Der Wiener Kongress und seine Folgen. Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert / The Congress of Vienna and its Aftermath. Great Britain, Europe and Peace in the 19th and 20th Century

Der Wiener Kongress und seine Folgen. Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert / The Congress of Vienna and its Aftermath. Great Britain, Europe and Peace in the 19th and 20th Century

Veranstalter
Prinz-Albert-Gesellschaft e.V. in Verbindung mit der Landesbibliothek Coburg
Veranstaltungsort
Andromeda-Saal der Landesbibliothek, Schloss Ehrenburg, Schlossplatz 1, D-96450 Coburg
Ort
Coburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
03.09.2015 - 05.09.2015
Deadline
28.08.2015
Von
Martin Munke, Abt. Handschriften, Alte Drucke und Landeskunde, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

2015 jährt sich die Wiederkehr des Wiener Kongresses zum 200. Mal. Auf diesem Kongress wurde die Grundlage für eine europäische Friedensordnung gelegt, die, mit geringfügigen Unterbrechungen, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 Bestand haben sollte. Niemals zuvor, und bisher niemals wieder danach, war den Staaten und Nationen Europas eine vergleichbar lange Friedenszeit vergönnt. Doch nicht nur das. Der Wiener Kongress verzichtete ausdrücklich darauf, die Kriegsschuldfrage zu stellen und den besiegten Gegner – Frankreich und die Franzosen – mit dem Stigma des moralischen Makels zu belegen, welche Versuchung nach den ungeheuerlichen Verwerfungen der Französischen Revolution und des Napoleonischen Zeitalters wohl nahegelegen hätte. Mit dieser bewusst auf Ausgleich und Versöhnung angelegten Haltung gaben die Architekten des Kongresses ein Vorbild ab, dessen Prägekraft bis zum Ende des Ersten Weltkrieges Gültigkeit hatte. Erst die Bestimmungen des Versailler Friedens und der Pariser Vorortverträge von 1919 setzten das Prinzip der Nichtvergeltung für angebliche Kriegstreibereien außer Kraft; an dessen Stelle trat die Frage nach Schuld und Sühne, die bis heute die meisten Pazifizierungswerke bestimmt.

Die Jahrestagung 2015 der Prinz-Albert-Gesellschaft e.V. reiht sich ein in eine Folge von Gedenk- und Memorialveranstaltungen in Deutschland und Österreich, die alle auf die grundlegende Bedeutung des Wiener Friedenswerkes verweisen. Ihnen gegenüber zeichnet sie sich die Tagung durch drei besondere Schwerpunktsetzungen aus:

1. Gemäß der Satzung der Prinz-Albert-Gesellschaft wird der Beitrag Englands zur Errichtung der Wiener Friedensordnung eigens gewichtet. Welche Rolle spielte Großbritanniens bewährtes diplomatisches Verhandlungsgeschick in Wien? Welche friedenssichernden, über den aktuellen Anlass hinausgehenden Ziele verfolgten die leitenden britischen Staatsmänner, zumal Castlereagh und Wellington, gegenüber ihren europäischen Mitstreitern? Inwieweit bestimmten die maritimen und kolonialen Interessen des Inselreiches dessen konkrete Verhandlungsführung mit?

2. Friedensstiftung und Friedenswahrung zählt auch heute, einmal mehr, zu den zentralen Anliegen einer europäisch verantworteten Politik. Dies galt auch schon für das 19. Jahrhundert und wurde gerade von englischen Staatsmännern und Diplomaten immer wieder ins politische Kalkül eingespeist. Die Tagung verfolgt in diesem Sinne – über das konkrete Geschehen in Wien 1813/15 hinaus – die Bemühungen der englischen und europäischen Politik, lokale oder regionale Antagonismen nicht in einen großen europäischen Krieg einmünden zu lassen, sondern, bis zur Katastrophe von 1914, alle auftretenden Schwierigkeiten konsensual zu regeln. Beispiele dafür bieten, unter anderem die Beendigung des Konfliktes um Schleswig und Holstein 1848, der Abschluss Krimkrieges durch den Pariser Frieden von 1856 sowie die mehrfach erfolgten Konfliktregulierungen im Rahmen der Balkankrisen von 1878, 1912 und 1913. Alles dieses geschah auf Grundlage der bis 1914 im wesentlichen funktionierenden Wiener Ordnung – und wird in Folge dessen einen eigenen, speziellen Aspekt des Tagungsgeschehens bilden.

3. Reminiszenzen und Reflexe an die Bestimmungen der Wiener Ordnung von 1815 sind auch der internationalen Diplomatie des 20. Jahrhunderts nicht fremd. Ein prominentes Beispiel dafür bietet die Politik der Vereinigten Staaten unter der Ägide ihres aus Franken stammenden langjährigen Außenministers Henry Kissinger. Und nicht zufällig erfuhr gerade in jenen Jahren die Idee einer systemübergreifenden, blöckeumspannenden europäischen Friedensordnung im Rahmen der KSZE-Verhandlungen eine partielle Neubelebung. Sie gipfelte in der Schlussakte von Helsinki 1975 und besaß weitreichende Folgen im Blick auf die Veränderung der politischen Gemengelage in Ost- und Ostmitteleuropa. Aktuelle Konfliktbereinigungsstrategien zehren noch immer von den damit verbundenen Instrumentarien. So wirkt das Wiener Friedenswerk von 1815 in fernen Ausläufern bis in unsere eigene Gegenwart von 2015 hinein.

Die Tagung ist öffentlich, die Teilnahme daran kostenfrei. Um eine Anmeldung wird aus Planungsgründen bis zum 28. August 2015 gebeten.

Vorbereitung und Konzeption: Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Martin Munke M. A., Dr Glyn Redworth

Programm

Donnerstag / Thursday, 3. September 2015

17:00 Uhr: Vorstands- und Beiratssitzung der Prinz-Albert-Gesellschaft / Board Meeting of the Prince-Albert-Society

18:30 Uhr: Dr. habil. Eberhard Straub (Berlin): Der Wiener Kongress, England und die Neuordnung Europas / The Congress of Vienna, England and the Reshaping of Europe

20:00 Uhr: Gemeinsames Abendessen / Dinner

Freitag / Friday, 4. September 2015

9:00 Uhr: Begrüßung und Eröffnung / Introduction (Dr. Silvia Pfister, Coburg / Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Chemnitz)

Sektion I: Militär und Politik / Politics and the Military

Diskussionsleitung / Chair: Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll (Chemnitz)

9:30 Uhr: Dr. Dirk Reitz (Dresden): Wellingtons Sieg? Der Sommerfeldzug in Belgien 1815 als Prüfstein der britisch-preußischen Koalitionskriegsführung / Wellington‘s Victory? The Belgian Summer Campaign of 1815 as a Touchstone of the British-Prussian Coalition Leadership

10:15 Uhr: Prof. Dr. Lothar Höbelt (Wien): Der englisch-amerikanische Krieg von 1812 und seine Rückwirkungen auf das europäische Mächtesystem / The Anglo-American War of 1812 and its Effects on the European Power-System

11:00 Uhr: Kaffeepause / Coffeebreak

11:30 Uhr: Prof. Dr. Stefan Schieren (Eichstätt-Ingolstadt): Intervention und Völkerrecht im 19. und 20. Jahrhundert / Intervention and International Law in the 19th and 20th Centuries

Sektion II: Der Wiener Kongress: Voraussetzungen, Inhalte und Zielsetzungen / The Congress of Vienna – Requirements, Issues, and Objectives

Diskussionsleitung / Chair: Prof Robin Blackburn (Essex)

12:15 Uhr: Prof Michael Broers (Oxford) – The World We Have Lost: A geography of Napoleonic Europe; what Vienna had to unravel / Die Welt, die wir verloren haben. Eine Geographie des napoleonischen Europa – was Wien zu entwirren hatte

13:00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen / Lunch

14:30 Uhr: Führung durch die Herzogliche Hof- und Staatsbibliothek / Guided Tour of the Ducal Court- and State Library

15:00 Uhr: Prof John Davis (London) – Economic Dimensions of the Peace of 1815 / Wirtschaftliche Dimensionen des Friedens von 1815

15:45 Uhr: Mark Edward Hay (London) – Great Britain, "Germany" and the Dichotomy of Dutch Historical Agency, 1812–15 / Großbritannien, "Deutschland" und die Dichotomie des historischen Wirkens der Niederlande, 1812–1815

16:30 Uhr: Kaffeepause / Coffeebreak

Diskussionsleitung / Chair: Dr. Carl-Christian Dressel (Erfurt)

17:00 Uhr: PD Dr. Georg Eckert (Wuppertal): Wien in der Kritik. Britische Gegner der neuen Ordnung / Criticizing Vienna: British Opponents of the New Order

17:45 Uhr: Prof Munro Price (Bradford) – France and the Vienna Settlement, 1814–30 / Frankreich und das Abkommen von Wien (1814–1830)

18:30 Uhr: Mitgliederversammlung der Prinz-Albert-Gesellschaft / General Meeting of the Prince Albert Society

20:00 Uhr: Festliches Dinner / Conference Dinner

Samstag / Saturday, 5. September 2015

Sektion III: Folgen und Nachwirkungen im 19. und 20. Jahrhundert / Consequences and After-Effects during the 19th and 20th centuries

Diskussionsleitung / Chair: Dr Glyn Redworth (Oxford)

9:00 Uhr: Prof. Dr. Volker Sellin (Heidelberg): Restauration und europäische Friedensordnung / Restoration and the European Order of Peace

9:45 Uhr: Dr. Carl-Christian Dressel (Erfurt): Kleinstaaten in Mitteldeutschland. Sachsen-Coburg im Deutschen Bund (1815–1850) / Small States in Central Germany: Saxe-Coburg and the German Confederation, 1815–50

10:30 Uhr: Kaffeepause / Coffeebreak

11:00 Uhr: Prof. Dr. Hans-Christof Kraus (Passau): Zwischen Frankreich und Russland. England und der Krimkrieg / Between France and Russia: England and the Crimean War

11:45 Uhr: Colin A. Munro CMG (Wien): From Versailles to OSCE. The United Kingdom and Peacemaking in Europe / Von Versailles zur OSZE. Das Vereinigte Königreich und die Friedenssicherung in Europa

12:30 Uhr: Abschlussdiskussion / Final Discussion

Kontakt

Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll

Prinz-Albert-Gesellschaft e.V., c/o Technische Universität Chemnitz
Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, D-09107 Chemnitz

prinz-albert-gesellschaft@tu-chemnitz.de

http://www.prinz-albert-gesellschaft.de