Konflikte und Kontroversen: Die israelische Gesellschaft als Streitgesellschaft

Konflikte und Kontroversen: Die israelische Gesellschaft als Streitgesellschaft

Veranstalter
Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ) in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Hamburg e.V.
Veranstaltungsort
BEIM SCHLUMP 83, 20144 HAMBURG, 2. OG
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.03.2018 - 14.05.2018
Website
Von
Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ), Hamburg

Konflikte und Kontroversen
Die israelische Gesellschaft als Streitgesellschaft

Alt und neu, Ost und West, links und rechts, Arbeiter und Bourgeoisie: Konflikte prägen Geschichte und Gesellschaft Israels. Schon vor der Gründung des israelischen Staates 1948 war die jüdische Gemeinschaft in Eretz Israel eine Gesellschaft im Widerstreit. Der Yishuv, die jüdische Gemeinschaft in Palästina vor der Staatsgründung, befand sich nicht nur in einem zunehmend gewalttätigen Konflikt zwischen arabischer Mehrheit und jüdischer Minderheit. Auch über die politische und soziale Ausrichtung des entstehenden Gemeinwesens wurde früh gestritten.
Mit der Gründung des Staates Israel kamen weitere Konflikte hinzu. Nicht nur der arabisch-jüdische Konflikt prägt die Gesellschaft des Landes seit 70 Jahren entscheidend, sondern auch eine Reihe von Widersprüchen innerhalb der sich wandelnden israelischen Gesellschaft. Dazu zählen die Masseneinwanderung aus verschiedenen Kontinenten, Konflikte zwischen arm und reich, zwischen euro¬päischen und „orientalischen“, religiösen und säkularen Juden.
In vier Vorträgen wird die Reihe exemplarisch einige Konflikte in der israelischen Gesellschaft über Fragen von Migration, Geschlecht, Religion und der eigenen Geschichtsschreibung vorstellen. Ausgehend von neuen Forschungen werden die Referentinnen und Referenten die Entwicklung dieser Aspekte bis in die Gegenwart beleuchten, in den aktuellen Kontext einordnen und die Bedeutung der historischen für die politische Bildung aufzeigen.

Programm

Dienstag, 27.03.2018 - 18:30 Uhr
VIOLA ALIANOV-RAUTENBERG

ZWISCHEN ORIENTALEN UND OSTJUDEN.
DEUTSCHE JUDEN IN PALÄSTINA
60.000 Deutsche Juden fanden in den 1930er Jahren auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus im Britischen Mandatsgebiet Palästina eine neue Heimat. Wurde Palästina auch ein sicherer Hafen vor der Verfolgung, so wurden die Neueinwanderer von den Alteingesessenen jedoch nicht unbedingt mit offenen Armen aufgenommen.
Der Vortrag beleuchtet die konfliktreichen Begegnungen der Einwanderer mit den verschiedenen jüdischen und nicht-jüdischen Gruppen in der Gesellschaft Palästinas. Dabei wird die Referentin nicht nur der Kritik an den Neuankömmlingen, sondern auch dem überaus kritischen Blick der deutschen Juden auf die aufnehmende Gesellschaft nachgehen.

Viola Alianov-Rautenberg ist Historikerin und zurzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am IGdJ. Sie hat in Oldenburg, Hamburg und Haifa studiert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind deutsch-jüdische Geschichte, Geschichte des Yishuvs und Israels sowie Geschlechtergeschichte.

Dienstag, 10.04.2018 - 18:30 Uhr
JULIE GRIMMEISEN

PIONIERINNEN UND SCHÖNHEITSKÖNIGINNEN.
FRAUENVORBILDER IN ISRAEL
Julie Grimmeisen erforscht das widersprüchliche Bild der „Neuen Hebräischen Frau“ nach der erfolgreichen Gründung des Staates Israel – gefangen zwischen neuen Rollen und traditionellen Vorstellungen. Sie zeigt, dass nicht nur politische, sondern insbesondere kulturelle Einflüsse aus Europa und den USA – in diesem Fall ein kommerzielles Schönheitsideal der Frau – das Projekt des israelischen nation building beeinflussten. Das Konsumverlangen der israelischen Gesellschaft, am besten verkörpert durch die glamouröse Schönheitskönigin Israels, stand im klaren Widerspruch zum Vorbild der sozialistischen Pionierin, die als gleichberechtigtes Mitglied ihrer Gemeinschaft, Seite an Seite mit den männlichen Kameraden unter großen Anstrengungen und Entsagungen die jüdische Nation in ihrem eigenen Land wiederbelebt haben soll.

Julie Grimmeisen ist Israel Institute Postdoctoral Fellow am Zentrum für Israel-Studien an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach Studienaufenthalten in den USA, Israel, Ägypten und Syrien schloss sie 2015 ihr Promotionsstudium in München ab.

Dienstag, 24.04.2018 - 18:30 Uhr
DANIEL MAHLA

RELIGIONSKONFLIKTE. DIE ORTHODOXIE IM JÜDISCHEN STAAT
Eigentlich hatten die Gründer Israels einen säkular geprägten Staat im Sinne gehabt. Seit einigen Jahrzehnten jedoch erstarken die orthodoxen Kräfte in Israel und mischen sich immer stärker auch in ideologische Diskussionen und Tagespolitik ein. Ob in der Siedlungspolitik, sozialen Fragen oder der Gleichstellung der Geschlechter – in allen wichtigen gesellschaftlichen und politischen Debatten sind orthodoxe Stimmen deutlich zu vernehmen.
Wie aber steht die Orthodoxie zu Israel? Und in welcher Weise prägt sie den jüdischen Staat? Diesen Fragen widmet sich der Vortrag anhand historischer und aktueller Entwicklungen.

Daniel Mahla ist Historiker und seit 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur sowie Koordinator des Zentrums für Israel-Studien der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2014 wurde er an der Columbia University in New York promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Geschichte der polnischen Juden im 20. Jahrhundert, Religion und Staat in Israel sowie die Entstehung moderner jüdischer Politik.

Montag, 14.05.2018 - 18:30 Uhr
ACHIM ROHDE

ISRAEL/PALÄSTINA: GESCHICHTSNARRATIVE IM KONFLIKT
Seit 100 Jahren ringen in Israel-Palästina zwei konkurrierende national konstituierte Kollektive um das selbe Stück Land zwischen Mittelmeer und dem Jordan. Bildung, zumal historische Bildung, ist in diesem Kontext meist Teil des Problems. Welche Narrative werden in diesem Zusammenhang jeweils vermittelt?
Dieser Vortrag stellt den Versuch eines bi-nationalen Schulbuches vor, das die Geschichte von Israel und Palästina aus beiden Perspektiven erzählt („Learning Each Other’s Historical Narrative“). Erstellt in Kooperation von jüdischen und arabischen LehrerInnen und WissenschaftlerInnen im Rahmen der NGO PRIME (Peace Research Institute in the Middle East), will dieses Bildungsreformprojekt historische Bildung im israelisch-palästinensischen Kontext zum Teil einer Konfliktlösungsstrategie machen. Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen wird der Referent Potentiale und Grenzen des Projektes diskutieren.

Achim Rohde ist Islamwissenschaftler und Nahosthistoriker an der Goethe-Universität Frankfurt. Er hat in Hamburg, Birzeit (West¬bank) und Tel Aviv (Israel) studiert. Im Rahmen seiner früheren Tätigkeit am Georg-Eckert-Institut hat Rohde für internationale Schulbuchforschung ein bi-nationales israelisch-palästinensisches Schulbuchprojekt begleitet, das die Geschichte des Nahostkonfliktes aus konkurrierenden Perspektiven darstellt.

Kontakt

Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ)
BEIM SCHLUMP 83, 20144 HAMBURG, 2. OG
Tel.: 040 – 42 838 – 2617
Fax: 040 – 44 808 66
E-Mail: kontakt@igdj-hh.de
Internet: www.igdj-hh.de