Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands 57 (2013)

Titel der Ausgabe 
Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands 57 (2013)
Weiterer Titel 

Erschienen
Münster 2013: Aschendorff Verlag
Erscheint 
jährlich
ISBN
978-3-402-15713-8
Anzahl Seiten
IV, 172 S.
Preis
€ 16,80

 

Kontakt

Institution
Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands (ZGAE). Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte des Preussenlandes
Land
Deutschland
c/o
Redaktion: Johannes Götz, Cunostr. 58a, 14193 Berlin Vertrieb: Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG Soester Str. 13, 48155 Münster, E-Mail: <buchverlag@aschendorff.de>
Von
Götz, Johannes

So eben ist Band 57 (2013) der Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands erschienen.

Volume 57 (2013) of Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands have been released recently.

Inhaltsverzeichnis

ZGAE 57 (2013)

AUFSÄTZE

Arkadiusz Wagner, Der gotische Bücherschrank aus der Libraria der Pfarrei in Rößel.

Dieser Beitrag stellt eines der kostbarsten und zugleich unerforschten Denkmäler der gotischen Möbeltischlerei im heutigen Polen vor: den im Jahre 1471 für die Büchersammlung der Pfarrei in Rößel (poln. Reszel) hergestellten Schrank. Dabei wird vor allem die Geschichte des Möbelstückes behandelt, angefangen vom Zeitpunkt seiner Herstellung, der in die Zeit der Entstehung kirchlicher Büchersammlungen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts fällt, über seine Aufteilung und die Zerstreuung der einzelnen Elemente nach dem Zweiten Weltkrieg, weiter über den vermuteten Verlust bis hin zu den Ereignissen im Jahre 2012, als die erhaltenen Teile an verschiedenen Orten in der Kirche entdeckt und erneut zusammengebaut wurden. Beschrieben wird ferner die derzeitige Struktur des Schrankes einschließlich des Versuchs einer Rekonstruktion seiner ursprünglichen Form. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der reichen Reliefdekoration auf den Leisten an der Frontseite des Möbelstücks gewidmet. Dies alles als Teil wird auf dem Hintergrund der europäischen und insbesondere der preußischen Möbeltischlerei dargestellt. Daraus folgt, dass er als Synthese der alpenländischen und der nordeuropäischen spätgotischen Möbeltischlerei gelten kann und zudem hinsichtlich der Dekoration eine große Ähnlichkeit mit dem gotischen Chorgestühl in Guttstadt (poln. Dobre Miasto) aufweist. In seiner gesamten Form ist dieser Bücherschrank unter den zur Zeit bekannten denkmalgeschützten Objekten ein herausragendes Möbelstück.

Jacek Wijaczka, Juden im Herzoglichen (Brandenburgischen) Preußen in der Frühen Neuzeit.

Die jüdische Bevölkerung im Herzogtum und Königreich Preußen in der frühen Neuzeit wurde nur selten zum Gegenstand von Forschungen, da die Mitgliederzahl der Gemeinden im Vergleich zu Ostmitteleuropa relativ klein war und nur in Königsberg ein kulturelles Zentrum entstand. Auch aus diesen Gründen hat sich die deutsche und polnische Forschung mit dem Gegenstand nur randständig beschäftigt. Der Beitrag durchmustert deshalb die vorliegende Quellenüberlieferung und die deutsch- und polnischsprachige Literatur neu und zeigt deutlich auf, dass temporäre Aufenthalte jüdischer Menschen aus wirtschaftlichen oder situativen Gründen (Kriege, Seuchen, Migrationen) sowie Kontakte zwischen den preußischen Ständen und jüdischen Gemeinden jenseits der Landesgrenzen in Polen-Litauen eine deutlich größere Rolle spielten, als bisher bekannt.
Analysiert werden in einem zweiten Schritt die Entwicklung der Königsberger Gemeinde nach 1680 und die Entwicklung zu einem regionalen Zentrum im 18. Jahrhundert. Durch den Aufstieg Königsbergs zu einem Wirtschaftszentrum, den Ausbau des Memelhandels und die Unterstützung der Gemeinde durch Privilegien der Herzöge bzw. Könige entwickelte sich die Gemeinde dynamisch Trotz der Niederlassungsverbote und der begrenzten Bedeutung der Gemeinden spielten jüdische Menschen im Herzogtum bzw. Königreich Preußen eine erhebliche Rolle und sollten bei der Analyse der religiösen und kulturellen Verhältnisse nicht übergangen werden.

Andrzej Kopiczko, Polnische und deutsche Traditionen im kirchlichen Leben des Ermlands vor 1945.

In der Zeit bis zur ersten Teilung Polens sind kaum rein deutsche oder rein polnische Traditionen zu finden. Eine Dichotomie in der Liturgie wurde erst nach der Eingliederung des Ermlands in Preußen sichtbar, blieb jedoch grundsätzlich konfliktfrei. Auch nach 1772 sind deutliche Unterschiede zwischen den polnischen und deutschen Traditionen vor 1945 kaum auszumachen. Am deutlichsten sichtbar waren sie im Heiligenkult und in den paraliturgischen Gottesdiensten. Dagegen war das äußere und gewissermaßen selbstverständliche Unterscheidungsmerkmal zwischen dem polnischen und deutschen Ermland die verwendete Sprache, eigentlich der polnische und deutsche ermländische Dialekt. Sowohl die deutschen als auch die polnischen ermländischen Traditionen, die vor 1945 noch gepflegt wurden, schwanden in Volkspolen sehr schnell dahin. Das war ein Ergebnis der veränderten Bevölkerungsstruktur.

Hanna Teschner, Die Entwicklung der Beziehungen der Ermlandfamilie zu Polen und zum polnischen Ermland/Warmia (1935–2005).

Die Ermländer bilden nur eine kleine Bevölkerungsgruppe innerhalb der katholischen Kirche Deutschlands. Ihre Beziehungen zu Polen sind im Unterschied zu anderen kirchlichen Gruppen oder Initiativen, die sich um den deutsch-polnischen Dialog bemühen, von Besonderheiten geprägt. Die katholischen Ermländer verbindet eine Region im ehemaligen Ostpreußen mit den katholischen Polen, die jetzt dort ihre Heimat haben. Die Beziehungen der heimatvertriebenen Ermländer zu Polen, ihre Sicht auf das Nachbarvolk und die Einstellung ihm gegenüber haben sich seit dem Briefwechsel der deutschen und polnischen Bischöfe im Jahre 1965 bis zur Wahl eines deutschen Papstes 2005 stark gewandelt. Die vorliegende Abhandlung beruht auf den Selbstzeugnissen der Ermländer, wie sie sich insbesondere in ihrem Nachrichtenblatt, den Ermlandbriefen, spiegeln.
Die Ermländer nahmen zunächst eine abwartende Position im deutsch-polnischen Dialog ein. Bis 1972, als das Ermland eine polnische Diözese wurde, war die Beschäftigung mit Polen vornehmlich mit heimatpolitischen Anliegen verbunden. Einen Einschnitt bedeutete die politische Wende 1989/1990. Von 1991 nahmen die deutsch-polnischen Kontakte stark zu. In den Kontakten auf der Ebene des Klerus ging es hauptsächlich um die im Ermland verbliebenen Deutschen. Anliegen der deutschen Minderheit, deren Gottesdienste und deren kirchliches und gesellschaftliches Leben wurden geregelt. In ähnlicher Weise verfolgte das Ermländische Landvolk primär das Anliegen, die Lebensbedingungen für ermländische Bauern deutscher Abstammung zu verbessern. Die deutsch-polnischen Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft Junges Ermland heben sich von denen der anderen Gruppen in mehrfacher Hinsicht ab. Der Jugendgruppe ging es nicht in erster Linie um Bildungsziele sondern um Kontakte und Begegnungen. Die Kontakte zwischen deutschen und polnischen Jugendlichen sind ein besonderes Charakteristikum. Ihre Gottesdienste werden zweisprachig gestaltet. Einzigartig innerhalb der Ermlandfamilie ist die Einbindung der polnischen Gruppenmitglieder in die Struktur und Organisation der Gruppe. Entscheidend für die Entwicklungen der Kontakte nach Polen in allen Gruppen der Ermlandfamilie war das besondere Engagement einzelner Personen.

ARTICLES

Arkadiusz Wagner, The Gothic bookcase from the Library of the Parish of Rößel.

This article presents one of the most valuable and at the same time least investigated historical monuments of Gothic cabinet making in present day Poland: it is a bookcase fashioned for the book collection of the Parish of Rößel (Polish: Reszel) in 1471. The article deals with the history of this piece of furniture, beginning with the date of its making during the time of the first canonical book collections in the second half of the 15th century. It then relates how it was taken apart and was thought to be lost as its elements were widely scattered after World War II. Then, in 2012, parts were recovered in different places in the church and were re-joined again. The article describes the present structure of the bookcase including the attempt to reconstruct its original form and appearance. Special attention is directed to the rich relief carvings on the wood trims of the furniture front. All this is discussed with respect to European and, in particular, to Prussian cabinet making. The findings suggest that the bookcase can be seen as a synthesis between the late Gothic carpentry of Northern Europe and that of the Alpine region. Additionally, its decoration is very similar to that of the Gothic choir stalls of Guttstadt (Polish: Dobre Miasto). In its entirety, this bookcase is an outstanding piece of furniture among the listed historical monuments of our time.

Jacek Wijaczka, The Jewish Population in the Ducal (Brandenburgian) Dukedom of Prussia in the Early Modern Period.

The Jewish population in the Duchy and Kingdom of Prussia in the Early Modern Period has rarely been the subject of research, as the number of members in the congregations was relatively small as compared to those in East Central Europe, and only in Königsberg (Kaliningrad) a cultural center had developed. It was mainly for this reason that German and Polish research has dealt with this topic only marginally. The article therefore reviews the existing sources and written records and German and Polish literature anew. It points out quite clearly that the temporary residence of Jews for economic and other reasons (wars, diseases, migrationn) and contacts between the professional classes of Prussia and the Jewish communities beyond the border in Polish-Lithuanian Commonwealth played a far greater role than as yet known.
In a second step, the article analyzes the development of the congregation of Kaliningrad Königsberg after 1680 and its development into a regional centreer in the 18th century. The community developed dynamically on account of the ascent of Kaliningrad Königsberg to a centrere of economy, the growth of trade along the river Memel and the support of the community through privileges granted by the dukes or kings. In spite of the fact that permanent residence was forbidden for Jews and that the communities were of limited importance, Jewish people played a significant role in the Duchy, or, respectively, in the Kingdom of Prussia. They should, therefore, not be left out in the analysis of the religious and cultural circumstances of the time.

Andrzej Kopiczko, Polish and German Traditions in the Church Life of Warmia before 1945.

In the time before the first Polish Partition there are hardly any genuine German or pure Polish traditions. It was not before Warmia was integrated into Prussia that a dichotomy of liturgy became apparent, but it was no cause of conflict. Even after 1772 there are hardly any grave differences between Polish and German traditions until 1945. Differences were most notable in the worship of Saints and in paraliturgical services. However, the obvious and self-evident difference was the use of language – either the Polish or the German dialect of Warmian – in the Polish and German parts of Warmia. German as well as Polish Warmian traditions, still observed before 1945, were completely lost in the People`s Republic of Poland as a result of a change in the population structure.

Hanna Teschner, The Development of the Relationship of the Warmia Family (Ermlandfamilie) to Poland and Warmia (1965–2005).

The Ermland people form only a small section of the population within the Catholic church of Germany. In contrast to other church groups or initiatives, who try to improve the German-Polish dialogue, the relationship of the Ermlanders to Poland is marked by certain peculiarities. The Catholic Ermlanders from a region in former East Prussia feel connected to the Catholic Polish people, who have their home there today. The relationship of the displaced Ermlanders to Poland, their view of the neighbouring people and their attitude towards them have greatly changed following the correspondence of German and Polish bishops from 1965 to the election of the German Pope in 2005. The article on hand is based on self-evidence of Ermlanders, as mirrored, in particular, in their newsletter, the Ermland letters.
Initially, the Ermlanders adopted a policy of wait and see in the German-Polish dialogue. Up to 1972, when Ermland became a Polish diocese, the interest in Poland was mainly linked to questions of Heimatpolitik (home politics). The political turning point in 1989/1990 meant a decisive change. From1991 German-Polish contacts increased. These contacts among clerics mainly concerned those Germans who had stayed in Ermland. Matters of concern among the German minority were sorted out, questions of services and ecclesiastical and social life were settled. Similarly, the Ermländisches Landvolk (Ermland country folk) tried to improve conditions for Ermland farmers of German origin. The German-Polish relationships among the Gemeinschaft Junges Ermland (the Community of Young Ermland) differs greatly from that of other groups. This youth group was not so much interested in educational goals, but rather in contacts and meetings. The contacts between German and Polish young people are of an exceptional quality. Their services are held in both languages. It is a unique feature that in the Ermland family Polish group members are integrated into the structure and organization of the group. The special commitment of individual people helped greatly in developing the contacts to Poland in all groups of the Ermland family.

INHALTSVERZEICHNIS

Editorial

Aufsätze

Arkadiusz Wagner, Der gotische Bücherschrank aus der Libraria der Pfarrei in Rößel. (S. 3–17)

Jacek Wijaczka, Juden im Herzoglichen (Brandenburgischen) Preußen in der Frühen Neuzeit. (S. 18–42)

Andrzej Kopiczko, Polnische und deutsche Traditionen im kirchlichen Leben des Ermlands vor 1945. (S.43–61)

Hanna Teschner, Die Entwicklung der Beziehungen der Ermlandfamilie zu Polen und zum polnischen Ermland/Warmia (1935–2005). (S. 62–96)

Quellen

Vatikanische Aktenstücke zur Lage der Diözese Ermland 1930. Hrsg. von Hans-Jürgen Karp. (S. 97–118)

Nachruf

Lieselotte Kunigk-Helbing (1924–2013) (S. 119–120)

Rezensionsartikel

Alfons Brüning, Die Protestanten in Polen-Litauen in der Zeit der Sachsenkönige. Konfessionalisierung, Toleranz, Konfessionelle Ambiguität (S.121–130)

Buchbesprechungen

Helmut Flachenecker und Janusz Tandecki, Editionswissenschaftliches Kolloquium 2011. Quellen kirchlicher Provenienz. Neue Editionsvorhaben und aktuelle EDV-Projekte. (Hans-Jürgen Bömelburg) (S. 131–132)

Günter Uschtrin, Wo liegt Coadjuthen? Die Geschichte eines ostpreußischen Kirchspiels im ehemaligen Memelland. (Ruth Leiserowitz) (S. 132–134)

Inventory of Ioannes Dantiscus’ Latin Letters, a. 1515–1548. (Hans-Jürgen Bömelburg) (S. 134)

Respublica litteraria in Action: Religion and Politics. (Hans-Jürgen Bömelburg) (S. 134–136)

Andrzej Radzimiński, Kirche und Geistlichkeit im Mittelalter. Polen und der Deutsche Orden in Preussen. (Remigius Stachowiak) (S. 136–139)

Hirschfeld, Michael, Die Bischofswahlen im Deutschen Reich 1887 bis 1914 (Johann Kirchinger) (S. 139–142)

Bertram Faensen, Antikensammlungen in Ostpreußen. (Hans-Jürgen Karp) (S. 142–144)

Chronik

Frömmigkeitsbewegungen im Preußenland. Volksfrömmgkeit – Marienverehrung – religiöse Devianz.Ein Workshop in Berlin . (S. 145–148)

Auswahlbibliographie 2009/2010–2012 (S. 149–171)

TABLE OF CONTENTS

Editorial

Articles

Arkadiusz Wagner, The Gothic bookcase from the Library of the Parish of Rößel. (p. 3–17)

Jacek Wijaczka, The Jewish Population in the Ducal (Brandenburgian) Dukedom of Prussia in the Early Modern Period. (p. 18–42)

Andrzej Kopiczko, Polish and German Traditions in the Church Life of Warmia before 1945. (p. 43–61)

Hanna Teschner, The Development of the Relationship of the Warmia Family (Ermlandfamilie) to Poland and Warmia (1965–2005). (p. 62–96)

Sources

Vatican Documents Concerning the Situation oft the Diocese Ermland in 1930. Ed. by Hans-Jürgen Karp (p. 97–118)

Obituary

Lieselotte Kunigk-Helbing (1924–2013) (p. 119–120)

Review Article

Alfons Brüning, The Protestants in Poland-Lithuania in the Times oft the Saxon Kings. (p. 122–130)

REVIEWS (p. 131–144) see above

Chronicle (S. 145–148)

Survey of bibliography 2009/2010–2012 (p.149–171)

Kontakt:
Hans-Jürgen Karp
Brandenburger Straße 5
D–35041 Marburg
karp@staff.uni-marburg.de

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