Historische Unsicherheit im Spiegel sprachlicher Konstruktionen. Sommerschule des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften

Historische Unsicherheit im Spiegel sprachlicher Konstruktionen. Sommerschule des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften

Veranstalter
Europäisches Zentrum für Sprachwissenschaften (EZS), eine Kooperation zwischen dem Institut für Deutsche Sprache in Mannheim und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltungsort
Heidelberg
Ort
Heidelberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.07.2014 - 01.08.2014
Deadline
23.06.2014
Website
Von
Janine Luth

Thema der Sommerschule

Im Mittelpunkt der EZS-Sommerschule steht die sprachliche Verarbeitung von historischen Wirklichkeiten in politisch und gesellschaftlich unsicheren Phasen, wie etwa im Jahr des Kriegsausbruchs 1914, im geteilten Europa nach 1945 oder im Jahr des Mauerfalls 1989. Die damit einhergehenden historischen Wendepunkte manifestieren sich auf symptomatische Weise in der sprachlichen Konstitution von geschichtlichen Ereignissen. In faktualen und fiktionalen Texten werden sie folglich sichtbar, greifbar und sprach- bzw. literaturwissenschaftlich untersuchbar. Hermeneutischer Dreh- und Angelpunkt ist dabei der Text. Er stellt das verbindende Element der Sprach- und Literaturwissenschaft dar: (Zeit-)Geschichte wird konstruiert und rezipiert in mündlichen und schriftlichen Zeugnissen. Verschiedene Konzepte und Wahrnehmungen von gesellschaftlichen und politischen Zuständen prägen sich dabei in Sprache aus bzw. schreiben sich in Sprache ein.
Mit diesem Thema werden sich Sprach- und LiteraturwissenschaftlerInnen sowie HistorikerInnen und KulturwissenschaftlerInnen während der Sommerschule in Vorträgen und Workshops auseinandersetzen. Zentral ist die Untersuchung von Geschichtskonstruktionen, denen sich die Sommerschule von verschiedenen Disziplinen her und mit unterschiedlichen Perspektiven widmen möchte. Ziel ist dabei die Dynamisierung der sprach- und literaturwissenschaftlichen Methoden. Dabei verstehen wir die EZS-Sommerschule auch als einen Schritt auf dem Weg zur Etablierung einer sich derzeit entwickelnden Literaturlinguistik (vgl. dazu die Arbeiten von U. Fix, J.A. Bär), weshalb die TeilnehmerInnen idealiter ein Interesse sowohl an der Sprach- als auch an der Literaturwissenschaft haben sollten.
Inhaltlich liegt der Schwerpunkt der EZS-Sommerschule in der Überführung narratologischer und diskursanalytischer Verfahren in einen Forschungsansatz an der Schnittstelle von Sprach- und Literaturwissenschaft. Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses stehen Konstruktionen politischer, gesellschaftlicher, sozialer und individualpsychologischer Konfliktlinien, die auf der einen Seite von zeitgenössischen Texten und auf der anderen Seite von Erzähltexten des 19. bis 21. Jahrhunderts thematisiert werden. Ein direkter Vergleich dieser Texte bietet die Möglichkeit, spezifische Ausprägungen von Faktualität und Fiktionalität einander gegenüberzustellen sowie sprach- und literaturwissenschaftliche Ansätze als komplementäre Paradigmen der Textanalyse aufeinander zu beziehen.
Um dem Anspruch einer Zusammenführung der sprach- und literaturwissenschaftlichen Methoden gerecht zu werden, ist ein Veranstaltungstag anberaumt, der sich in konzentrierter Form, praxisorientiert dem zuvor theoretisch fundierten Themenhintergrund widmet: Das Jahr 1914 im Spiegel der Geschichtskonstruktion bildet das Beispiel, an dem sprach- und literaturwissenschaftliche Zugänge geprüft werden sollen.

Teilnehmervoraussetzungen und Bewerbung

Die Sommerschule des EZS ist international orientiert und richtet sich an Sprach- und LiteraturwissenschaftlerInnen aller Philologien, vornehmlich DoktorandInnen und HabilitandInnen aus dem In- und Ausland. Auch HistorikerInnen und KulturwissenschaftlerInnen sind zur Bewerbung eingeladen. Primär sind DoktorandInnen und HabilitandInnen angesprochen, die ein zum Thema passendes Projekt bei der Sommerschule präsentieren möchten. In Ausnahmefällen können auch StudentInnen im fortgeschrittenen Semester zu der Veranstaltung zugelassen werden, sofern sie in ihren Abschlussarbeiten eine thematische Nähe zur EZS-Sommerschule aufweisen können. Voraussetzung zur Teilnahme ist eine Präsentation des Projekts auf der Postermesse und in den Workshops. Zur Bewerbung bitten wir um die elektronische Zusendung folgender Dateien:
- eine kurze Darstellung des Lebenslaufs (tabellarisch)
- ein Abstract zum aktuellen Forschungsprojekt (ca. 1000 Zeichen)
- ein Motivationsschreiben
Die Teilnahmegebühr beträgt 50 Euro. Die Gebühr umschließt Snacks, warme und kalte Getränke während der Veranstaltung sowie den feierlichen Ausklang der Sommerschule am letzten Abend. Gefördert durch die VolkswagenStiftung laden wir zudem zu einem Begrüßungsdinner am ersten Abend der Sommerschule ein. Wir unterstützen die TeilnehmerInnen bei rechtzeitiger Druckvorlage bei der Erstellung des Plakats. Mit der Bewerbung können verschiedene Stipendien beantragt werden: Wir vergeben 17 Stipendien zur Übernahme der Reisekosten (auf Antrag) sowie 10 Kurz-Stipendien zur Deckung der Aufenthaltskosten vor Ort in Höhe von 300 Euro (auf Antrag).
Der Bewerbung sollte eine Begründung beigefügt werden, weshalb Sie sich um ein Stipendium bewerben (z. B. Promovierende mit Kind, geringfügiges Beschäftigungsverhältnis). Für die Erteilung eines Stipendiums ist zum einen die Entfernung entscheidend (Reisestipendium), zum anderen die finanziellen Voraussetzungen des Bewerbers sowie die besondere Eignung des Projekts für das Thema der Sommerschule. Weitere Informationen zu den Stipendien erteilt die Geschäftsstelle (luth@ezs-online.de).

Die Unterlagen senden Sie bitte per Mail an die Geschäftsstelle des EZS unter luth@ezs-online.de. Die Bewerbung sollte bis zum 23. Juni 2014 bei der Geschäftsstelle eingegangen sein. Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber wird von den Gastgebern und Initiatoren der Sommerschule,
Prof. Dr. Barbara Beßlich (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ludwig M. Eichinger (IDS Mannheim), Prof. Dr. Ekkehard Felder (Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Jörg Riecke (Universität Heidelberg), in Zusammenarbeit mit den Advisory Board-Mitgliedern, Prof. Dr. Ulla Fix (Leipzig) und Prof. Dr. Helmuth Kiesel (Heidelberg), vorgenommen. Die Begutachtung wird innerhalb von fünf Tagen abgeschlossen sein, so dass Sie Ihre Reise entsprechend planen können.

Programm

In Vorträgen und mehrtägigen Workshops sollen die theoretischen Grundlagen vermittelt und Methoden zur sprach- und literaturwissenschaftlichen Analyse von faktualen und fiktionalen Texten trainiert werden. Die aktive Einbindung der TeilnehmerInnen stellt dabei einen wichtigen Bestandteil der EZS-Sommerschule dar, so dass sich viel Raum bieten wird, um das eigene Master-, Dissertations- oder Habilitationsprojekt zur Diskussion zu stellen:

Am Nachmittag des ersten Tags (28.07.2014) präsentieren die TeilnehmerInnen auf einer Postermesse ihr aktuelles Forschungsprojekt. Am Abend wird die Sommerschule mit dem Vortrag „Ist Geschichte (nur) eine Konstruktion? Plädoyer für eine neue Geschichtsphilosophie“ von Prof. Dr. Jörn Rüsen (Witten/Herdecke; Essen) in der Aula der Alten Universität Heidelberg feierlich eröffnet.

Am Dienstag (29.07.2014) wird durch drei Plenarvorträge von Prof. Dr. Helmuth Kiesel (Heidelberg), Prof. Dr. Jochen A. Bär (Vechta) und Prof. Dr. Ludwig Jäger (Aachen) in das Rahmenthema der Sommerschule eingeführt. Auf der Basis dieser Vorträge soll anschließend im Plenum diskutiert werden, was Sprach- und Literaturwissenschaftler bei der Erforschung sprachlicher Konstruktion von Geschichte leisten könnten und welchen Vorteil eine Verknüpfung im Sinne der Literaturlinguistik bringen könnte. Diese Fragestellung wird in den kommenden Tagen in kleineren Gruppen vertieft werden:

Die Tage drei und fünf (30.07.2014 und 01.08.2014) widmen sich der intensiven Workshop-Arbeit in Plenums- und Arbeitsgruppen. In der Plenumsgruppe soll durch Einführungsworkshops von Prof. Dr. Ulla Fix (Leipzig), Prof. Dr. Jochen A. Bär und Pamela Steen (Vechta/Leipzig) sowie Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert (Koblenz-Landau) eine gemeinsame Basis für die Verschränkung von literatur- und sprachwissenschaftlichen Methoden geschaffen werden. Dabei wird auch erläutert, was das Projekt ‚Literaturlinguistik‘ theoretisch und methodisch anstoßen möchte. Anschließend begeben sich die TeilnehmerInnen in kleinere Arbeitsgruppen, um das Profil ihres eigenen Projekts schärfen zu können: Schwerpunkt Sprache und Politik/ Text- und Diskurshermeneutik (Prof. Dr. Heidrun Kämper, Mannheim sowie Prof. Dr. Jochen A. Bär, Vechta/Pamela Steen, Leipzig), Schwerpunkt Literaturwissenschaft (PD Dr. Christian Klein, Wuppertal), Schwerpunkt Literaturlinguistik (Prof. Dr. Ulla Fix, Leipzig), Schwerpunkt Multimodalität (Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert, Koblenz-Landau). In die Workshop-Gespräche bringen die TeilnehmerInnen auch das eigene Projekt ein. Am Nachmittag werden exemplarische Einzelstudien mit thematischen Schwerpunkten zu literarischen Werken sowie sprach- oder kulturwissenschaftlichen Domänen den Ausgangspunkt bilden. Hierbei soll von den TeilnehmerInnen auch ein zu ihrem Projekt komplementärer (interdisziplinärer) Workshop besucht werden.

Der Tag vier (31.07.2014) stellt schließlich eine weitere Besonderheit der EZS-Sommerschule dar: Es werden fünf ReferentInnen speziell zum 1. Weltkrieg sprechen und damit das übergeordnete Thema der Sommerschule, sprachliche Konstruktion von Geschichte, anhand der sogenannten Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts exemplifizieren.
Das komplette Programm sowie Abstracts zu den einzelnen Veranstaltungen finden Sie unter <http://www.sommerschule2014.ezs-online.de> (wird laufend aktualisiert).

Kontakt

Janine Luth

Germanistisches Seminar, Heidelberg

janine.luth@gs.uni-heidelberg.de