Cover
Titel
Augustus.


Autor(en)
Bringmann, Klaus
Erschienen
Darmstadt 2007: Primus Verlag
Anzahl Seiten
301 S.
Preis
€ 29,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Andreas Klingenberg, Institut für Geschichte und Kunstgeschichte, Technische Universität Berlin

In einer Reihe wie der von Manfred Clauss herausgegebenen „Gestalten der Antike“ der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft darf ein Band zu Augustus nicht fehlen, auch wenn grundsätzlich an derartigen Biographien kein Mangel besteht.1 Diese Aufgabe hat der Frankfurter Emeritus Klaus Bringmann übernommen, der sich bereits durch sein in Zusammenarbeit mit Thomas Schäfer geschriebenes Studienbuch auf diesem Gebiet hervorgetan hat.2 Gleich zu Beginn stellt Bringmann die zwei Gesichter des Augustus heraus, den er treffend als „wirkungsmächtigste und widersprüchlichste Gestalt der römischen Antike“ charakterisiert (S. 13): Dem „Hochverräter“ und „Totengräber“ der Republik stand der „Begründer eines Weltfriedens“ und „Vater des Vaterlandes“ gegenüber (S. 13). Dieser Zwiespalt prägte die Bewertung von Augustus seit der Antike, er spiegelt sich bereits eindrücklich im ‚Totengericht‘ des Tacitus wider.3 Das variierende Urteil der Historiker hängt davon ab, welche Gesichtspunkte jeweils im Vordergrund stehen. Bringmann – soviel sei vorweggenommen – vertritt eine positive Einschätzung des Augustus.

Nach einer kurzen Einleitung setzt er mit einer Skizze der familiären und zeithistorischen Hintergründe ein (S. 17-24) und beleuchtet die Jugendjahre des C. Octavius (S. 24-34). Entscheidend war dabei die Förderung des jungen Mannes durch seinen Großonkel Caesar, die seinen späteren Aufstieg erst möglich gemacht hat. Diesem gilt der zweite Abschnitt, der mit dem Tod des Dictators einsetzt (S. 35-103). In diesem weitgehend ereignisgeschichtlich geprägten Teil zeigt Bringmann unter der vielleicht etwas plakativen Überschrift „Der Hochverräter“ (S. 35-48) zunächst, wie es den jungen Caesar danach drängte, seine anfangs ohne rechtliche Basis usurpierte Machtstellung zu legitimieren; dieses Ziel erreichte er dank Cicero schließlich auch (S. 49-59). Dass ihn der eingeschlagene Weg zur Alleinherrschaft führen werde, entsprach nach Bringmann nicht der „Umsetzung eines [...] Meisterplans“ (S. 14, vgl. S. 107), der damit nicht einem von Anfang an gepflegten Sendungsbewusstsein das Wort redet.4 Die Ablehnung eines ‚Meisterplans‘ kehrt in unterschiedlichen Kontexten mehrfach wieder, der Begriff darf so als ein Schlüsselkonzept in Bringmanns Verständnis der Herrschaftspraxis des Augustus gelten; besondere Bedeutung gewinnt er im Zusammenhang mit der „Errichtung der Monarchie“ (S. 105-173). Ferner nutzt ihn Bringmann im Kontext der Außenpolitik (S. 273, Anm. 1), bei der er eine Position zwischen reiner Defensive und unbeschränkter Welteroberung vertritt und dabei vornehmlich ein Reagieren auf sich ergebende Herausforderungen annimmt.

In der zweiten Hälfte seines Buches behandelt Bringmann den Principat und seine Ausgestaltung. Den Kern der Darstellung bilden hier vor allem die Aufgaben, denen sich Augustus stellte. Zunächst war da die Wiederherstellung staatlicher Ordnung bei gleichzeitiger Sicherung der Machtposition des Augustus. Die gefundene Lösung, insbesondere in Form des jährlich iterierten Consulats, „löste also das Problem […] nur auf Zeit“ (S. 125), so Bringmann richtig. Nicht nur die dauerhafte Bekleidung des obersten Amtes, sondern auch die Herausstellung seines Neffen und Schwiegersohns Marcellus erregten Unmut. In der Reaktion auf derartige Krisen kam es dann zu notwendigen Umstrukturierungen, bei deren Diskussion Bringmann insbesondere das freilich nicht ganz unumstrittene5imperium proconsulare maius (S. 142) sowie die tribunicia potestas (S. 143f.) hervorhebt. Dabei betont er, „die reale Macht“ des Augustus war im Kern „das nur notdürftig verhüllte lebenslängliche Kommando in den großen Militärprovinzen des Reiches“ (S. 126).

Der Verfasser belässt es aber glücklicherweise nicht bei einer Darstellung der staatsrechtlichen Grundlagen der Macht des Augustus, sondern geht auch auf deren informellen Aspekte ein. Zu Recht weist er dabei auf die soziale Komponente seiner Machtstellung hin, vor allem auf die Zustimmung seitens der Bevölkerung. Um diese zu erringen, bediente sich Augustus einer „Symbolischen Politik“, so die Überschrift eines Kapitels (S. 153-173), kurz gefasst der „Propagierung eines Geschichtsbildes, in dem Augustus als der Vollender der römischen Geschichte erscheint“ (S. 155). Andererseits gab es auch handfestere Probleme wie die Hungerkrise 23 v.Chr. Insgesamt wandte der Herrscher Unmengen von Geld auf, großenteils aus seinem ernormen und stetig wachsenden Privatvermögen, wie Bringmann immer wieder betont, das damit einen letztlich kaum zu unterschätzenden Machtfaktor darstellte. Im Bestreben, sowohl den Senat zu respektieren als auch seinen Herrschaftsanspruch zu wahren, „hat er das gewiss nicht leichte Spiel meisterhaft beherrscht“ (S. 148f.). Dazu gesellte sich eine kultische Verehrung, die Bringmann zutreffend in ihrem Ausmaß als reichsweit charakterisiert und neben Amtsgewalt und Militär als eine weitere Säule der Machtstellung einstuft (S. 208-212).

Die Reformen, denen Augustus den römischen Staat unterzog, sind ein weiterer von Bringmann ins Auge gefasster Aspekt. Seine Maßnahmen zur moralischen Erneuerung der Gesellschaft waren indes ein Fehlschlag. Die Oberschicht, auf die sie gemünzt waren, stand ihnen ablehnend gegenüber. Erfolgreicher waren die Neuordnungen in den Bereichen der Rechtsprechung, vor allem aber der Verwaltung der Provinzen, was deren Bewohner dankbar aufnahmen. Schwierig sollte es sich aber für Augustus erweisen, einen Nachfolger zu bestimmen (S. 213-239), nachdem es 23 v.Chr. mit Marcellus, der bald darauf verstarb, noch zu Spannungen gekommen war (S. 139-141).

Am Ende zieht Bringmann „Dreierlei Bilanz“ (S. 241-244), deren Tenor eine grundsätzlich positive Wertung der Herrschaft des Augustus ist: Herausgehoben werden vor allem die Leistungen des Augustus, so insbesondere die Sicherung von „Frieden und Wohlstand“ für Rom und die Provinzen sowie die Wiederherstellung von „Recht und Gesetz“ (S. 241); dagegen abgewogen werden die Schattenseiten seines Regimes, so der gewaltsame Aufstieg oder seine Fehlschläge etwa in der Moralpolitik. Bringmann stellt sich dabei dezidiert gegen die deutlich kritischere Sicht von Jochen Bleicken 6 und erkennt in den Leistungen unter Bezugnahme auf Friedrich Vittinghoff 7 die „staatsmännische Größe des Augustus“ (S. 244). Den Abschluss bildet ein Literaturverzeichnis (S. 282-290), das durch die Konzentration auf zentrale Werke etwas an Substanz einbüßt, es dafür dank einer Kommentierung aber der anvisierten Leserschaft vereinfacht, das Wissen an bestimmten Stellen zu vertiefen, da besonders auch den Quellen Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es folgen noch ein Abkürzungsverzeichnis (S. 291f.), ein Personen- und Ortsregister (S. 293-301) sowie ein Nachweis der zahlreichen Abbildungen.8

Auch wenn das Bild des Augustus in dieser Arbeit insgesamt keine grundlegende Änderung erfährt, finden sich im Detail doch viele interessante Beobachtungen. Aus den Quellen schöpfend, die immer wieder in passend gewählten Zitaten selbst zur Sprache kommen, ist Bringmann eine gut geschriebene, lebendige und in sich stimmige Darstellung des Sujets gelungen. Deshalb ist es leicht zu verschmerzen, dass manche Punkte etwas kürzer ausfallen und Forschungsmeinungen erst im Anmerkungsteil (S. 253-281) aufgenommen sind. Es war schließlich nicht Sinn und Zweck dieser Biographie, die in dieser Hinsicht durchschlagende Studie von Dietmar Kienast zu ersetzen.9 Alles in allem sieht der Leser in Bringmanns Darstellung daher das in der Reihe vorgegebene Ziel, „klar und informativ ein allgemein verständliches Bild“ (S. 7) für ein breiteres Publikum zu zeichnen, mit Bravour erfüllt.

Anmerkungen:
1 Allein bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft gibt es bereits derer zwei: Kienast, Dietmar, Augustus. Prinzeps und Monarch, 3. Aufl., Darmstadt 1999; Schlange-Schöningen, Heinrich, Augustus, Darmstadt 2005, vgl.: Christian Wendt, Rez. zu Schlange-Schöningen, Augustus, in: H-Soz-u-Kult, 16.11.2005 (<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2005-4-102>). In Frankreich ist unlängst eine Biographie mit einem ähnlichen Zuschnitt wie dem hier vorzustellenden Buch erschienen: Cosme, Pierre, Auguste, Paris 2005.
2 Bringmann, Klaus; Schäfer, Thomas, Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums, Berlin 2002. Angekündigt für das 2. Quartal 2007 ist bei der WBG auch: Augustus, Schriften und Briefe, hrsg., übersetzt und kommentiert von Klaus Bringmann und Dirk Wiegandt.
3 Tac. ann. 1,9-10.
4 Vgl. dagegen: Kienast (wie Anm. 1), S. 8 u. 213-220.
5 Anders etwa: Bleicken, Jochen, Verfassungs- und Sozialgeschichte des Römischen Kaiserreiches Bd. 1, 4. Aufl., Paderborn 1995, S. 38f. Vgl. aber die kurze Diskussion bei Kienast (wie Anm. 1), S. 105, Anm. 84.
6 Bleicken, Jochen, Augustus. Eine Biographie, Berlin 1998. Bringmann bezieht sich auf den Epilog (S. 669-688).
7 Vittinghoff, Friedrich, Kaiser Augustus, 3. Aufl., Göttingen 1993, S. 101.
8 Ein kleiner Wermutstropfen ist bei den in der Hauptsache abgebildeten Münzen der Verzicht auf eine Benennung nach den einschlägigen Corpora.
9 Wie Anm. 1.

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