Kirchliche Räume und weltliche Herrschaften. Definitionen, Modelle und Konflikte in Kontaktzonen (9.-13. Jahrhundert). Internationaler Workshop für NachwuchswissenschaftlerInnen

Kirchliche Räume und weltliche Herrschaften. Definitionen, Modelle und Konflikte in Kontaktzonen (9.-13. Jahrhundert). Internationaler Workshop für NachwuchswissenschaftlerInnen

Veranstalter
Tristan Martine (Université Paris-Est Marne-la-Vallée/Université de Lorraine); Dr. Jessika Nowak (Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte); Université Paris-Est Marne-la-Vallée; Deutsches Historisches Institut Paris;
Veranstaltungsort
Deutsches Historisches Institut Paris / Laboratoire ACP (Université Paris-Est Marne-la-Vallée)
Ort
Paris
Land
France
Vom - Bis
05.04.2018 - 06.04.2018
Deadline
30.05.2017
Website
Von
Nowak, Jessika; Martine, Tristan

Das allmähliche Auseinandertreten der geistlichen und der weltlichen adligen Herrschaften, die Phänomene der "Verräumlichung" und später der "Territorialisierung" sowie der Übergang von einer auf Punkten basierenden Kartographie zu einer Kartographie der mehr oder weniger identifizierbaren und dementsprechend graphisch darstellbaren Herrschaftsbereiche stehen im Zentrum vieler aktueller Forschungen, die jedoch beidseits des Rheins einen sehr unterschiedlichen Zugang zu Fragen des Raums wählen. Ein Anliegen unseres Workshops ist es daher, den deutschen und den französischen Zugriff einander systematisch gegenüberzustellen: Untersucht werden sollen die Konzeption und die Produktion kirchlicher Herrschaftsräume, und es wird nach den Interaktionen zwischen diesen und den weltlichen Herren auf dem Gebiet des einstigen karolingischen Reichs zu fragen sein. Ziel ist es, insbesondere die Schnittstellen und Kontaktzonen weltlicher und geistlicher Räume in den Blick zu nehmen. Neben den monastischen Räumen wird der Fokus dabei auch auf den Diözesen, Archidiakonaten und Pfarreien liegen.

Jungen deutsch- und französischsprachigen NachwuchswissenschaftlerInnen soll in dieser Form eine Plattform geboten werden, die ihnen – im interdisziplinären Umfeld, im Dialog zwischen Geschichte, Rechtsgeschichte, Kunstgeschichte und Archäologie – die Möglichkeit eröffnet, ihre Zugriffe zu vergleichen.
Die BeiträgerInnen sind eingeladen, sich dem Thema vor allem aus drei verschiedenen Perspektiven anzunähern:

1) Definitionen, Abgrenzungen, Darstellungen

Es wird danach zu fragen sein, inwieweit sich mit und nach dem Aufkommen neuer Machtzentren eine Herausbildung von sich um die Zentralorte herum konstituierenden Räumen fassen lässt und inwiefern sich diese auch juristisch zunehmend besser greifen und räumlich abgrenzen lassen. Inwieweit fanden diese Prozesse ihren Niederschlag in Texten und – nicht zu vergessen – in Bildern?
Reich ist zweifelsohne die Überlieferung aus Cluny, doch wo lassen sich vergleichbare, bislang weniger stark beleuchtete Beispiele ausmachen, für welche Abteien und welche anderen kirchlichen Institutionen lassen sich vergleichbare Dynamiken aufzeigen? Und in welchem Maße vermochten diese Institutionen, ihre Herrschaft zur Umgestaltung ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu nutzen? In welchem Umfang konnten sie auf diesem Wege ihre Suprematie unter Beweis stellen, sich somit deutlich von den weltlichen Herrschaften abgrenzen? Diesen und vielen vergleichbar spannenden Fragen kann hier nachgegangen werden, so etwa auch jener nach der schrittweisen Ausformung der Diözese als einem dem Bischof eigenen Territorium, die wiederum einer eigenen – sich deutlich von jener der weltlichen Territorien unterscheidenden – Logik folgt.
Und nicht nur die Entstehung, Entwicklung und tatsächliche Ausformung der Räume und ihrer Grenzen gilt es zu beleuchten, auch die Vorstellungen, welche die Geistlichen selbst von diesen Räumen hatten, sollen nicht außer Acht gelassen werden.

2) Kirchliche Raummodelle?

Blickt man auf die "Kernbildung", die sich im 10. und 11. Jh. sowohl um die Klöster als auch um die Burgen herum vollzog, so scheint die Ausbildung der Rechtshoheit über einen bestimmten Raum vornehmlich eine kirchliche Realität gewesen zu sein. Mit Florian Mazel und Michel Lauwers wäre danach zu fragen, inwieweit die Bischöfe aber auch die klösterlichen Gemeinschaften beim Aufkommen dieser neuen räumlichen Logiken eine Vorreiterrolle spielten. Inwieweit übernahmen die fürstlichen wie königlichen Regierungsformen seit dem 12. Jh. wichtige Impulse und Anregungen von der Ausübung der bischöflichen Jurisdiktion? Inwieweit können die Klöster als "wahre Laboratorien" für die Konzeptualisierung wie für die Umsetzung neuer Raummodelle gelten?
Nähert man sich der Frage eines kirchlichen Modellcharakters von der räumlichen Perspektive her, so gilt es aber auch, sich eine mögliche Reziprozität vor Augen zu führen und somit zu erörtern, inwieweit die Kleriker ihrerseits den Einflüssen weltlicher Initiativen unterlagen und in welchem Maße sie Anregungen aus diesen bezogen.

3) Kontaktzonen, Konflikte und Spannungen: eine neue Lesart der Interaktion zwischen weltlichen und geistlichen Herrschaften

Wenn Schriftquellen auf die Abgrenzung von kirchlichen Territorien zu sprechen kommen, so geschieht dies nicht selten im Kontext eines Rechtsstreits. Ohne Frage konnten diese Streitfälle punktuell und im begrenzten Umfang zu Abgrenzungsprozessen führen. Diese Spannungen sollen keineswegs in Abrede gestellt werden; doch gilt es zu bedenken, dass sich viele der früheren Studien, die stark auf diese Auseinandersetzungen abzielen, auf gregorianische Quellen stützen. Diese jedoch hat die Geschichtsschreibung jüngst zu dekonstruieren begonnen, indem sie nachweisen konnte, dass das 10. und das 11. Jh. durch die Brille und vor dem Hintergrund der Konflikte des 12. Jh.s gesehen und gedeutet wurden. Welche neuen Erkenntnisse lassen sich aber gewinnen, wenn man den Raum vorrangig nicht als Konflikt-, sondern als Kontaktzone betrachtet und die verschiedenen Interaktionen auf allen Ebenen in den Blick nimmt? Wie gingen die verschiedenen Parteien mit einem Nebeneinander verschiedener Autoritäten in ein und demselben Raum um? Schuf das Festschreiben neuer Grenzen – oder auch die Bekräftigung alter – neue Arten der Diskontinuität oder konsolidierte es vielmehr alte Netzwerke? Und beförderten diese Kontaktzonen mithin die Ausbildung von Gebieten, die besondere kulturelle (insbesondere architektonische), wirtschaftliche und politische Besonderheiten aufwiesen?

Bewerbungs- und Auswahlmodalitäten

Erwartet wird ein 25-minütiger Vortrag in deutscher oder französischer Sprache. Bewerben können sich fortgeschrittene Studierende, Promovierende sowie Postdocs, die ihre Doktorarbeit vor nicht mehr als vier Jahren verteidigt haben.
Alle Interessenten werden gebeten, ein einseitiges Abstract in deutscher oder französischer Sprache zu verfassen und dieses, sowie einen kurzen Lebenslauf, aus dem auch die Sprachkenntnisse hervorgehen, bis zum 30. Mai 2017 an die beiden folgenden Adressen zu senden:
tristan.martine@gmail.com; nowak@rg.mpg.de.

Das Ergebnis der Auswahl wird den Betreffenden bis zum 15. Juli 2017 mitgeteilt. Die ausgewählten Kandidaten werden gebeten, bis zum 1. März 2018 eine schriftliche Fassung ihres Beitrags in einer der beiden Konferenzsprachen einzureichen.

Wissenschaftliche Koordination
Tristan Martine (Université Paris-Est Marne-la-Vallée/Université de Lorraine)
Jessika Nowak (Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt)

Wissenschaftlicher Beirat
G. Bührer-Thierry (Université Paris 1)
C. Ehlers (Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte)
G. Giuliato (Université de Lorraine)
R. Große (Deutsches Historisches Institut Paris)
M. Margue (Université du Luxembourg)
P. Monnet (IFRA-SHS/ EHESS)
D. Panfili (Université Paris 1)
J. Schneider (Université Paris-Est Marne-la-Vallée)
A. Wilkin (Université libre de Bruxelles)

Programm

Kontakt

Jessika Nowak

Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte

jessikanowak@hotmail.com


Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung