleibt es bei allgemein gehaltenen Skizzen. Auffallend ist insgesamt, dass zwischen strategischen, taktischen, logistischen und weltanschaulichen Aspekten der Kriegführung einerseits und situativen, räumlichen und zeitlichen Bedingungen der Massenverbrechen andererseits strikt getrennt wird. Sie erscheinen als zwei unabhängig voneinander verlaufende Prozesse. Zwei Tendenzen werden in den letzten Jahren aber stärker: Entweder wird die abstrakte Situation des Krieges zum universellen Erklärungsfaktor, gelegentlich gepaart mit angeblichen Eigenlogiken von „Gewalträumen“; oder die Massenverbrechen werden mit Verweis auf den Krieg verharmlost. Ohne die Berücksichtigung weltanschaulicher, imperialistischer und nationalistischer Motive und Planungen lassen sich die Massenverbrechen nicht erklären. Sie reichen jedoch nicht aus, die Zeitpunkte, Orte und Situationen zu erhellen, in denen die Verbrechen massenhaft in die Praxis umgesetzt wurden, das Tötungsverbot auch gegenüber Zivilisten und Gefangenen tatsächlich außer Kraft gesetzt wurde. Wer handelte hier eigentlich in ausschlaggebender Weise? Staaten, Armeen, nichtstaatliche Gruppen, mächtige Einzelne? Wie können wir die Verrohung während des Krieges besser erklären? Was verursachte sie und wie wurde sie gerechtfertigt? Welche Rolle spielten euphorische Allmachtsphantasien? Welche Rolle spielte die Furcht vor dem möglichen Scheitern? Auf welche Art und Weise bezogen sich die Akteure auf den Ersten Weltkrieg? Wo sind Kontinuitäten festzustellen, wo Diskontinuitäten? Wo liegen Zusammenhänge mit der Kriegführung in den jeweiligen Regionen, 1941, aber auch 1942/43? Besonders wenig wissen wir noch über die Rückzugsverbrechen der Wehrmacht und der Verwaltungen 1943/1944. Wie ist jeweils das Verhältnis von Weltanschauung, Planungen und Situationen zu verstehen?

Ein Teil der Massenverbrechen während des Krieges war eng mit Hunger und selektiver Nahrungsmittelpolitik verknüpft. Etwa viereinhalb Millionen Menschen starben unter deutscher Besatzung an den Folgen des Hungers. Da zu diesem Aspekt nur vereinzelt Studien vorliegen, möchten wir den Faktor Hunger in diesem Band besonders betonen. Die Quellen deuten darauf hin, dass Nahrungsmittelkalkulationen – neben „Sicherheits“-Legitimationen – einen der wohl wichtigsten Faktoren darstellten, der Massenverbrechen als „notwendig“ erscheinen ließ. Zielsetzungen wie die Erhaltung der vermeintlichen Stabilität der „deutschen Volksgemeinschaft“ und der Kooperationsbereitschaft der unterworfenen Gesellschaften im andauernden Krieg beeinflussten dabei die Entscheidungsprozesse und das Vorgehen. Die Deutschen waren die Initiatoren und gewissermaßen die Gelegenheitsgeber bzw. Vorbilder, aber enorm große Teile der übrigen europäischen Bevölkerung beteiligten sich. Besatzungs- und Bündnispolitik spielten eine lange unterschätzte Rolle. Dies wirft ebenfalls Fragen nach den konkreten Kontexten und den Motiven auf.

Wir möchten dazu einladen, in Band 30 der Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus über den Zusammenhang von deutschen Massenverbrechen 1939 bis 1945 mit der Kriegführung, der Nahrungsmittelknappheit und der Besatzungs- und Bündnispolitik nachzudenken, und zwar in empirisch fundierter Weise. Angesichts der zahlreichen oft monokausalen Großtheorien zur Erklärung der Massenverbrechen geht es uns dabei um die jeweiligen spezifischen Kontexte und Entwicklungen, in denen die Massenverbrechen zur Praxis wurden.

Bitte senden Sie bis zum 30. Juni 2013 ein Exposé von ein bis zwei Seiten, in dem die Fragestellung, Quellengrundlage und die Hauptthesen erkennbar sind.

Abgabetermin der Manuskripte (60.000 Zeichen inklusive Leerzeichen) ist der 30. Januar 2014. Der Band wird zur Buchmesse im September 2014 als Band 30 der Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus im Wallstein Verlag erscheinen.

Kontakt:
Christoph Dieckmann (c.dieckmann@keele.ac.uk)
Babette Quinkert (babette.quinkert@web.de)

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