Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung 27 (2018), 2

Titel der Ausgabe 
Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung 27 (2018), 2
Weiterer Titel 
Rebellenherrschaft

Erschienen
Erscheint 
zweimonatlich
ISBN
978-3-86854-746-7
Anzahl Seiten
112 S.
Preis
9,50

 

Kontakt

Institution
Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung
Land
Deutschland
c/o
Redaktion Zeitschrift »Mittelweg 36« des Hamburger Instituts für Sozialforschung Mittelweg 36 20148 Hamburg Tel.: 040/414 097 84 Fax.: 040/414 097 11 E-Mail: <zeitschrift@mittelweg36.de>
Von
Anja Irmschläger

Von Somalia bis Syrien, von Mexiko bis Libyen oder von der Ukraine bis El Salvador – es mangelt nicht an Beispielen, die belegen, dass es mit der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols in bestimmten Weltregionen nicht weit her ist, von seiner Legitimität ganz zu schweigen. Doch während das Phänomen des Kontrollverlustes staatlicher Autoritäten unter Stichworten wie dem des „Staatszerfalls“ inzwischen zu einem etablierten Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen geworden ist, steckt die Forschung zur sozialen Wirklichkeit in den vom Staat aufgegebenen oder seinem Zugriff entzogenen Gebieten noch in den Anfängen. Dabei wird jedoch schon jetzt sichtbar, dass in den betreffenden Räumen eingeschränkter Staatlichkeit nicht das nackte Chaos regiert, sondern neue Formen von sozialer Ordnung entstehen, die zwar auf Gewalt beruhen, aber deshalb doch nicht vollkommen regellos und illegitim sind.

Wie sich „Gewalt, Kontrolle, Legitimität“ in Räumen eingeschränkter Staatlichkeit miteinander verbinden und was es bedeutet, wenn militante Gruppierungen ordnungsstiftende Funktionen aus dem Aufgabenspektrum von Politik und Verwaltung übernehmen, erläutert Stefan Malthaner in seinem Einleitungsaufsatz. Anschließend beleuchtet Niall Ó Dochartaigh in „Wir brauchen dein Auto, bitte“ das komplexe, von Zwang, Loyalität und Unterstützung geprägte Beziehungsgeflecht, welches die IRA in ihren Hochburgen zur katholischen Bevölkerung unterhielt, und erklärt, warum deren Aktivisten Autos zwar mit vorgehaltener, aber ungeladener Waffe rekrutierten. Welche Auswirkungen „Der Alltag des Krieges“ und die Willkürherrschaft bewaffneter Banden auf das Leben der zwischen den Fronten gefangenen Zivilbevölkerung haben, beschreibt Jutta Bakonyi, die mit Bürgerkriegsflüchtlingen aus Somalia über deren Erfahrungen gesprochen hat. Dass auch religiöse Fundamentalisten sich als nüchterne Pragmatiker erweisen können, wenn die Umstände es erfordern, zeigt Teije Hidde Donker, der bei seinen Nachforschungen zu den zwischenzeitlich von Aufständischen kontrollierten Gebieten Syriens festgestellt hat: „Verwaltung sticht Religion“. Der nur auf den ersten Blick paradoxe Zusammenhang von „Fürsorge und Terror“ ist Gegenstand des Beitrags von Janina Pawelz, die Formen der Gangherrschaft in den Armenvierteln von Trinidad und Tobago untersucht und dabei festgestellt hat, was passiert, wenn Kriminelle zu sozialen Dienstleistern avancieren und Vorbildfunktionen übernehmen.

In der „Protest-Chronik“ erzählt Wolfgang Kraushaar diesmal die Geschichte der Massenproteste, mit denen die japanische Opposition im Frühsommer 1960 vergeblich die Ratifizierung des japanisch-amerikanischen Sicherheitsabkommens zu verhindern suchte.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Stefan Malthaner
Gewalt, Kontrolle, Legitimität (S. 3)

Niall Ó Dochartaigh
»Wir brauchen dein Auto, bitte«. Zwang und Zustimmung in den Hochburgen der IRA (S. 17)

Jutta Bakonyi
Der Alltag des Krieges. Herrschaftserfahrungen in Somalia (S. 32)

Teije Hidde Donker
Verwaltung sticht Religion. Dschihadistische Gewaltregime in Syrien (S. 58)

Janina Pawelz
Fürsorge und Terror. Über Gangherrschaft in Trinidad und Tobago (S. 86)

Wolfgang Kraushaar
Aus der Protest-Chronik: 19. Mai bis 23. Juni 1960, Tokio (S. 106)

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