National Geographic (Hrsg.): Der große 3D-Globus 5.0

Cover
Titel
Der große 3D-Globus 5.0 Premium.


Herausgeber
National Geographic
Erschienen
Anzahl Seiten
3 DVD-ROM
Preis
€ 39,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Thomas E. Fischer, Berufsfachschule Screen-Design, Hamburg

Was erwartet man von einem guten Atlas? Umfangreiches und korrektes Kartenmaterial vor allem zur Physik und Politik, eine hohe Zahl aufgenommener Ortschaften, einen länderkundlichen und einen propädeutischen Apparat zur inhaltlichen Vertiefung des visuellen Eindrucks und gute Benutzbarkeit. Wenn die Tagesnachrichten bisweilen aus abgelegenen Lokalitäten berichten, möchte man gerne nachschlagen, wo diese wohl zu finden sind. In diesem Sinne ist der neue „3D-Globus“ von National Geographic ein wirklich guter Atlas.

Seit der ersten Version 2004 sind Inhalt und Software kontinuierlich verbessert und erweitert worden. Für einen durchaus akzeptablen Preis von unter 40 Euro erhält man 18 GB an Daten, die man sich komplett auf die Festplatte installieren lassen kann, so dass eine Benutzung auch ohne DVD-Wechsel möglich ist.

Der Kern des Softwarepakets ist der Globus, eine klassische Landkarte, die auf eine frei bewegliche und stufenlos zoombare Kugel projiziert ist. Diese Karte enthält über 750.000 Orte und Ortsteile, wobei deren Schreibung etwas uneinheitlich ist. Manchmal tauchen Städte im Register sowohl unter ihrem eigentlichen (d.h. ins deutsche Alphabet transkribierten) als auch unter ihrem im Deutschen eingebürgerten Namen auf, manchmal aber nur unter der einen oder der anderen Variante, z.B. Chernobyl (statt Tschernobyl), Pyongyang (statt Pjöngjang), Tokyo (statt Tokio) oder Ulaanbaatar (statt Ulan-Bator). Die Suchfunktion orientiert sich nur nach den Anfangsbuchstaben, so werden beispielsweise Breslau, Danzig und Ossetien nicht gefunden, obwohl diese Namen in der Karte bekannt sind. Immerhin enthält das Programm eine Synchronisierungsfunktion mit Google Maps, so dass sich dessen sehr viel mächtigere und umfangreichere Datenbank auch innerhalb dieses Programms nutzen lässt.

Bei Bedarf lässt sich der Globus auch auf eine politische Ansicht umschalten, die zwar weltweit erstaunlich viele Verwaltungsbezirke aufführt, aber ansonsten wenig Erkenntnisgewinn bietet, weil umstrittene Grenzen und Krisen-Regionen nur ab und zu als solche ausgewiesen sind. Ergänzt werden die beiden Hauptkarten durch eine physische, eine biologisch-klimatische und eine meerische Ansicht, die über einen kleineren Maßstab verfügen, aber dafür zusätzliche Informationen etwa über aktive Vulkane, Erdbeben, Meteoritenkrater, urbane Verstädterungsregionen oder die Tiefseetopografie bieten. Faszinierend sind auch die beiden Satelliten-Ansichten der Erde am Tag (die Objekte ab einer Größe von rund 100 Metern zeigt) und in der Nacht (Auflösung rund 2 km je Bildschirmpixel) sowie ein virtueller Mond-Globus. Was jedoch gerade heutzutage unbedingt fehlt, sind wirtschaftliche Karten zu Bodenschätzen, Handelswegen und – was gerade bei der National Geographic Society zu erwarten wäre – zur Naturzerstörung. (In Google Earth etwa kann man sich beispielsweise auch Wetter-, Verkehrs-, Sport- und Naturschutz-Informationen auf dem Atlas anzeigen lassen.)

Zusätzlich zur intuitiven Globus-Navigation bietet die Software einige nützliche Hilfsmittel: Man kann unwichtigere Elemente wie zum Beispiel Straßen oder Grenzen ausblenden, eigene Ortschaften mit einer Art Lesezeichen markieren, eigene Karten-Ansichten speichern und die Längen- und Breitengrade zur Navigation nutzen. Es gibt ein Werkzeug zur Entfernungsmessung, eine Funktion zum Nachschlagen zuätzlicher Ortsinformationen in der deutschsprachigen Wikipedia und ein Modul zum Bildexport des aktuellen Kartenausschnitts. Und nicht zu vergessen sind auch die eher spielerischen Flugsimulationen.

Das Zusatzmaterial zum interaktiven Globus besteht zum einem aus dem umfangreichen Länderlexikon des Fischer-Taschenbuchverlages, verknüpft mit einer Sammlung statistischer Diagramme zu 54 demografischen und ökonomischen Basiswerten, die die rund 200 Staaten der Welt jeweils in Ranglisten präsentiert, und bereichert um zahlreiche (wenngleich auch etwas willkürlich ausgewählte) Fotografien. Zum anderen liefert der „Almanach der Geographie“ eine solide, kurz gefasste Einführung in die wichtigsten Themengebiete des Faches von der Geschichte der Entdeckungen und den Problemen der Kartenerstellung über Plattentektonik und Kontinentalverschiebungen, Bodenformen, Bioregionen und Klima bis hin zum weiten Bereich der Humangeografie. Hier werden vor allem die aktuellen planetaren Themen angesprochen: die allgemeine Bevölkerungszunahme, aber auch das Phänomen des demografischen Übergangs, d.h. des allmählichen Rückgangs der Geburtenrate im Zuge der Industrialisierung, die Probleme der Migration, Urbanisierung und Globalisierung, der Umweltzerstörung und des Umgangs mit den natürlichen Ressourcen. Angerissen werden auch weltpolitische und kulturelle Fragen. Die Ausführlichkeit der einzelnen Kapitel schwankt sehr, manchmal erhält man zusätzliches statistisches und Bildmaterial, bisweilen auch einen Link ins Internet. Eine Schlagwortsuche oder ein Register wären wünschenswert.

Fazit: Insgesamt hinterlässt die Software einen guten Eindruck, die Informationen sind durchweg an den Wissensbedürfnissen des interessierten Zeitgenossen orientiert. Dennoch ist es fraglich, ob mittelfristig eine solche Offline-Anwendung gegen die kostenlosen, flexibleren und aktuelleren Angebote von Google und Wikipedia bestehen kann. Eine größere Individualisierbarkeit des Kartenmaterials, bessere Suchmöglichkeiten sowie Reportageelemente könnten einen solchen Mehrwert erzeugen.

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