C. P. Peterson u.a. (Hrsg.): The Routledge History of World Peace

Cover
Titel
The Routledge History of World Peace since 1750.


Herausgeber
Peterson, Christian Philip; Knoblauch, William M.; Loadenthal, Michael
Reihe
The Routledge Histories
Erschienen
London 2019: Routledge
Anzahl Seiten
XXI, 477 S.
Preis
£ 175.00
Rezensiert für den Arbeitskreis Historische Friedens- und Konfliktforschung bei H-Soz-Kult von:
Fabian Klose, Historisches Institut, Universität zu Köln

Die vom Routledge-Verlag seit einigen Jahren herausgegebene Buchreihe Routledge Histories verfolgt das Ziel, historische Schlüsselthemen im Format des Sammelbandes zu erschließen und möglichst umfassend darzustellen. Der zeitliche und thematische Rahmen der Bücher ist dabei häufig entsprechend weit gesetzt und umfasst oft mehrere Jahrhunderte. Auch in der von William M. Knoblauch, Christian Philip Peterson und Michael Loadenthal gemeinsam herausgegebenen neuesten Publikation der Reihe – „The Routledge History of World Peace since 1750“ – ist dies der Fall. So widmet sich dieser Band keinem geringeren Thema als der Geschichte des Friedens in globaler Perspektive über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrhunderten.

Schon der erste Blick auf die Herausgeberschaft – mit den beiden Historikern Peterson (Ferris State University, USA) und Knoblauch (Finlandia University, USA) sowie dem Soziologen Loadenthal (Miami University, USA) – verrät gleich zu Beginn die methodische Herangehensweise: Das breit angelegte Thema soll nicht aus einer disziplinären Sicht, sondern aus der Perspektive von ganz verschiedenen Disziplinen erschlossen werden. Dieses Versprechen einer interdisziplinären Ausrichtung löst das Buch in der Tat durch seine vielfältigen Beiträge von Autorinnen und Autoren aus den unterschiedlichsten Fachbereichen wie der Philosophie, der Anthropologie, der Literaturwissenschaft, der Theologie, der Medien- und Kommunikationswissenschaft, der Friedensforschung, der Politikwissenschaft, der Soziologie und der Geschichte ohne Zweifel ein. Trotz dieser bemerkenswerten disziplinären Vielfalt erstaunt es dann aber doch etwas – vor allem angesichts einer Thematik wie der Geschichte des globalen Friedens –, dass völkerrechtliche und juristische Perspektiven kaum vorzufinden sind beziehungsweise Völkerrechtlerinnen und Völkerrechtler nicht zu Wort kommen. Erklärtes Ziel des Sammelbandes ist es, eine tragfähige Brücke zwischen historischer und sozialwissenschaftlicher Friedens- und Konfliktforschung zu schlagen, in Hinblick auf die unterschiedlichen methodischen Zugänge für gegenseitiges Verständnis zu werben und unter den Schlagwörtern „Seeking peace between disciplines“ (S. 9) einen fruchtbaren interdisziplinären Dialog zwischen allen beteiligten Fachbereichen anzustoßen. In den Worten der drei Herausgeber formuliert soll die Publikation dazu führen, „that readers of this collection will take away a diversity of scholarly perspectives as well as regional and temporal case studies on attempts to achieve peace around the world since 1750” (S. 20).

Neben der Einleitung umfasst der Sammelband insgesamt die stattliche Zahl von 34 Einzelbeiträgen. Einige davon sind allerdings mit einem Umfang von weniger als zehn Seiten schon sehr kurz geraten, und entsprechend werden manche Themen nur oberflächlich angeschnitten, ohne wirklich in die Tiefe zu gehen. Die Grundausrichtung des Buches ist globaler Natur, was aber immer wieder durch spezifische Fallstudien aus Afrika, Lateinamerika, dem Nahen Osten und weiteren Weltregionen gezielt ergänzt wird. Thematisch gliedert sich der Band in sechs große übergeordnete Abschnitte, die in sich weitgehend einer chronologischen Struktur folgen. Teil 1, „Paradigms of peace“ (S. 33–84), nimmt philosophische Friedenskonzepte seit der Aufklärung in den Blick, untersucht die Auswirkungen von Industrialisierung und Globalisierung auf Friedensbemühungen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, beschäftigt sich mit dem Verhältnis von liberalem Internationalismus und Pazifismus und fragt nach dem Beziehungsgeflecht von strukturellen Konflikten, systematischer Gewalt und Frieden. Der zweite Teil (S. 85–164) widmet sich unter der Überschrift „Icons of peace“ vor allem der Rolle prominenter internationaler Friedensaktivisten wie Lev Tolstoi, Mohandas Karamchand Gandhi, Abdul Ghaffar Khan, Martin Luther King Jr. und Nelson Mandela, aber auch bedeutenden Anti-Kriegs-Kampagnen wie der der Black Power-Bewegung in den Vereinigten Staaten gegen den Vietnamkrieg. Verschiedene religiöse und kulturelle Dimensionen von Frieden vom 19. bis ins 21. Jahrhundert stehen dann im Mittelpunkt des dritten Abschnitts (S. 165–226), in dem neben Theologen und Literaturwissenschaftlerinnen auch ein Künstler mit einem Beitrag zur Bedeutung von Graffiti als improvisierte Aktionsform während des „Arabischen Frühlings“ in Ägypten zu Wort kommt. Der vierte Teil (S. 227–269) beleuchtet die für das 20. Jahrhundert wohl mit bedeutendste Friedensbewegung, die internationalen Kampagnen gegen Nuklearwaffen und den Atomkrieg. Die Bedeutung der Nuclear Weapons Freeze Campaign als transnationales Phänomen und der australischen Friedensbewegung mit einem speziellen Blick auf die Atomwaffentests im Pazifik wird darin genauso beleuchtet wie die Aktivistenrolle von Wissenschaftlern, besonders prominent in der Person des sowjetischen Physikers, Dissidenten und Friedensnobelpreisträgers Andrei Sacharow. Der fünfte Abschnitt des Bandes (S. 271–355) ist mit dem Titel „Non-violence and the nation state“ überschrieben, wobei es sich nun vor allem um einzelne Fallstudien zu Konflikten im 20. und 21. Jahrhundert in den verschiedenen Weltregionen in Europa (Irland), Lateinamerika (Kolumbien), im Nahen Osten (Israel, Palästina), in Asien (Taiwan) und Afrika handelt. Der letzte Abschnitt (S. 357–447) beschäftigt sich schließlich explizit mit der internationalen und transnationalen Dimension moderner Friedensbemühungen, die sich thematisch auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs, des Vietnamkriegs, des antikolonialen Befreiungskampfes in Mozambique und des Irakkriegs zu Beginn des 21. Jahrhunderts beziehen und dabei nun auch dezidiert Genderaspekte und die institutionelle Rolle der Vereinten Nationen als friedensstiftende Weltorganisation berücksichtigen.

Mit der Darstellung der Geschichte des Friedens in globaler Perspektive über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrhunderten – wobei das 20. Jahrhundert klar dominiert – haben sich die drei Herausgeber Knoblauch, Peterson und Loadenthal keineswegs einer leichten Aufgabe gestellt. Schon aufgrund des enormen zeitlichen wie thematischen Rahmens kann dieser Band sicherlich nicht alle an ihn gestellten Erwartungen gleichermaßen erfüllen oder gar einen Anspruch auf Vollständigkeit reklamieren. Manche Einzelkapitel reißen, wie bereits erwähnt, aufgrund ihres Umfangs von wenigen Seiten bestimmte Themen oft nur kurz an, weshalb man sich manchmal eine geringere Zahl an Beiträgen, dann aber mit einer substantielleren Tiefe wünschen würde. Das erklärte Ziel der Herausgeber, eine interdisziplinäre Brücke zwischen historischer und sozialwissenschaftlicher Friedens- und Konfliktforschung zu schlagen, löst der Sammelband allerdings weitgehend ein. Dank seiner großen disziplinären Vielfalt bietet er – und das ist als Verdienst sicherlich nicht als gering zu veranschlagen – einen guten und breiten Überblick über die verschiedensten Themen und Perspektiven aus dem Bereich der Friedensforschung. Das Buch „The Routledge History of World Peace since 1750” wird daher als Einführungs- und Überblickswerk sicherlich eine größere Leserschaft aus dem Kreis von Studierenden und Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen finden.

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Die Rezension ist hervorgegangen aus der Kooperation mit dem Arbeitskreis Historische Friedens- und Konfliktforschung. (Redaktionelle Betreuung: Jan Hansen, Alexander Korb und Christoph Laucht) http://www.akhf.de/