Die Reformation (1517–2017): Welches Erbe für das heutige Europa?

Die Reformation (1517–2017): Welches Erbe für das heutige Europa?

Veranstalter
DHIP; Universität Paris-Sorbonne; in Zusammenarbeit mit der Universität Straßburg und der Forschungslabor GSRL (Groupe sociétés, religions, laïcité)
Veranstaltungsort
DHIP, 8 rue du Parc-Royal, 75003 Paris
Ort
Paris
Land
France
Vom - Bis
30.11.2017 - 02.12.2017
Deadline
31.03.2017
Von
Dunja Houelleu

Das bevorstehende Jubiläum der vor 500 Jahren in Mitteldeutschland von Martin Luther (1483–1546) initiierten Reformation lädt dazu ein, eine grundsätzliche, fazitartige und gleichzeitig offene Reflexion durchzuführen und die vielfältigen wie auch dauerhaften Implikation dieses unerhörten historischen Ereignisses für ganz Europa (und sogar für die ganze Welt) kritisch zu hinterfragen.

Diese Reflexion betrifft vordergründig die Länder der drei Sprach- und Kulturräume, die in der Forschungsgruppe REIGENN (Représentations et identités. Espaces germanique, nordique et néerlandophone) der Universität Paris-Sorbonne vertreten sind. Das dort entwickelte Projekt möchte keineswegs mit den von Spezialisten der Reformationsgeschichte bzw. der entsprechenden religiös-politischen Forschungsfelder durchgeführten Arbeiten in Konkurrenz treten. Vielmehr setzt es sich zum Ziel, einen äußeren kritischen und entschieden transversalen Blick auf die „Repräsentationen“ und divergierenden Perzeptionen der Reformation im 21. Jahrhundert zu richten, im Sinne einer die verschiedenen identitären Staatsbildungsprozesse und nationalen kulturellen Muster untersuchenden »histoire croisée« (Michael Werner, Bénédicte Zimmermann).

Bei der internationalen Fachtagung soll es darum gehen, die tieferen Gründe, Motivationen und langfristigen Konsequenzen der Reformation für die betroffenen Länder und ihre Grenzräume (Böhmen, Schlesien, Elsass, Baltikum) sowie für fernere Länder (Island, Grönland) und selbstverständlich für Frankreich (mit der heiklen Frage der Säkularisierung bzw. »laïcité«) diachronisch zu beleuchten. Dazu gehören die jeweiligen, national-identitären historiographischen Konstruktionen, die im Laufe der Zeit entstanden sind.

Eine weitere Fragestellung betrifft den sozial bedingten Rückgriff auf die eigene Vergangenheit, wodurch die Repräsentation (als diskursive bzw. mentale Vorstellung) an sich zum Forschungsgegenstand wird. Während die ehemalige DDR in der Figur des Reformators Thomas Müntzer die »frühbürgerliche Reformation« zu verherrlichen versuchte, ist die heutige Begehung (oft mythisierter) großer Figuren der Reformation in Deutschland sowie die Valorisierung protestantischer »Erinnerungsorte« (das Lutherhaus in Wittenberg, die Wartburg) Teil eines Konstrukts, das symbolische Genealogien und Identitäten etablieren und somit dauerhaft legitimieren möchte.

Durch einen breit angelegten, wissenschaftlichen Austausch mit transdisziplinärem Ansatz soll die Fachtagung die tiefgründige Bedeutung des Begriffs »Erbe«, insbesondere des »kulturellen Erbes« beleuchten, um den künstlichen Antagonismus zwischen Verdrängung, Vergessen und Erinnerung zu überwinden und somit den gegenüber den Entwicklungen des 21. Jahrhunderts oft hilflosen jüngeren Generationen neue Perspektiven zu öffnen.

Bei dieser internationalen und interdisziplinären Fachtagung sollen sich sowohl erfahrene Forscher als auch Nachwuchswissenschaftler austauschen können. Vorschläge zu folgenden Einzelaspekten (Auswahl) sind möglich:
- Das politische, religiöse, soziale und kulturelle Erbe der Reformation in Europa (Konfessionalisierung bzw. Säkularisierung und Laizitätsformen, Verhältnis Kirchen/ Staat, usw.)
- Ethik und Individualrechte
- Die Reformation und die Gender-Frage
- Die Reformation und religiöse Minderheiten
- Protestantische Reformation und Kolonisierung; Protestantismus und Post-Kolonialismus.
- Die Auswirkungen der Reformation auf die Künste (Protestantismus/ Katholizismus in der Literatur, in der Musik, der Stellenwert des Bildes, usw.)
- Sprachgeschichtliche Aspekte der Reformation: Luther, das Latein, die deutsche Sprache. Sprachmythos Luther? Das sprachliche Erbe und eine mögliche Konfessionalisierung der deutschen Sprache. Rolle der Übersetzungen in andere Volkssprachen in Europa.
- Zwischen Geschichte, Mythos und Erinnerungskultur: Repräsentationen und ideelle Bilder der Reformation und ihres »Freiheitshelden« Luther in den verschiedenen Ländern Europas (Luther in Film und Bild, literarische Inszenierungen und Parodien, ideologische Vereinnahmung). Die Memorialisierung der Reformation: deutsche Erinnerungsorte, Jubiläumsjahre, etc.
- Museen, Bibliotheken und Archive als Träger des kulturellen Gedächtnisses im 21. Jahrhundert?

Papervorschläge (mit Titel und Abstract, maximal 10 Zeilen) per Mail bis zum 31. März 2017 senden, an:
Reforme2017@gmail.com

Eine Antwort erfolgt im Mai 2017.

Das Organisationsteam :
Prof. Dr. Marie-Thérèse Mourey (Universität Paris-Sorbonne)
Dr. Frédérique Harry (Universität Paris-Sorbonne)
Dr. Chrystal Vanel (GSRL-Groupe sociétés, religions laïcité)
Dr. habil. Delphine Pasques (Universität Paris-Sorbonne)
Prof. Dr. Rainer Babel (DHI Paris)
Dr. habil. Thomas Mohnike (Universität Straßburg)

Wissenschaftliches Komitee
Prof. Dr. Philippe Büttgen (Universität Paris 1-Panthéon Sorbonne)
Prof. Dr. Patrick Cabanel (EPHE/École pratique des hautes études-GSRL Groupe sociétés, religions, laïcité)
Prof. Dr. Denis Crouzet (Universität Paris-Sorbonne)
Dr. Frédérique Harry (Universität Paris-Sorbonne)
Prof. Dr. Pierre-Olivier Léchot (Protestantisches Institut für Theologie, Paris)
Prof. Dr. Thomas Maissen (Deutsches Historisches Institut Paris)
Dr. habil. Thomas Mohnike (Universität Straßburg)
Prof. Dr. Marie-Thérèse Mourey (Universität Paris-Sorbonne)
Dr. habil. Delphine Pasques (Universität Paris-Sorbonne)
Dr. Sylvie Toscer-Angot (Universität Paris-Est Créteil- GSRL/Groupe Sociétés Religions Laïcité))
Dr. Chrystal Vanel (GSRL/ Groupe Sociétés Religions Laïcité)
Prof. Dr. Jean-Paul Willaime (EPHE/École pratique des hautes études-GSRL Groupe sociétés, religions, laïcité)
Prof. Dr. Valentine Zuber (EPHE/École pratique des hautes études-GSRL Groupe sociétés, religions, laïcité)

Programm

Kontakt

Dunja Houelleu

DHIP, 8 rue du Parc-Royal, 75003 Paris

dhouelleu@dhi-paris.fr

http://www.dhi-paris.fr/index.php?id=3221&tx_szseminars_pi1%5Bseminartime%5D=2728&tx_szseminars_pi1%5Baction%5D=detail&tx_szseminars_pi1%5Bcontroller%5D=SeminarTime