Cover
Titel
The Siege of Acre, 1189-1191. Saladin, Richard the Lionheart, and the Battle That Decided the Third Crusade


Autor(en)
Hosler, John D.
Erschienen
Anzahl Seiten
XV, 253 S.
Preis
$ 30.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Martin Clauss, Institut für Europäische Geschichte Europa im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, Technische Universität Chemnitz

John Hoslers Buch hält genau das, was der Titel und vor allem der Untertitel versprechen. Es geht um traditionelle Kriegsgeschichte, die Feldherren als Entscheider präsentieren und militärische Ereignisse an ihren Folgewirkungen bemessen will. Militärische Abläufe werden rekonstruiert und nach den Maßgaben von Erfolg und Misserfolg bewertet, woraus der Autor dann Urteile über die beteiligten Feldherren und ihr militärisches Können ableitet.

Hosler macht sein Anliegen in der kurzen Einleitung (S. 1–6) deutlich: „This book […] seeks primarily to explore the physical states of the armies and to reference religious elements when those altered or conditioned them“ und „Therefore, I have privileged the military events over the political […]“ (S. 5). Das Buch fokussiert ausschließlich militärische Belange rund um Strategie, Taktik und Logistik; Fragen zur Religiosität, zur Politik oder dem Kriegsalltag werden stets an einen militärischen Bezugsrahmen rückgebunden und etwa langes Ausharren bei körperlichen Entbehrungen mit der Kampfmoral und -effizienz in Verbindung gebracht.

Die einleitenden methodischen Bemerkungen zur Quellenlage und zum eigenen Vorgehen sind äußerst knapp und beschränken sich auf Schlagworte wie „comparative analysis“ oder „healthy skepticism“ (S. 4), wenn es um den Wert von Augenzeugenberichten geht. Letztlich kombiniert Hosler die Aussagen verschiedener historiographischer Erzählungen, um so zu einem möglichst detailreichen Bild der kriegerischen Auseinandersetzungen zu gelangen. So entsteht ein sehr kohärent wirkendes Bild der kriegerischen Abläufe, das weniger Spielraum für Zweifel oder Unklarheiten lässt, als es auf Grund der Beschaffenheit der historiographischen Quellen angebracht wäre.

Die Grundausrichtung wird sehr konsequent umgesetzt und in einer chronologischen Grundstruktur jahresweise abgearbeitet: Zunächst wird im Kapitel „Target Acre“ stark komprimiert die Vorgeschichte der Belagerung von der Eroberung durch Saladin 1187 bis zum Eintreffen der ersten christlichen Belagerungstruppen unter Guy de Lusignan im August 1189 geboten (S. 7–14). Dann folgen vier Kapitel, die sich mit einzelnen Abschnitten der Belagerung befassen: „The siege begins, 1189“ (S. 15–46); „Spring and summer, 1190“ (S. 47–75); „Autumn and winter, 1190“ (S. 76–101) und „The siege concludes, 1191“ (S. 102–132).

Die militärische Grundkonstellation blieb über die Monate relativ konstant. Nachdem die Kreuzfahrer es geschafft hatten, die auf einer Halbinsel liegende Stadt von der Land- und der Seeseite mehr oder weniger vollständig abzuschneiden, mussten sie sich der Angriffe eines muslimischen Entsatzheeres unter Sultan Saladin und der Garnison erwehren. Gleichzeitig hatten die Stadt und das Belagerungsheer mit Nachschubschwierigkeiten zu kämpfen, da beide Gruppierungen nur über See versorgt werden konnten, was durch das Wetter und die Blockaden der jeweils anderen Seite erschwert wurde. Hosler schildert die Belagerung vornehmlich aus christlich-westlicher Perspektive – erfolgreiche Aktionen der Kreuzfahrer nennt er beispielsweise „brilliant“ (S. 96) – und als ein beständiges Auf und Ab von Angriffen, Gegenangriffen und Verteidigungsmaßnahmen. Strategisch entscheidend war für ihn dabei – in Anlehnung an ältere Forschungen – die Lager-Befestigung aus Wall und Graben, mit welcher die Kreuzfahrer sich schützen und die Stadt abriegeln konnten.

Die Schilderungen von Truppenbewegungen im Gelände sind dabei nicht immer gut verständlich, auch weil man überraschenderweise auf eine detaillierte Karte zur Topographie der Belagerung verzichtet hat. Eine Schlachtkarte mit den obligatorischen Symbolen für die verschiedenen Truppenteile und Waffengattungen findet sich nur zu einer Schlacht am 4. Oktober 1189 (S. 30). Auch wenn diese graphischen Darstellungen methodisch hoch problematisch sind, so erweisen sie sich doch als hilfreich, wenn man den detaillierten Schilderungen folgen will. Diese zeichnet sich durch eine sehr klare, freilich modern geprägte militärische Terminologie aus, die von soldier und cavalry ebenso spricht wie von „constant artillery strikes“ (S. 121) oder „fighting retreat“ (S. 93). Dies fügt sich gut in Diktion und Absicht des Buches ein, verweist aber erneut auf den kriegshistorischen Fokus der Darstellung, die zumindest implizit immer wieder von überzeitlichen militärischen Logiken ausgeht.

Auf Seite 113 tritt dann mit Richard Löwenherz der Held des Buches in Erscheinung und Aktion, der am 8. Juli 1191 – einige Wochen nach Philipp Augustus von Frankreich – vor Akkon eintraf. Die titelgebenden Aspekte des Buches drehen sich um die Bewertung Richards als Feldherr. Obwohl selbst lange krank und untätig, so hatten seine Truppen und sein Material doch großen Einfluss und beschleunigten den Gang der Ereignisse im Sinne der Belagerer. Dem Ende der Belagerung ist das sechste Kapitel: „Aftermath and repercussions“ (S. 133–161) gewidmet. Die Garnison kapitulierte angesichts einer immer auswegloseren Lage schließlich, ohne die Einwilligung Saladins einzuholen, und legte diesen auf Geldzahlungen, Gefangenaustausch und die Rückgabe des Heiligen Kreuzes fest. Nach der Inbesitznahme der Stadt durch die Kreuzfahrer wurden die Bedingungen dieses Vertrages nicht umgesetzt. Saladin leistete nicht alle Zahlungen, woraufhin Richard Löwenherz die muslimische Garnison der Stadt hinrichten ließ. Diesem Komplex widmet der Autor zwei Unterkapitel („Saladin dithers“ und „A war crime?“), die zu dem Schluss kommen, dass Richards Vorgehen moralisch und rechtlich gerechtfertigt war. Hosler Perspektivität und Vorgehen zeigt sich hier etwa daran, dass er zunächst aus dem Ridley Scott Film Robin Hood von 2010 verweist, in dem der von Russel Crowe dargestellte Robin Longstride das Hinschlachten muslimischer Frauen und Kindern kritisiert, nur um später hervorzuheben, dass Richard nur Kombattanten hinrichten ließ und sich damit im Rahmen des Kriegsrechts bewegt habe. Mit Hilfe eines „moral-equivalence argument“ (S. 155) kommt der Autor zu folgendem Schluss: „There is no need to either convict or absolve Richard of any war crime because both leaders were culpable in the events outside Acre in August 1191: Richard executed the Muslim soldiers only after Saladin had left them there to die“ (S. 157).

Im abschließendem Kapitel „Conclusion“ (S. 162–174) geht es um die Wertung der Feldherrnkunst der beteiligten Akteure. Diese erfolgt getreu der Konzeption des Buches entlang ihrer militärischen Erfolge. Saladin wird hierbei – wenig überraschend – kein gutes Zeugnis ausgestellt; vielmehr weist Hosler ihm eine Reihe von Fehlentscheidungen und vor allem zögerliches Agieren in diversen Situationen nach. Auf der christlichen Seite wird der Sieg nicht Richard allein, sondern verschiedenen Entscheidern zugeschrieben, wobei der Schlüssel zum Erfolg sich vergleichsweise einfach ausmacht: Die Kreuzfahrer haben ihre Kräfte zwischen der Belagerung der Stadt und der Abwehr des Entsatzheeres aufgeteilt (S. 173).

Am Schluss des Buches finden sich diverse Anhänge, deren Funktion sich nicht immer erschließt. Auf die Beschreibungen der Stadt folgen eine Liste der militärischen Auseinandersetzungen im Rahmen der Belagerung (z.B. acht Schlachten, zwei „fighting marches“ und 16 Ausfälle) und eine Liste aller namentlich bekannten Teilnehmer an der Belagerung. Hier sind 75 Muslime und 452 Christen aufgelistet, ohne dass eine Fragestellung oder Interpretation erkennbar wäre. Endnoten, Bibliographie und Register beschließen den Band.

Dieses Buch kann zweifellos für sich in Anspruch nehmen, die erste Monographie zur Belagerung von Akkon zu sein und damit eine der bestdokumentierten Belagerungen des Mittelalters detailliert zu beschreiben. Die kriegshistorische Deskription erfüllt die im Titel geweckten Erwartungen vollauf und zeigt gleichzeitig überdeutlich die methodischen und thematischen Grenzen dieser Art von Kriegsgeschichte traditionellen Zuschnitts auf.